Der Vorwurf ist sicher nicht ganz aus der Luft gegriffen, klar. Dennoch hat noch niemand die Frage beantwortet, was die BILD in diesem Fall damit bezweckt. Nur "Auflagensteigerung" wäre zu platt. Warum sind die Griechen "böse" und der Euro ist "gut".
BILDs Gründer Axel Springer hatte spätestens seit seinem Besuch in Moskau den unverhohlenen Anspruch, mithilfe seiner Presseerzeugnisse Politik in DE mitzugestalten. Sein Leitspruch legt Zeugnis davon ab. Nicht:
"Die kontinuierliche Steigerung der Auflage, Werbeeinnahmen und Profite - das ist unser Auftrag", sondern:
"Die Einheit Deutschlands in Freiheit - das ist unser Auftrag". Man mag dieses Firmenmotto inhaltlich für gut befinden, darf aber dennoch dabei nicht übersehen, dass es ein betont
politisches ist - ungewöhnlich für ein Unternehmen; selbst für eines, das in der Pressebranche tätig ist.
Springers politische Ausrichtung war und ist konservativ und wirtschaftsfreundlich. Was an sich alles andere als ein Verbrechen ist. WELT-Leser müssen zwar nicht fürchten, mit betont linken Auffassungen behelligt zu werden, dürfen aber erwarten, dass das politische Weltbild so einigermaßen differenziert und sachlich rübergebracht wird. Bei BILD ist das anders. Da wird gezielt diffamiert und Stimmung gemacht. Für BILD sind die Hartz4-Empfänger selber schuld und im Zweifelsfalle bloß faul, träge, verwöhnt und verantwortungslos, damit gar nicht erst der Gedanke aufkommt, dass Arbeitslosigkeit in DE noch andere Gründe haben könnte als die unsägliche Faulheit von frechen Schmarotzern. Genauso ist es mit "den Griechen": Sie wollen an "unseren" Geldbeutel und meckern auch noch über die segensreichen Sparauflagen, die doch nur das Grundproblem, die mangelnde Disziplin, bekämpfen sollen. Diese eindimensionale Sicht der Dinge gibt dem BILD-Leser eine einfache Erklärung für jene Vorgänge, die tatsächlich so kompliziert sind, dass selbst Wirtschaftsfachleute sie kaum noch einschätzen können. Gerade so, wie sich der BILD-Leser nicht vorstellen kann, wie dick ein 0,1 mm starkes Blatt Papier wird, wenn man es 50 mal faltet, denkt er auch ökonomisch nur linear und von 12 bis Mittag und vergleicht Staatsfinanzen mit seiner privaten Haushaltsführung. Das nutzt BILD schamlos aus.