Emigrationswelle

Q

quomodonam

Diesmal soll es nicht um Immigranten gehen, sondern um Emigranten.
Niemals zuvor haben so viele Deutsche das Land verlassen wie in den vergangenen zwei Jahren. 160.000 (inoffiziell 250.000) sollen es im vergangenen Jahr gewesen sein. 60% höher ist die Anzahl der Emigranten als Anfang der 90er Jahre. Durchaus beachtlich.

»Der führende Migrationsforscher Klaus Bade sieht Deutschland bereits in einer bevölkerungspolitischen Krise. "Wir befinden uns in einer migratorisch suizidalen Situation", sagte der Osnabrücker Professor. Weil es "uns schlechter gelingt, jungen, fähigen Leuten hier in Deutschland eine Perspektive zu bieten", zugleich aber vor allem gering Qualifizierte zuwanderten, steht für Bade fest: "Wir bluten aus." Der Forscher rechnet mit weiter steigenden Auswandererzahlen: "Der Sog hat sich entfaltet, und er wird so schnell nicht verschwinden."«
Aus:http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,422371,00.html
Auch im Spiegel: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,423009,00.html

Abgesehen davon, dass es eine hoch interessante (und für den einen oder anderen auch alarmierende) Entwicklung ist, überdies die Frage: Wer würde aus Deutschland fortgehen? Und was wären die Gründe?
 
Ich habe Anfang der 80er Jahre einige Zeit in Dänemark gelebt und bin aus beruflichen Gründen wieder zurückgekommen.
Aber die Idee, mal endgültig dorthin oder nach Schweden zu gehen, hat mich nie losgelassen: Ich finde, das gesellschaftliche Klima ist dort weniger von Konkurrenzdenken und Partikularinteressen geprägt, eher von einer partnerschaftlichen und solidarischen Einstellung.

Aber die Unterschiede empfinde ich nicht als so tiefgreifend, dass ich hier alle meine beruflichen und privaten Bindungen kappen und dort von vorn anfangen würde.
Aber vielleicht ändert sich das wieder, zum Beispiel, wenn unsere Kinder aus dem Haus sind...
 
Grund ist ja schon genannt und auch offensichtlich: gut ausgebildeten Fachkräften bietet sich im Ausland oft eine bessere Perspektive.
Ärzte, Ingenieure… können in vielen anderen Ländern unter besseren Bedingungen arbeiten und verdienen dort oft auch mehr.
Zudem trägt die Stimmung auch dazu bei. Auch die soziale Sicherheit (Rente, Arbeitslosigkeit) hat hier abgenommen und somit fällt sicher auch die Bereitschaft, dafür die hohen Kosten zu tragen.
Nicht zuletzt sind die Barrieren in den letzten Jahren geringer geworden (Sprache, Währung, Aufenthaltsrechte… (EU)) und die internationalen Spannungen sind auch zurückgegangen.

Ich könnte mir schon vorstellen, zumindest ein paar Jahre im Ausland zu verbringen. Weniger als Flucht (schlecht finde ich es in Deutschland keinesfalls), sondern eher als Horizonterweiterung.
 
Ich gehöre zu denen, die "keine Lust" mehr auf Deutschland haben/hatten. Gerade deswegen bin ich zum Auswärtigen Amt. Das Amt schickt Leute für 8-12 Jahre "raus", danach gehts wieder in die Zentrale nach Berlin, um die Bindung an Deutschland nicht zu schwächen.
Bei Interesse: www.diplo.de

Und ich bin heilfroh, einerseits meinen Horizont erweitern zu können, andererseits Abwechslung und trotzdem Sicherheit zu haben. Denn wenn man erstmal die Verhältnisse in vielen anderen Ländern kennt, weiß man erst wie gut wir es in Deutschland eigentlich haben.....

By the way: Was würde ich jetzt für ein Knoppers geben....oder Quark.....alles hier nicht erhältlich :)
 
Zuletzt bearbeitet:
ich depp bin nicht in USA geblieben, als ich noch die chance dazu hatte, im wissenschaftlichen bereich gehen die besten ins ausland (das war schon immer so) - mittlerweile bleiben sie leider dort (das ist neu)

ich rechne auch nicht damit in deutschland alt zu werden

ich bin nur noch mit einem bein in deutschland (d.h. geld relativ kurzfristig und leicht transferierbar angelegt, ich habe mich gegen einen hauskauf entschieden (bis sowas abgezahlt ist sind 50% der bevölkerung über 60 - ratet mal was dann häuser noch wert sind...))

als selbständiger habe ich kaum kredite aufgenommen, habe keine neuen arbeitsplätze geschaffen (werde leider sogar entlassen müssen) (investieren kann finanzieller selbstmord sein) und muß damit rechnen meinen laden über nacht zuzumachen, wenn die politischen rahmenbedingungen noch schlechter werden

daß in D wenig solidarität herrscht, kann ich nicht behaupten - der anteil meines umsatzes der in die sozialsysteme, in den osten, krankenkassen, steuer usw fließt ist unglaublich -
auch der grundsatz, daß man andere menschen für sich arbeiten lassen muß um reich zu werden gilt in D nur noch bedingt (das nennt sich hier ausbeutung) - zu viele angestellte sind hier ein existenzrisiko (trotzdem wundert es die deutschen, daß keine neuen arbeitsplätze geschaffen werden)

ich schätze deutschland ebenfalls als sterbendes land ein - das wort "braindrain" wird noch in den nächsten 10 jahren wort des jahres werden.

auch der maschinenbau wird uns nicht mehr ewig ernähren, ansonsten sind alle schlüsseltechnologien in D bereits lange verstorben oder verboten
Computer: ganz böse, die mär vom sklavenroboter der die arbeitsplätze vernichtet war jahrelang en vogue
Gentechnik: ganz böse, jetzt wird der übermensch gezüchtet
Nuklearwissenschaft: schrecklich, tschernobyl - wir haben doch öl und gas
Biotechnologie: aber bitte ohne stammzellen und nur mit dem ethikrat zusammen sowie alle 34000 vorschriften einhalten
Bildung: die tollen unis sind woanders - eliteförderung ist doch auch was vom 3. reich, oder? oder es hat was mit mathe zu tun - das ist auch uncool
Umwelttechnik: die rettet uns leider auch nicht den arsch
Medizinforschung: zahlt das die Kasse?
das Italien und Frankreich auch schlimm dran sind hilft auch nicht weiter

ok beim durchlesen merke ich gerade wie geil reaktionär sich das anhört - ich bin erst ein jahr selbständig....
warum ich noch hier bin ? - die familie.... aber da sind auch schon denkprozesse im gang...
 
Ich denke, es wird momentan sehr viel Lärm um das Thema Demographie gemacht. Sehr schön dazu dieser Zeit-Artikel.

Letztendlich muss der Standort Deutschland (Forschung, Wirtschaft aber auch unter sozialen Aspekten) attraktiver werden, bei gleichzeitiger Annerkennung der Tatsache, das Deutschland Einwanderungsland ist, und Einwanderung braucht.
 
Wir. Wenn sich die erste Möglichkeit bietet, sind wir weg. Viel hält mich hier nicht und die Familie kann man immer mal besuchen. Meine Frau denkt ähnlich....

Der Grund ist simpel und stammtischtauglich: „Möchte mal was Neues sehen.” Wenn dabei der berufliche Aspekt passt, umso besser.
 
Ich würde auch vielleicht weggehen, wenn ich nach dem Studium ein attraktives Angebot bekommen würde. Ich hasse es von kurzsichtigen und konzeptlosen Politikern regiert zu werden, deren scheinbar einzige Aufgabe darin besteht immer noch mehr Geld aus den Leuten heraus zu pressen. Ausserdem ist das Wetter 70% des Jahres kacke! Das Problem ist: Überall wo die Sonne scheint ist es politisch gesehen auch nicht viel besser. Naja, aber wenigstens scheint die Sonne.
 
Ich bin auch weg. Momentan bin ich am planen und vorbereiten um es dann in ein paar Jahren durchzuziehen.

In Deutschland gibt es für mich (uns) nichts mehr was es nicht auch woanders geben würde. Und dort scheint wenigstens die Sonne jeden Tag.;)

Edit: aaah, Walli06 mags also auch gern kuschlig wie ich sehe...:D
 
Zuletzt bearbeitet:
überall gibt es sowas, dass die unzufriedenheit wächst.
in den 80-ern ermahnten noch die polnischen kabarettisten, dass der letzte das licht doch noch ausschalten möge ;)

kein grund, sich wegen vermeintlichen krisen aufzuregen :) die geschichte passiert sowieso in wogen.
rob
 
Hm da fühl ich mich ja schon fast alleine, ich mag Deutschland.

Das es in der Wirtschaft im Moment nicht so rosig läuft, damit kann ich leben. Es wird auch irgendwann wieder aufwärts gehen.

Ich kann mir vorstellen mal aus wirtschaftlichen Gründen ins Ausland zu gehen (Richtung: Dänemark, Schweden, Irland, England - in die Sonnenländer ziehts mich irgendwie überhaupt nicht). Aber ich denke ich würde nicht mein ganzes Leben im Ausland verbringen wollen.

Erklärt mich für verrückt aber ich mag einfach die "deutsche Mentalität", da nehme ich es gerne in kauf dass mal einer lauter schreit wenn ihm mal was nicht passt.

EDIT: Und dass sich die Selbstständigen über die Politik aufregen gehört ja schon fast zu guten Ton...
 
Weggehen? Klar' Traumland hab ich schon!

Ich persöhnlich hab mir schon lang den Plan gemacht einfach aus Deutschland weg zu gehen! Hier hält mich nichts mehr, die Politik ist mist (aber Hauptsache die Diäten steigen :mad: )
Jeden Tag gibt es neue Horrormeldungen, gerade für die (wie ich) die noch davor stehen überhaupt mal einen Job zu kriegen werden doch von Meldungen wie "Rekordgewinn und trotzdem müssen 6000 Menschen gehen" einfach nur abgeschreckt. Ich mach mir echt ne Platte wie ich je mals in diesem Staat etwas werden soll.
Jedes Unternehmen (z.B. Heute: Die Al*ia*z) denken doch nur an sich und ihren Milliarden gewinn, wir "normalen" Menschen sind für die Großen Manager nur einfache "Arbeitskörper". Das so Unmengen an Existenzen vernichtet werden ist denen eh egal.
So kommen wir zu nichts und müßen unser Glück im Ausland suchen.
Das ist nunmal unser System :heul:

Gruß Steffen
 
Anglo-German

Also ich bin damals nach Grossbritannien gezogen, weil ich nach dem Abitur nicht dasselbe machen wollte wie alle anderen. Ausserdem sah ich in einem Studium im Ausland (das kuerzer ist als in Deutschland) und den extra Sprachkenntnissen groessere Berufschancen fuer mich. Am Ende lief es dann akdemisch und beruflich so gut in GB, dass ich mich entschied hier fuer immer zu bleiben. Naja, bis zum Ruhestand. Dann geht's zurueck nach Deutschland. :D Ausserdem gefaellt mir die Insel und Deutschland ist nun auch gleich vor der Haustuer.

der GermanUK
 
ich bin aus D fortgegangen: 1979. :) Damals, um in Wien für meine Diss zu forschen. Zurück wollte ich nie - obwohl ich meine Heimatstadt Berlin (und natürlich meine Eltern) mochte. Aber Wien faszinierte mich.
Jetzt erlebt mein Freund das Gleiche. Er wird im Oktober ganz in Wien landen und hier neu anfangen. :)
Österreich: zwar nicht die "Insel der Seligen" und auch nicht "tu, felix Austria, nube!", aber immer noch etwas besser dastehend als Deutschland. ;)
 
Ich glaube, man muss aber schon SEHR genau wissen was man will und vor allem: was einen erwartet.
Wenn man einfach mit einem diffusen "hier ist es scheisse!"-Gefühl abhaut und erwartet, dass woanders alles einfacher ist, der kann wohl nur enttäuscht werden.
Die Probleme, die man mit sich selbst hat: die nimmt man mit und die Probleme, die man mit dem Umfeld hat: die ändern sich nur.
Immerhin steht man zunächst einmal nur auf sich gestellt, mit Kommunikations- und Orientierungsproblemen da.
 
ricky2000 schrieb:
Die Probleme, die man mit sich selbst hat: die nimmt man mit und die Probleme, die man mit dem Umfeld hat: die ändern sich nur.
Immerhin steht man zunächst einmal nur auf sich gestellt, mit Kommunikations- und Orientierungsproblemen da.
ja, eben, genauso ist es. Man sollte schon genaue und vorgeplante Vorstellungen von dem haben, was man im neuen Land wirklich tun will.
Oder man steigt ganz aus: in den wilden Wald oder auf eine einsame Insel oder so. ;)
 
quomodonam schrieb:
Wer würde aus Deutschland fortgehen?
Ich würde es machen, wenn ich es nicht bereits getan hätte.

Zum grössten Teil lebe ich im Ausland und komme gelegentlich nach
Deutschland wegen der Familie und der noch hier verbliebenen Freunde.
 
ricky2000 schrieb:
Ich glaube, man muss aber schon SEHR genau wissen was man will und vor allem: was einen erwartet.
Ist vermutlich altersabhängig. Einen 18-Jährigen kannst du überall ohne festgelegte Ziele hinschicken.
 
Ist wohl auch mentalitätsabhängig.
Manche können sich überall anpassen, bei anderen ist es die Grundvorraussetzung zum glücklich sein, dass alles exakt so läuft, wie sie das wollen.
Wenn es wirklich um endgültiges Auswandern inkl. neuer Existenz ist und nicht nur ein Schnupperpraktikum im Ausland, halte ich ein wenig Vorkenntnis der Lage dort schon für wichtig.
 
Nehmt mich mit! Ich würde bei der zweiten Gelegenheit sicher auch das Land verlassen. Beruflich will man mich hier offenbar nicht, obwohl ich besser arbeiten kann, als manch anderer. :cool: (Kaufmann AV-Medien, Medienbetriebswirt (BA) mit ordentlichem Abschluß, gerade selbständig im Bereich Veranstaltungstechnik)
 
Zurück
Oben Unten