Moderne Überwachungstechnik: Was möglich ist, wird gemacht. Gnadenlos und ungestraft.

Die Schufa wollte z.B. Facebook- und Twitterdaten auswerten um Banken dafür Tips für Kreditwürdigkeit zu geben.
Weil sie strunzdumm sind.

Wenn du Informationen von Nutzern erfasst, dann wirst du Folgendes tun: Ihre Zustimmung einholen, klarstellen, dass du (und nicht Facebook) ihre Informationen sammelst, und Datenschutzrichtlinien bereitstellen, in denen du erklärst, welche Informationen du sammelst und wie du diese verwenden wirst.
Da braucht es keine öffentliche Empörung über das Vorhaben an sich. Das verstößt gegen die Nutzungsbestimmungen von Facebook und steht datenschutzrechtlich auf ganz wackeligen Beinen. Die haben das Vorhaben nicht aufgegeben, weil sich die Öffentlichkeit darüber empört hat, sondern weil irgendwer nachträglich das Gehirn angeschaltet und mal einen Juristen befragt hat, ob das überhaupt zulässig ist.
 
Nun ja, Daten die nicht gesammelt werden, können nicht ausgewertet werden. Eigentlich recht einfach das ganze. Aber Daten die gesammelt werden, werden früher oder später auch für andere Zwecke genutzt. Und das ist eben das Problem am ganzen.

Nette Reden und gute Vorsätze funktionieren hier nicht. Man kann hier dem ganzen nur einen Riegel vorschieben, wenn es einfach unmöglich gemacht wird Daten zu missbrauchen. Und das geht in unserer Gesellschaft nur, wenn diese Daten nicht vorliegen.

Und meine Beispiele waren noch harmloser Natur. Natürlich kann man sagen, das Menschen die die Gesellschaft höher belasten auch mehr bezahlen sollen.

Aber mittlerweile kann man ja fast auf jeden Menschen irgendwelche Kriterien anlegen, um es als Nachteil auszulegen. Und gerade bei Arbeitgebern sind die Begehrlichkeiten nicht zu verachten. Und wenn man sieht, wie heute schon versucht wird, Menschen mit Banalitäten auszugrenzen, dann kann man sich vorstellen, wie das in Zukunft aussehen kann.

Wasist mit Menschen, die chronische Krankheiten haben? Sollen diemauch ausgegrenzt werden? Eine Gesellschaft funktioniert eben nur dann, wenn alle an einem Strang ziehen und auch die "Schwächeren" mitgenommen werden.

Eine Gesellschaft, die nur aus perfekten Menschen bestehen, die nie Krank sind, keine Laster haben (und wer hat nicht mindestens eines) sich "Systemkonform" benehmen, etc. gibt es nur in Science Fiction Filmen.

Aber diese ganze Datensammelwut wird doch nur gemacht, um zum Menschen besser "kennen" zu lernen. Auch wenn das heute in der Mehrzahl nur für Werbung missbraucht wird, so sind in Zukunft aber noch ganz andere Dinge machbar.

Heute ist vieles von Gesetz her noch verboten (und wird trotzdem gemacht). Aber wir erleben ja jetzt schon, wie die Gesetze immer mehr aufgeweicht werden.

Und noch dürfen wir uns noch halbwegs einen Rechtsstaat nennen. Was aber, wenn sich dies bald mal ändern sollte...?
 
Weil sie strunzdumm sind.
Das ist ja das Problem. Wenn die Daten erstmal gesammelt und ausgewertet wurden und danach weitergegeben, fragt sich irgendwann niemand mehr ob die Auswertung oder deren Auswerter dumm oder schwachsinnig waren. Das steht dann nur noch eine Eigenschaft einer Person in der Datenbank.

Deshalb schrieb ich ja noch dazu:

Ein Schaden oder Nachteil für einen selbst dürfte dann meist ziemlich zeitversetzt, unerwartet und vor allem in falsch interpretierter oder überspitzter Form auftreten. An Vorteile glaube ich da eher nicht, die hat man allenfalls bei der unmittelbaren Nutzung datensammelnder Applikationen.
 
Warum sollte denn ein Raser, der ein erhöhtes Risiko darstellt, eben nicht mehr bezahlen als jemand, der sich an die Regeln hält?

Einmal Raser, immer Raser?
Ich bin früher anders gefahren als heute, unterm Strich wohl deutlich risikofreudiger. Du vielleicht auch. Das Stigma des "Rasers" in den Datenbanken aber bleibt.

Auch wenn es jetzt etwas pathetisch klingt: Ich halte es für ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Menschen das Recht abzusprechen, sich entwickeln zu dürfen. Aus Fehlern zu lernen, die Dinge anders zu sehen, neue Sichtweisen zu erlangen, die Meinung zu ändern, zu wachsen. Das aber, was Analyse- und Scoring-Programme tun, ist nichts weiter als die Bewertung von Menschen, indem man sie in ein Raster steckt; und das basiert auf temporären und unvollständigen Datensätzen.

"Es ist möglich, fast ohne Erinnerung zu leben, ja glücklich zu leben, wie das Tier zeigt; es ist aber ganz und gar unmöglich, ohne Vergessen überhaupt zu leben." (Nietzsche)

Googles Philosophie ist da deutlich einfacher: "Don't be evil". Und nach mir die Sintflut...
 
Aber diese ganze Datensammelwut wird doch nur gemacht, um zum Menschen besser "kennen" zu lernen.
Stimmt. Aber gesammelt wird so oder so. Automatisches Sammeln ist nur effizienter.

Ich weiß nicht, ob klar geworden ist, worauf ich hinaus will. Mir sind solche Anwendungsfälle, wie du sie genannt hast, ganz und gar nicht egal. Wir müssen m.E. aber in einer anderen Richtung aktiv werden:

Man kann Menschen mit Daten nicht besser kennen lernen. Menschen sind sozial orientierte Herdentiere und brauchen einen persönlichen Kontext, der sich mit Daten nicht abbilden lässt. Jeder Versuch, aus Massendaten eine Information zu generieren, kann (nach derzeitigem Stand der Technik) nur Informationen über die Masse liefern.

Das müssen Anbieter lernen. Und meiner Meinung nach ist es immens wichtig, hier ein Feedback zu liefern. Ein Vorschlag, sei es Werbung oder orts- oder personenbezogene Angebote, Features, etc. ist immer nur so gut wie die persönliche Stimmung, in der sich der Empfänger gerade befindet. Und die ist datentechnisch nicht abbildbar. Nicht mal im Ansatz. Wer hier Zweifel hat, der möge sich mal ein bisschen mit Wirtschaftspsychologie befassen. Es geht einfach nicht. Punkt. Und es wird in absehbarer Zeit auch nicht möglich sein. Und damit meine ich nicht Jahre, sondern eher Jahrzehnte.

Ganz logisch und nüchtern betrachtet ist also eine Datensammlung dann sinnlos, wenn sie auf das Individuum zielt. Es ist schlichtweg Geldverschwendung. Und möglicherweise auch gefährlich, weil es zu falschen Schlüssen verleitet. Das ist die Botschaft, die transportiert werden sollte. Eine sinnlose, teurer Unternehmung ist für Wirtschaftsbetriebe nichts wert.
 
Du vielleicht auch.
Da kannst du mal von ausgehen. :hehehe:

An mein letztes Ticket wegen überhöhter Geschwindigkeit kann ich mich gar nicht mehr erinnern.

Auch wenn es jetzt etwas pathetisch klingt: Ich halte es für ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Menschen das Recht abzusprechen, sich entwickeln zu dürfen.
Ich auch. :)

Das aber, was Analyse- und Scoring-Programme tun, ist nichts weiter als die Bewertung von Menschen, indem man sie in ein Raster steckt; und das basiert auf temporären und unvollständigen Datensätzen.
Zum Teil. Einerseits wendet jeder von uns tagtäglich unzählige Raster an. Das ist genauso menschlich. Wir meiden bestimmte Stadtviertel im Dunkeln. Da könnte man auch von einem Generalverdacht sprechen und argumentieren, dass wir damit Leute in ärmeren Stadtvierteln prinzipiell erstmal für Verbrecher halten. ;)

Raster sind überlebenswichtig. Es ist unmöglich, jede Situation rein kognitiv zu beurteilen. Deshalb entscheiden wir intuitiv. Und das nicht mal besonders gut. Intuition ist nur effizient. Aber nicht treffsicher. Ein falsches Raster anzulegen, ist also Alltag.

Ich sehe aber auch hier kein Problem beim Datensammeln selbst. Will man Entscheidungen treffen, braucht man eine Informationsbasis. Dass Analyse- und Scoring Programme schlechte Zahlen und und keine Anhaltspunkte, die die Realität wiedergeben.. Ja nu. Was hat das mit den gesammelten Daten zu tun. Die Auswertung ist scheiße. Das ist aber doch kein Datensammelproblem. Das ist ein Problem bei der Nutzung der Daten. bei der Auswertung. Und bei denen, die glauben, sie könnten anhand bestimmter Zahlen etwas beurteilen.

Da liegt das Problem.

Autos verursachen Tote. Menschen haben einen Führerschein und fahren trotzdem scheiße. Es gibt täglich Unfälle, die vermieden werden könnten, wenn die Leute das tun würden, was sie mal in der Fahrschule gelernt haben.

Willst du jetzt Autos abschaffen? :noplan:
 
Und wer sagt Dir, dass die Bundesrepublik Deutschland für immer ein Rechtsstaat bleibt ...?:hehehe:

Wie kommst Du auf die aberwitzige Idee, die BRD wäre ein Rechtsstaat? :confused:

Selbst unsere Bundes-Äingschie hat ja vor nicht all zu langer Zeit bemerkt, daß die Deutschen "keinen immerwährenden Rechtsanspruch auf eine demokratische Verfassung haben". Ich denke, das sollte Deine Frage beantworten, oder? ;)



Ich meinte eher den einzelnen Mitarbeiter. Es ist ja nun nicht so als hätten bestimmte Leute gezielt Zugriff. Und selbst wenn.. dann muss ich auch erstmal von Interesse sein.

Whatsapp Nachrichten laufen auch über deren Server. Glaubst du ernsthaft, dass da jemanden mit Systemzugriff interessiert, welche Konsistenz mein Stuhlgang hatte und das mir da irgendwas peinlich sein muss? Wenn ich dir ein 6000 starkes Pamphlet mit den Vodafone SMS der letzten 3 Stunden aus ganz Deutschland in die Hand drücke.. Ich glaube kaum, dass du da länger als 2 Minuten lesen würdest.

Der Trugschluss ist, zu glauben, dass sich irgendjemand da draußen für einen interessiert. Meine Daten sind im persönlichen Kontext wichtig und privat. Zwischen mehreren Terabyte ähnlicher Daten bin ich nur noch eine Kerze auf einem Saturnmond.

Laß mich mal raten: Du schaust nie Spionagethriller oder Anti-Terror-Serien wie "24", oder? Natürlich sitzt da nirgendwo ein System-Administrator, der sich ganz speziell für Deine Informationen interessiert. Aber irgendwann kommt mal der Tag, an dem sich jemand dafür interessiert - bspw., wenn Du in die Staaten einreisen willst. Dann wird spätestens dann, wenn Du in Deinen Flieger eincheckst, irgendwo bei irgendeinem Geheimdienst automatisch irgendein Prozeß gestartet, der sämtliche Daten, die über Dich gespeichert sind (Telefondaten, FB-Daten, Kreditkarten-Daten, Bewegungsprofile, Google-Suchen usw. usw.) miteinander abgleicht und analysiert, ob Du eine Bedrohung für die USA bist oder nicht. Und wenn Dein "Gefahren-Index" hoch genug ist, wird irgend ein Mitarbeiter darüber informiert, der sich dann Deine Akte mal persönlich anschaut und entscheidet, ob Du bei der Einreise direkt erstmal zu einer Befragung gebeten wirst oder gleich nach Guantanamo weitergeleitet wirst. Und weil die Amis nicht nur ein kriegsverherrlichendes, sondern deshalb auch ein ziemlich paranoides Völkchen sind, gehen die IMMER auf Nummer Sicher ;)

Die haben nämlich inzwischen Datenbanken über alle relevanten Datenbanken, die diese automatisch auswerten.

Oder einer Deiner Freunde, Bekannten oder jemand, mit dem "zufällig" irgendwann mal in Kontakt gekommen ist, wird als "Person mit erhöhtem Sicherheitsrisiko" eingestuft - dann werden sofort auch Deine Daten überprüft, wenn Dein Name irgendwo in der Datenbank der besagten Person auftauchen. Und da reicht es schon, wenn Du bspw. bei FB irgendein einen Beitrag, der sich kritisch über den Afghanistan-Krieg äußert, kommentiert, geteilt oder "gelikt" hast - Du könntest ja schließlich anti-amerikansich eingestellt sein!

Das Witzige ist: in den Staaten ist das sogar alles legitim! Die haben nämlich den Patriot Act! Für den haben sie schließlich sogar den 11.September ermöglicht ^^



Manche spionieren es aber auch nur aus reiner Profitgier. Wer's nicht glauben will, der googele mal nach Geschäftsadressen o.ä. und recherchiere ein wenig, was einem da so alles geboten wird und was dabei für Gelder fließen ;)
 
Eigentlich könnte man ja meinen, das geschichtliche Ereignisse dafür geeignet wären, daraus zu lernen. Und wenn man mal nur die Stasi hernimmt (was ja nicht wirklich so lange her ist), dann sollte eigentlich klar sein, was gemacht wird (wenn es möglich ist) und vor allem was darus gemacht wird.

Und die haben ja ebenfalls schon Bewegungsprofile erstellt. Auch wenn das ganze damals in ermangelung der entsprechenden Technik auch noch manuell durchgeführt wurde. Aber auch dort wurden dann Dinge über Menschen "zusammengesponnen", weill wenn die Person das macht, und jenes tut und hier aktiv ist, dann muß ja zwangläufig die Person so sein. Ob das stimmt, interessierte dabei niemand. Das Raster passte und die Person entsprechenden Maßnahmen "unterzogen".

Heute geht das alles viel einfacher, schneller, aber auch perfider. Und auch hier interessiert es niemand, ob bei einigen Personen das wirklich passt. Die Schufa ist doch das beste Beispiel. Da bekommen Personen einen schlchteren Score, weil in der Nachbarschaft einige Schuldner leben. Ob die Person vielleicht immer alle Rechnungen überpünktlich bezahlt hat, interessiert nicht. Er passt ins Raster und dann hat er da auch gefälligst sich drin zu bewegen.

Sicherlich mag das alles noch harmlos sein, aber wir stehen gerade am Anfang der ganzen Geschichte. Und schaut euch so kranke Politiker, wie den Schäuble an. Der wollte ernsthaft alle Bundesbürger unter generellem Terroristenverdacht stellen und auf sieser Grundlage am liebsten den komplett gläsernen Bürger schaffen (der hätte am liebsten noch eine Webcam Pflicht im Schlafzimmer eingeführt).

Und Schäuble ist nicht der einzige, der die Stasi am liebsten zurück hätte.

Und der Mensch ist nun mal so, dass das, was gemacht werden kann, auch gemacht ist. Das ist einerseits eine stärke der Menschen, kann aber auch ein großer Nachteil sein.

Und Ermahnungen bringen da nichts. Haben noch nie und werden auch nie. Gesetze bringen nichts, weil sie zum einen ignoriert und umgangen werden und zum anderen durch die Wirtschaft immer weiter aufgeweicht werden.

Mit Moral darf man erst gar nicht kommen, denn die interessiert niemand mehr. Wie also schützen? Tja, und das ist eigentlich nur möglich, wenn diese Daten erst gar nicht existieren. Anders wird man da keinen Riegel vorschieben können.
 
Raster sind überlebenswichtig. Es ist unmöglich, jede Situation rein kognitiv zu beurteilen. Deshalb entscheiden wir intuitiv. Und das nicht mal besonders gut. Intuition ist nur effizient. Aber nicht treffsicher. Ein falsches Raster anzulegen, ist also Alltag.

Im Wort "Intuition" steckt aber auch schon das Verfallsdatum drin, das Situative.

Im Grunde stimmt es natürlich: Wir Menschen bewerten viele Situationen und auch andere Menschen, mit denen wir vorher noch nie zu tun hatten, aus dem Bauch heraus; das ist das Erbe der Evolution, und es liegt auf der Hand, warum es im Überlebenskampf von Vorteil war, bestimmte Situationen schnell beurteilen zu können. Die Kehrseite der Medaille ist, dass wir im heutigen Umfeld, wo wir es eher selten unverhofft mit Säbelzahntigern oder feindlich gesonnenen Angehörigen anderer Stämme zu tun haben, zu Vorurteilen und Ressentiments neigen, die sich im schlimmsten Fall als unreflektierte Xenophobie und Rassismus äußern.

Der "erste Eindruck" verselbständigt und verfestigt sich leider allzu schnell, bis hin zu dem Punkt, an dem man bei bestimmten Leuten bereits ausgeschissen hat, bevor die überhaupt wissen, wer man tatsächlich ist. Da tröstet es auch nicht, dass der dahinter steckende Mechanismus eigentlich eine gute Sache ist, die dazu beigetragen hat, dass es uns heute gibt.

Aber gerade weil wir wissen, wie wir Menschen ticken und wie schwer es ist, über unseren eigenen Schatten zu springen, dürfen wir Technik nicht dazu verwenden, die Auswirkungen des o.g. Mechanismus bis ins Unendliche zu treiben, indem zeitliche und örtliche Grenzen aufgehoben werden und Stigmata somit ewig an einem kleben bleiben. Und das gilt nicht nur für Profiling, Scoring, usw., sondern auch für das Internet ganz allgemein. Es vergesse nichts, werden mittlerweile schon Kinder und Jugendliche gewarnt, doch das ist nicht ganz richtig. Denn es liegt nicht an der Technik an sich, dass das Internet nichts vergisst. Früher, in den 90ern, vergaß es sehr wohl. Erst als Google und andere, die mit User Generated Content Geld verdienen, die Bühne betraten, war Schluss mit Vergessen. Es ist also nicht die Technik an sich, die der Computer- und Kommunikationstechnik inhumane Züge verleiht, sondern das, was Menschen damit anstellen. Was mich wieder auf meine Forderung nach einer "Digital-Ethik" bringt.
 
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