Der G5 war trotzdem bewiesenermaßen bis zu 94% schneller als der damals schnellste Pentium 4.
Das halt ich für sehr übertrieben. Der G5 war sicherlich sehr ordentlich aber bei weitem nicht so dominant, wie ihn Apple dargestellt hat und viele Macuser sich eingebildet haben.
Aus der damaligen c't z.B:
Benchmarks
Erstmals hat Apple neben Photoshop und Mathematica (wo der G5 nicht allzu überraschend brillieren konnte) auch den „meistrespektierten Benchmark in der Industrie“ (Jobs) zur Beurteilung herangezogen: die CPU-Benchmark-Suite der System Performance Evaluation Corporation (SPEC). Apple ist Mitglied dieser Institution, in der sich Intel, AMD, Sun, IBM, Motorola, HP, Dell, Fujitsu Siemens, Unisys, SGI und andere auf einen gemeinsamen Satz einigermaßen tragfähiger Benchmarks geeinigt und auch Regeln bezüglich der Durchführung und Veröffentlichung festgelegt haben. Apple hat sich allerdings all die Jahre nicht um die SPEC gekümmert.
Richtig konkurrenzfähige Fortran-Compiler gibt es für Mac OS X offenbar immer noch nicht,
sodass sich Apple genötigt sah, ein bisschen in die Trickkiste zu greifen. Statt die G5-Systeme in die offiziellen Benchmarkergebnisse einzugruppieren, wie es alle anderen Hersteller tun, wählte man eine „akademische Lösung“ und ließ die G5-Macs bei der Testfirma VeriTest mit Pentium-4- und Xeon-Rechnern unter nominell identischen Umgebungsbedingungen (Betriebssystem, Compiler) vergleichen.
Genau das haben wir im vergangenen Jahr auch einmal gemacht, indem wir unter Linux die Kompilate mit GCC 2.95 und Absoft Fortran gegenüber stellten [
1]. Doch haben wir dabei ausdrücklich betont, dass mit den Compilern von Intel weitaus bessere Ergebnisse zu erzielen waren.
Nichts davon bei Apple - man ist sogar so unverfroren, aus diesem akademischen Vergleich den Superlativ vom „schnellsten PC der Welt“ abzuleiten.
Unerwähnt bleibt bei Apple auch, dass da noch ein Fortran-Compiler mitspielt - allerdings nicht ganz zu Unrecht, denn bei dem verwendeten NAG-Compiler handelt es sich nur um einen „Quellcodeumwandler“, der Fortran in C/C++ übersetzt und dann mit dem vorhandenen C/C++-Compiler kompiliert. Optimierungsflags, etwa für SSE-Unterstützung, reicht der NAG-Compiler einfach an den C-Compi-ler weiter. Die beiden Flags -march=pentium4 und -mfpmath=sse schließen übrigens automatisch SSE2 mit ein, benötigen also das Flag -msse2 nicht zusätzlich, wie es hier und da fälschlich geäußert wurde.
Allerdings kennen die gcc-Compiler noch keine automatische Vektorisierung, sie benutzen SSE2 nur „skalar“ als Ersatz für die FPU. Der große Vorteil von SSE2, beispielsweise vier Single- oder zwei Dual-Precision-Operationen parallel ausführen zu können, bleibt daher ungenutzt.
Ein bisschen getrickst hat Apple auch bei den Flags für die G5-Messung, denn nach den Regeln für die SPEC-Basis-Werte sind derer nur vier für Optimierungen erlaubt. Apples G5-Compiler kennt jedoch anders als die sonstigen gcc-Kollegen (inklusive Apples regulärem gcc 3.3) bislang undokumentierte Summen-Flags namens -fast und -fastf. Die umfassen offenbar drei Standard-Flags, wie aus einer kurzen Erklärung bei VeriTest zu schließen ist. Beispielsweise wird damit die IEEE-Arithmetik laxer gehandhabt oder C99-Aliasing eingeschaltet. Aufgelöst käme man zusammen mit dem Profiling und dem Einbinden der schnellen Speicherverwaltung auf insgesamt fünf Flags, eines mehr als erlaubt - aber wir wollen ja nicht so pingelig sein ...
Messpunkte
Da der G5 noch nicht zur Verfügung stand, konnten wir nur den Teil nachprüfen, der sich mit dem Pentium 4 auseinander setzt. VeriTest hat ja löblicherweise eine Dokumentation ins Internet gestellt. Hier zeigte sich zunächst,
dass VeriTest offenbar noch etwas unerfahren auf diesem Gebiet ist: Cron-Jobs und Netzwerk gehören abgeschaltet - das findet man auch in den Runrules der SPEC. Der Störfaktor dieser Jobs ist freilich normalerweise gering, er liegt bei unter einem Prozent; nur wenn ein Betriebssystem mal auf die Idee kommt, zwischendurch den Rechner aufzuräumen, erhält man halt „zeitabhängige“ Benchmark-Ergebnisse.
Abgeschaltet wurde bei den G5-Systemen auch die grafische Bedienoberfläche, die nach unseren früheren Messungen 10 bis 15 Prozent Rechenzeit verbraucht. Im Vergleich zu Linux ist das auch o. k.; will man aber mal Mac-OS-Ergebnisse mit solchen unter Windows vergleichen, müsste das GUI mitlaufen.
Unser Pentium-4-Testrechner war kein Dell Dimension 8300, wie bei Apple, sondern ein System mit einem Epox-Board EP-4PCA3+, aber mit gleicher 3-GHz-CPU, gleichem i875P-Chipsatz und gleichem Speicher.
Wir benutzten ferner das gleiche Betriebssystem (Red Hat 9.0), die gleichen Compiler (gcc 3.3 und NagWare 4.2 Edition 511) und dieselben Flags ... erhielten aber andere Ergebnisse! In unseren Messungen schnitt der Pentium 4 ganz deutlich besser ab: + 8 % bei SPECint, +17 % bei SPECfp. Dass das Dell-BIOS eine solche Bremswirkung gehabt haben soll, können wir einfach nicht glauben.
Mit eingeschaltetem Hyper-Threading waren die Ergebnisse übrigens - anders als von Apple angegeben - noch etwas besser, allerdings nur minimal.
Wir hätten natürlich auch den 3,2-GHz-Prozessor nehmen können, der just vor dem Apple-Launch herauskam - so viel vorerst zum Thema „schnellster PC“. Das spannende Duell auf Basis realer Applikationen und mit den Dual-Prozessor-Systemen, die im Übrigen eher unter Workstations als unter PCs einzustufen sind, müssen wir uns bis zur Verfügbarkeit des G5-Mac aufheben.
http://www.heise.de/ct/03/15/062/