Hmmm, im "Sonntags"-Thread hatte ich eigentlich den Eindruck von dir gewonnen, daß du den abhängig Beschäftigten als armen, rechtlosen Geknechteten siehst, der grundsätzlich immer tun muß was sein Chef sagt. Und hier willst du, daß Angestellte, wenn sie ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind, durch eine fähigere Person ersetzt wird, und man sie gar zu Schadenersatz verdonnern können soll? Wie passt das zusammen? Keine Frage: wer etwas vorsätzlich verbockt hat, muß dafür einstehen, egal in welcher Hierarchieebene. Aber oft ist die Schuldfrage (bzw die Frage der "Verantwortung) nicht zu klären? Wer in der Firma hat nun "Schuld", wenn sich der Markt anders entwickelt als bei einer Geschäftsentscheidung vorausgesetzt wurde? Ich würde sagen: keiner. Also kann man ihn auch nicht zur Verantwortung ziehen.
In der Politik ist es das gleiche. Da muß man zum Zeitpunkt X eine Entscheidung Y treffen, deren Auswirkung man frühestens nach X+5 Jahren sehen kann. Bei X+5 ist es leicht, zu sagen die Entscheidung Y war falsch, aber da es kein Kontrollexperiment gibt (zB. nix gemacht, oder das Gegenteil von der Entscheidung Y) kann man das nicht beweisen.
Populisten sagen jetzt: Die Politiker sind "Schuld" und müssen "die Verantwortung tragen" - aber so einfach ist es im echten Leben leider nicht.
Du möchtest hier also die Diskussion weiterführen? Bitte, habe ich kein Problem mit.
Wo wollen wir anfangen? Das es nicht dasselbe ist, wenn man jemanden ausbeutet, indem man ihn unnötig lange zum Niedriglohn beschäftigt und jemanden, der zwar geregelte Arbeitszeiten mit einem doch sehr auskömmlichen Gehalt hat und trotzdem nicht in der Lage ist, auf die Million genau hinter dem Komma zu rechnen?
Das es einen Unterschied macht, wenn eine Kassiererin, die sich permanent (zu Ungunsten des Geschäfts) verrechnet, relativ schnell in die Arbeitslosigkeit schickt, während man z.B. einen unfähigen Politiker oder Mitarbeiter einer Behörde entweder auf einen oftmals besser bezahlten Stuhl setzt oder ihn mit einem "goldenen" Handschlag "weiterempfiehlt"?
Die Verantwortung und auch die Schuldfrage ist in vielen Fällen relativ schnell zu klären. Das es dazu nicht kommt, liegt vornehmlich daran, dass man zum einen dann immer mit dem Finger auf jemand anderen weist oder (so wie Du ja jetzt auch) behauptet, dass man etwas nicht hätte einkalkulieren können. Übrigens eine Ausrede, die ja seit Jahrzehnten (wenn nicht gar seit Jahrhunderten) mehr oder weniger erfolgreich benutzt wird.
Denn Stimmen, die auf Probleme aufmerksam machen, Warnungen aussprechen, auf Gefahren hinweisen, werden verlacht, abgewiegelt oder anders irgendwie niedergemacht. Und wenn genau das dann eintritt, was man angemahnt hat, dann stellen sich die Verantwortlichen hin und behaupten jedesmal, dass das ja hätte niemand ahnen, kommen sehen können.
Da wird Zwang- bzw. Zweckoptimismus verbreitet, obwohl er überhaupt nicht angebracht wäre. Es wird allenfalls von der Wand bis zur Tapete gedacht (und das ist oftmals schon weit) nach dem Motto: "Nach uns die Sintflut!".
Wenn sogenannte Analysten sich überaus grosszügig bezahlen lassen, sich dann mehrfach irren und trotzdem immer wieder (meist von denselben Verantwortlichen) angeheuert werden, dann ist auch da die Schuldfrage ziemlich schnell zu klären.
Und wenn, wie im Beispiel mit dem Jobcenter, Gelder einfach mal verschleudert werden (übrigens auch Gelder von Dir und mir, denn wir zahlen ja Abgaben), dann ist es eigentlich die Pflicht von jedem, sich darüber aufzuregen und nicht irgendwelche Ausflüchte zu suchen.