fa66
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Mein Eindruck ist, dass bei Schreibformen wie dieser das Missverständnis vorliegt, das só auch laut vorzulesen – anstelle dass es so gemeint ist, dass der Leser*) jeweils sich die für ihnsie zutreffende Lesung denkt. Übrigens »denkt«, welcher Erwachsene liest solche Schreiben denn überhaupt noch laut?Kläger Alexander B. stört sich daran, dass Audi ihm Mails mit Gender-Formen wie dem Unterstrich („Mitarbeiter_innen“) schickt.
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*) Meine Ansicht in dieser Sache ist übrigens, dass nicht der Sprachgebrauch (mit dem »generischen Maskulinum«) diskriminierend ist, sondern die tradierte Terminologie ungeeignet. Schon die antiken lateinischen Grammatiker wussten bereits, das die Begriffe »Maskulinum«, »Femininum« und »Neutrum« nur unzureichende, behelfsmäßige Etiketten sind, die aus irgendeiner animistischen Vorzeit stammen.
Nicht nur ist an der Form nichts final zu erkennen (domus ist »weiblich« – so gesehen müsste es »die Kölner Dom« heißen –, tempus ist »sächlich«, dafür ist poeta »männlich«), sondern es wird auch unkritisch eine Terminologie tradiert, die eben nicht zwingend für eine germanische Sprache – hier halt Deutsch – überhaupt passt.
Man stelle sich vor, man redete nicht mehr von einem »Maskulinum« (nur weil’s fürs Lateinische so erfunden wurde), sondern der Sprachfunktion nach von einem »Utrum« (wie im Skandinavischen). Wir hätten also ein »Utrum«, das Beides-Genus, ein »Femininum«, bei dem im Falle von isb. Menschen die weiblichen besonders herausgehoben werden – und ein »Neutrum« (also Ne-Utrum »keins von beidem«).
Plötzlich wären es die »Männer«, die sich beim Utrum halt mitgemeint fühlen müssen, und »Frauen« werden durch eine eigene Genuskategorie herausgestellt, erhoben.
Terminologisch wird tradierterweise sowieso die ganz offensichlich vorhandene Zweiteilung in Genus (die »Beuge«, das »Knie« – schon im Lateinischen wird da also nicht von »Geschlecht« geredet) und einem Sexus (das natürliche »Geschlecht«) ignoriert.
Die Umgangssprache hingegen hat keine Probleme damit, weibliche Nomina im Neutrum zu verwenden (»das Mädchen«, »Rotkäppchen«; beide Diminutive und deswegen im Deutschen systematisch Neutra); bei den Pronomina dann aber erkenntnisrichtig mit der »weiblichen« Form fortzusetzen:
Rotkäppchen ging durch den Wald. Es war sehr dunkel. Sie wollte zu ihrer Großmutter, wo es bei Grimm und den vereinigten Deutschlehrern noch es und seiner lautet.
Letztlich, kaum passt man eine tradierte und überholte Terminologie den tatsächlichen Verhältnissen und mehrheitlichen Verwendungen der Sprecher (jetzt eben Utrum, nicht Maskulinum) der Sprache an, kann ohne die Sprache selbst zu ändern, über Kurz oder Lang (ein paar Jahrzehnte) auch das Denken oder Glauben an eine Unterschlagung des weiblichen beseitigt werden.
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