Blinddarm
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Gegen Varoufakis als Person habe ich nichts. (Ich kenne ihn ja nicht.) Problematisch finde ich zum einen sein Auftreten als Finanzminister in einer für Griechenland äusserst schwierigen Verhandlungsposition. Die hat er mE noch schwieriger gemacht.
Die Verhandlungsposition Griechenlands war nicht schwierig, sondern exakt bei 0, als Varoufakis sein Amt antrat. Er kann sie also gar nicht geschwächt haben. Die Gläubigerseite hatte bereits der alten Samaras-Regierung gegenüber keinerlei Zugeständnisse gemacht und fasste die Wahl von SYRIZA als Provokation auf. Noch bevor Varoufakis überhaupt irgendetwas hätte sagen oder tun können, wurde die neue Regierung schon als kommunistisch und irgendwie verrückt diskreditiert (überhaupt auf den Gedanken zu kommen, verhandeln zu wollen - wo kommen wir denn da hin... pacta sunt servanda, nicht wahr...). Griechenland war auch kein Thema in den europäischen Medien. Die Griechen mussten eben sparen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden, daran wurde kaum gezweifelt. Dass Griechenland bereits unvergleichlich härtere Einschnitte als jedes andere europäische Land in der Nachkriegszeit hatte hinnehmen müssen, dass der Schuldenberg dadurch immer größer geworden war und dass die Ursache für die fortschreitende Misere in der Sparpolitik selbst liegen könnte, konnte man bei TP oder auch mal in der taz lesen; für den Mainstream war das aber kein Thema.
Diese Umstände muss man sehen, um das Auftreten von Varoufakis beurteilen zu können. Mit seiner Lärmerei hat er Europa auf den völlig verrückten Gedanken gebracht, dass es auch eine griechische Sicht der Dinge geben könnte. Und ich glaube auch, dass das Europa nach der langen Brüsseler Nacht ein anderes ist als vorher - das ist echt was wert! Spätestens jetzt ist dem Kontinent klar, dass grundsätzliche Entscheidungen fällig sind. Das ist zweifellos das Verdienst von Giannis Varoufakis. Soll er mal schön weiter trommeln - nichts braucht Europa dringender als Typen wie ihn.