Gewisse Bereiche sollte man nicht privatisieren, aber beim grossen Ganzen ist es dann schon anders. Oder meinst du, so etwas wie ein iPhone hätte es auch mit einer zentralen Planungsstelle gegeben?
Mit einer
zentralen Planungsstelle (wie im Sozialismus) ganz sicher nicht. Ohne
dezentrale Planung (wie im Kapitalismus) aber auch nicht.
Der Unterschied zwischen Sozialismus und Kapitalismus ist nicht Planwirtschaft vs. Marktwirtschaft. Geplant wird immer, im Sozialismus zentral beim Staat, im Kapitalismus dezentral in Konzernen.
In der IT-Branche konnte man ja in den letzten 30 Jahren ausgezeichnet beobachten, wie das läuft: Zuerst gab es viele kleinere Unternehmen, jetzt nur noch wenige große, die so mächtig sind, dass sie nicht mal Steuern zahlen müssen. Bereits in den 90ern hat sich Microsoft als OS-Riese etabliert, schon damals brauchte der Konzern keine Konkurrenz mehr zu fürchten. Mac OS als kommerzielle OS-Alternative gibt es heute nur deshalb noch, weil Microsoft Apple mit einer dreistelligen Millionensumme unter die Arme griff, um der Zerschlagung zu entgehen. Das Internet hat dann noch einmal Schwung in die Bude gebracht, nach einigen turbulenten Jahren inkl. Börsencrash standen aber auch hier die endgültigen Gewinner bald fest: Google, Facebook, Amazon.
Das Prinzip der Machtkonzentration hat im Kapitalismus Tradition: Schaut man sich die Liste der größten DAX-Unternehmen an, fällt auf, dass erstaunlich viele in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet wurden, also in der Zeit, als der moderne Kapitalismus mit voller Wucht in Deutschland angekommen war. Seither herrschen die und dominieren ganze Branchen.
Um nochmal auf das iPhone zurückzukommen: Ohne eine derartige Machtkonzentration, wie wir sie im IT-Bereich besonders deutlich beobachten können, wäre es niemals entwickelt worden. Da sind riesige Investitionen im Spiel, die niemals getätigt würden, wenn nicht schon vorher feststehen würde, dass der Absatz stimmt. In einer Marktwirtschaft würde das gar nicht funktionieren. Es können doch nicht x Anbieter solche Summen in die Hand nehmen, um Ähnliches zu entwickeln und dann zu schauen, ob man den freien Wettbewerb gewinnt. Sowas würden nicht mal hartgesottene Hasardeure tun.
Das soll jetzt keine Kapitalismuskritik sein. Sondern eher Kritik an der gängigen Vorstellung, wir würden in einer Marktwirtschaft leben, wo iPhones das Ergenis eines freien und fairen Wettbewerbs mit Konkurrenzdruck und "Angebot und Nachfrage" sind. Ganz offensichtlich ist das nicht so.