Die anthropologischen – oder besser anthopogenen – Einsichten und Daten eines Dieter Nuhr scheinen auch bisweilen andere zu sein, als die mir bekannten.
Gerade im Nuhr2023-Jahresrückblick (2023-12-21; 22:30; ARD) geht der immer noch polemisch mit dem »austrocknenden Mittelmeer« reüssieren.
»Wenn die Meeresspiegel wegen des Klimawandels steigen, kann der Meeresspiegel am Mittelmeer doch nicht fallen. Dann müsse man beim Weg in den Atlantik ja bergauf fahren«, so inetwa aus dem Gedächtnis zitert.
Man möchte durch den Fernseher brüllen: Ja! Genau dàs passiert dort! Hat man dich nicht zwischenzeitlich darüber aufgeklärt, dass du immer noch darüber polemisierst? Unter anderem wegen des Klimawandels, der steigenden Erwärmung des Meeres und der Wasserentnahme der Anrainer ist die Verdunstung größer, als dass die Flüsse und der Atlantik noch mit dem Nachfüllen hinterherkommen. Und selbstverständlich trocknet das Mittelmeer (und das Schwarze gleich mit) nicht so schnell aus wie deine auf der Fensterbank vergessene Topfblume. Es geht um klimatologisch langfristige Prozesse.
Die sind nichtmal neu: Das Mittelmeer hat immer schon einen Wasserbilanzdefizit, darum ja die Strömung bei Gibraltar (wie jeder weiß, der »Das Boot« gesehen hat). Wenn die aber zunimmt, ist das alleine ein Indiz für den technisch zu verstehenden Begriffs der Austrockung des Mittelmeers. Wenn’s der Atlantik bei Spanien und Algerien mit dem Nachfüllen noch schafft, werden nach Osten die Küstenbereiche langfristig wachsen. Einschließlich des Risikos eines verlandenden Venedigs. Acqua alta werden dereinst nur noch die Alten kennen. Da helfen auch die umgebenden Flüsse nicht viel.
Warum also dieser, auch noch wiederholt, völlig überflüssige und so leicht widerlegbare Versuch eines faktischen Nicht-Witzes?