Nun kann ein und dasselbe Wort im Sinne einer Äußerung, aber auch im Sinne des lexikalischen Wortes verstanden werden. Es nimmt daher nicht wunder, dass bei einer Reihe von Zusammensetzungen – je nach Kontext und Lesart – beide Pluralformen möglich sind. Ein prominenter Vertreter dieser Klasse ist das Schimpfwort: Geht es um das, was es transportiert, nämlich die Beschimpfung, neigt man eher zum Plural Schimpfworte, sind hingegen die einzelnen Wörter gemeint, sprechen wir von Schimpfwörtern.
Eine kleine, aber interessante Untergruppe bei den Formen mit doppeltem Plural bilden diejenigen Wörter, bei denen sich der Plural -worte von der üblichen Form -wort / -wörter gewissermaßen emanzipiert und abgekoppelt hat: So sprechen wir vom Kosewort, Plural Kosewörter, wenn es um Wörter geht, mit denen wir zärtliche Gefühle ausdrücken. Hingegen sprechen wir Koseworte, wenn wir in zärtlicher Weise zu jemandem reden und dabei Kosewörter nutzen. Formal liegt hier ein Pluraletantum (Wort, das nur im Plural vorkommt) vor, da sich Koseworte zwar von Kosewort ableitet, aber in der vorliegenden Bedeutung eine Singularform nicht sinnvoll ist.
Es liegt auf der Hand, dass die Abgrenzung, welche Pluralform nun richtig ist, nicht immer ganz trennscharf verläuft. Im Zweifelsfall ist man aber mit dem weitaus häufiger vorkommenden Plural -wörter meistens auf der sicheren Seite.