Ähm. Markt. Nicht Mitbewerber. Ich glaube kaum, dass sich Apples Kunden an Apple orientieren.
Und ja, Apple hat hier einen Bedarf geschaffen, keine Frage. Apple setzt hier auch immer noch Maßstäbe. Nichtsdestoweniger (schreibst du ja auch), müssen sie sich genau daran orientieren. An dem Bedarf, den sie schaffen und befriedigen können. Mit ihren eigenen Ideen. So weit gehen wir da also nicht auseinander.
Aber: Ich will darauf hinaus, dass Apple bisher das Glück oder das Können besaß, Vorgaben machen zu können, weil sie einen Vorsprung besaßen und Wege gegangen sind, an die die Mitbewerber nicht mal gedacht haben. Das wird aber nicht ewig so sein. Auch eine Firma wie Apple erfindet nicht alle 4 Jahre eine komplette Produktklasse wie das iPhone/iPad.
Und da liegt die Besonderheit. Das iPhone ist kein neues Produkt, das iPhone ist eine neue Produktkategorie. Hervorragendes Marketing, hervorragende Strategie, hervorragende Umsetzung. Kinect war ebenfalls eine neue Produktkategorie. Dass daraus keine Killerapplikation geworden ist, sehen wir ja.
Jetzt steht aber die Kür an. Apple hat gezeigt, dass sie in der Lage sind, die iDevice Strategie erfolgreich umzusetzen. Mit Lion gehen sie ebenfalls einen recht konsequenten Schritt. Jetzt ist der Glanz der neuen Zeit aber vorbei. Jetzt muss Apple zeigen, dass sie ihre Devices alltagstauglich halten können. Neue Gadgets für die iDevices sind eine feine Sache. Aber Apple weiß auch, dass es mit iOS 5 Zeit wird, auf Alltagsbedürfnisse zu reagieren, die vom Markt gewünscht sind.
Beispiele? Der iTunes Store am iPhone ist unsäglich schlecht. Viele User wollen Infos auf dem Homescreen. (Android hat's vorgemacht). Das Syncen per Kabel ist lästig. Daten in der Cloud und ein überall Zugriff auf meine gekauften Artikel sind überfällig (hier gab es bereits Lösungen von Microsoft mit Exchange). Usw.
Kurzum: Apple war mit den iDevices lange Zeit der Trendsetter. Die Konkurrenz hat aber reagiert und zeigt stellenweise, wie es besser geht. Das bemerkt der Markt (die Kunden). Damit schwindet Apples USP Stück für Stück. Jede Woche ohne Innovation kostet bares Geld. Weil Apple hier nicht auf der faulen Haut liegt und nachliefert, sehe ich keine größeren Probleme.
Wenn hier aber mal einer um die Ecke kommt, der.. na sagen wir mal, das gleich gute Stilverständnis wie Apple besitzt, technisch ähnlich innovativ sein kann und die Zeichen der Zeit vor Apple erkennt, dann kann Apples.. nennen wir es Sturheit im Umgang mit Produkt- und Innovationszyklen auch ein Schuss nach hinten sein. Denn hier ist Sturheit gleichzusetzen mit geringem R&D (erstmal den Markt beobachten und moderat reagieren). Du kannst es auch Minimax nennen. Oder Zurückhaltung.
Eine anpassbare Scrubbing-Geschwindigkeit beim Spulen? Nicht in 1.x, nicht in 2.x..
Physische Lautstärketasten beim iPod Touch 1G? Fehlanzeige. Multitasking? Kam spät. Gesten am iDevice? Kommt erst noch. Infos auf dem Home Screen? In Arbeit. GPS am iPhone? Zu akkuintensiv? Oder doch nicht?
Ein Touchpad mit hochauflösendem Display? Niemand weiß es.
Langer Rede, kurzer Sinn: Ja, Apple hat eine gute R&D Quote. Die Apple Aktie hat immer wieder die Erwartungen gesprengt. Apple hat immer wieder reagiert und nachgelegt. Chapeau.
Aber Apple ist langsam. Nenn es von mir aus: Apple geht mit Bedacht vor. Mit der neuen Produktklasse iDevice konnten sie den Rahm abschöpfen. Die Innovationskurve wird aber flacher. Während sie bei Mitbewerbern eher exponentiell verläuft. Da kann Apple noch so viele Gerichtsverfahren anstreben und auf Patente pochen. Die Kundschaft will Tempo und die Kundschaft will die Kür. Hier muss Apple reagieren sonst überholt sie jemand anders.