"Jonas seine Pizza"

Wie gesagt: Deutschklausur: Schriftsprache, nicht gesprochene Sprache.

Wobei ich mich noch sehr lebhaft an meinen Deutschlehrer in der fünften Klasse erinnern kann (das war Ende der Siebziger, bayrisches Gymnasium), der uns den Herrn Duden zitierte mit den Worten: "Schreibe wie du sprichst!". Und ich kann mich noch erinnern, wie ich (in Anbetracht meiner zum Teil stark dialektsprechenden Schulkameraden) darauf entgegnete: "Das wollen Sie nicht wirklich" :)

Sprachsynchron und für praktische Anwendungsfälle ist das nachvollziehbar.

Deine Argumentation wird aber schnell trüb, wenn innerhalb derselben Sprache diachron/historisch oder bei nah verwandten Sprachen sogar synchron verglichen wird.

Oder wie konnte »der Krake« zu »die Krake«, »der Schneck« zu »die Schnecke« oder (jetzt wird’s bildungsnah) »der Sphinx« zu »die Sphinx« mutieren?

Klar verändert sich Sprache. Da ist dann eine Zeitlang "der Krake" und "die Krake" akzeptabel, bis sich vielleicht eines der beiden durchsetzt. Oder es bleiben mehrere Formen erhalten, wie bei "die Butter", "der Butter", "das Butter" ("Gib mir mal s'Butter rüber"), die regional als "richtig" gelten, hochsprachlich aber nicht. Darum meinte ich, falsch ist das, bei dem sich alle deutschen Muttersprachler einig sind, daß es falsch ist. In Fällen, bei denen sich die Muttersprachler nicht einig sind, ist die Einteilung "richtig - falsch" überfordert.
 
Im Saarland werden Frauen sächlich bezeichnet!?

Ob „Jonas seine Pizza“ oder „Anne seine Pizza“ wird im Nord-Saarland, im moselfränkischen Sprachraum, beides toleriert und gefühlt sogar häufiger genutzt als „Jonas' Pizza“ oder „Annes Pizza"
 
Ich kann kaum glauben, dass so etwas erlaubt ist, nur weil es regional so gesprochen wird. Eigentlich ist in de r Sprache alles klar geregelt. Kannst du das irgendwie belegen?


Inzwischen drücken wohl viele ein Auge zu - auch Lehrer.


Unser Deutschlehrer (in der 7. Gym war das wohl) sagte uns damals:

- die Sprache ist im Fluss
- Falsch ist, was _ich_ ankreide
- möglich, dass es in paar Jahren anders ist


... und er hat Recht behalten: Irgendwann kam die sog. "Neue Rechtschreibung"

Und seitdem _isses_ mir auch _Wurscht_ - da achte ich eher auf ein stimmiges "Schriftbild".
 
Der TE hingegen fragt zur gesprochenen Sprache (siehe Log#1).
Nein, das denke ich nicht, weil es sinnlos wäre.
Dem muss ich widersprechen, denn der TE hat in #1 explizit geschrieben:
Heute habe ich oben genannten Ausdruck gehört.
Hören impliziert gesprochene Sprache.

Und warum soll gesprochene Sprache sinnlos sein? Es mag frequenten, vieltippenden Forumsnutzern vielleicht anders vorkommen, aber die Menge an gesprochener Sprache übersteigt diejenige der geschriebenen bei weitem.

Es geht logischerweise um korrektes Deutsch, an das sich auch z.B. Nachrichtensprecher
in Deutschland nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim Sprechen halten.
Nachrichtensprecher lesen eben Schriftdeutsch vor.

Und mir geht es darum, ein Gefühl, vielleicht auch ein Verständnis dafür zu vermitteln, dass Schriftdeutsch keineswegs das einzige gültige deutschsprachige Kommunikationsmittel ist; dass es gar ein sehr restringiertes Mittel ist, gerade weil es viele, oft gar weit verbreitete sprachliche Mittel ignoriert oder verdrängt.

Wer legt denn die Wertung »Korrekt« fest?
Selbst Institutionen wie die Tagesschau bauen sich im Interesse einer gewissen Einheitlichkeit und Allgemeinverständlichkeit selbst eine Art Hausnorm. Zeitungen haben oft eine Hausorthografie. Alles das ist aber über die Jahre und Jahrzehnte veränderbar und auch veränderlich. Widrigenfalls die präsentierte Sprach- bzw. Schreibnorm irgendwann einmal dermaßen vom ominipräsenten Gesprochenen abwiche, dass das in der Tagesschau Gehörte und in Zeitungen Gelesene erst angestaubt wirkte, und am Ende die Rezipienten nicht mehr erreichte.

Das Schlechtreden bestimmte grammatikalischer Strukturen ist letztlich ein Festklammern am vom Deutschlehrer eingeprügelter (bildlich gemeint, nicht dass da einer auf Gedanken kommt) Schulkonventionen. Man mag dazu neigen, einen Sinn darin suchen zu müssen, dass jeder von uns, mal mühseliger, mal leichter das Deutschunterrichtdeutsch gefressen hat. Dann will man nach all’ der Arbeit nicht gesagt bekommen, dass das auch nur eine willkürliche Festlegung war, die im Kern nicht besser und nicht schlechter als eine denkbare andere Festlegung war.
:D
 


Das sollte alle Unstimmigkeiten klären.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Fidefux,

s Anne hat ne Pizza. Et hatse bestellt oder selbst gebackt - so ähnlich! Ich komm aus Bayern ich maße mir das auch nicht an das richtig zu schreiben.

Gruß Andi
 
Dem muss ich widersprechen, denn der TE hat in #1 explizit geschrieben:

Hören impliziert gesprochene Sprache.

Und warum soll gesprochene Sprache sinnlos sein? (...)


Ich habe natürlich NICHT geschrieben, dass gesprochene Sprache sinnlos ist.

Das ist genauso sinnlos, wie "korrekte Sprache" auf Umgangssprache zu beziehen
und den Duden damit auszuhebeln.

Ich habe Beispiele genannt (Nachrichtensprecher), bei der auch im Gesprochenen
ein korrektes Deutsch verlangt wird.

Und das vorliegende ist Umgangssprache und ist nicht korrekt.
 
Also ich differenziere eigentlich nicht zwischen gesprochener und geschriebener Sprache. Ich gehe eigentlich danach, dass das was im Schriftdeutsch nicht geht auch im Gesprochenen nicht geht. Hätte ich vorher gewusst, dass ihr da unterscheidet, dann hätte ich das im Ausgangsthread anders angefangen.
 
Also ich differenziere eigentlich nicht zwischen gesprochener und geschriebener Sprache. Ich gehe eigentlich danach, dass das was im Schriftdeutsch nicht geht auch im Gesprochenen nicht geht. Hätte ich vorher gewusst, dass ihr da unterscheidet, dann hätte ich das im Ausgangsthread anders angefangen.


Das ist eigentlich logisch und es sollte jedem klar sein, dass eine Diskussion
um Umgangssprache da fehl am Platz ist.
 
Sprachtöter. Worttöter. Kulturtöter. Versammelt euch rund um Hannover und drum herum. ;)
 
Klar tut es etwas zur Sache, denn folgende Aussage von dir ist nicht korrekt:

Und das vorliegende ist Umgangssprache und ist nicht korrekt.

Wenn du selbst sagst, dass „Jonas seine Pizza“ Umgangssprache sei, dann sollte man bei der Beurteilung, ob eine Aussage falsch oder richtig sei, auch den zutreffenden Maßstab zur Beurteilung anlegen.

Wenn „Jonas seine Pizza“ also Umgangssprache ist und du die Merkmale von Umgangssprache kennst (ich habe sie in meinen Anführungen aufgelistet), dann frage ich mich, wieso du darauf pochst, dass dieser Satz falsch sei.

Genauso kannst du statt „Jonas seine Pizza“ den von dir genannten Satz "Ey dann tut dess etz voll krass korrektes Deutsch sein, suppa ey“ einsetzen. Es kommt auf das gleiche hinaus.
 
Also ich differenziere eigentlich nicht zwischen gesprochener und geschriebener Sprache. Ich gehe eigentlich danach, dass das was im Schriftdeutsch nicht geht auch im Gesprochenen nicht geht …
Es gibt doch keinen plausiblen Grund, nicht zwischen beidem zu unterscheiden, wo doch genau dieser Unterschied omnipräsent ist.

Von dem hier schon öfter herangezogenen Nachrichtensprecher erwarte (auch) ich ein gerüttelt Maß an Allgemeinverständlichkeit. Wo diese Allgemeinverständlichkeit durch Umgangssprache gefährdet scheint, ist eine arg umgangssprachliche Ausdrucksweise ebenso unangemessen, wie in lockerer Unterhaltung ein stures Beharren auf Schriftdeutsch.
 
Wenn „Jonas seine Pizza“ also Umgangssprache ist und du die Merkmale von Umgangssprache kennst (ich habe sie in meinen Anführungen aufgelistet), dann frage ich mich, wieso du darauf pochst, dass dieser Satz falsch sei.

Ganz einfach: Weil es dem TE nicht um Umgangssprache geht.

Hat er ja mittlerweile auch schon bestätigt.
 
Ich habe natürlich NICHT geschrieben, dass gesprochene Sprache sinnlos ist.
Dieser Bezug war ja auch von mir polemisch gemeint ;)

Das ist genauso sinnlos, wie "korrekte Sprache" auf Umgangssprache zu beziehen und den Duden damit auszuhebeln …
Genau das tue ich nicht, eben weil ich zwischen Schriftsprache und Umgangs- bzw. gesprochener Sprache unterscheide, und die impliziten oder expliziten Normen des Einen nicht auf das Andere anwende.

Ich habe Beispiele genannt (Nachrichtensprecher), bei der auch im Gesprochenen ein korrektes Deutsch verlangt wird …
»Korrektes« oder einfach nur »schriftsprachnormgerechtes« Deutsch?
Oder »korrekt« im Sinne von »was momentan grosso modo für korrektes Deutsch gehalten wird«?

Und das vorliegende ist Umgangssprache und ist nicht korrekt.
Wir drehen uns im Kreise: Wenn du Nichtsprecher jenes Idioms bist, im welchem diese Possessivkonstruktion üblich ist, musst du dich als Nichtsprecher einer Bewertung jener Sprecher enthalten, weil du als Nichtsprecher die Richtigkeit betreffender Konstruktion nicht beurteilen kannst. Das können nur die Sprecher des betreffenden Idioms.

Ich für meinen Teil war als Schüler immer verwirrt, dass, typische Deutschlehrerperspektive, diese »Vater sein Auto«-Possessivkonstruktion (oder auch die Verlaufsform »Vater ist am arbeiten«) so wie von dir (und anderen Beiträgern hier im Thread) als »inkorrekt«, »falsch« gebrandmarkt wurde, obwohl das in meiner Umgebung gesprochen omnipräsent war.

Wie soll etwas, das so häufig gebraucht wird, einfach nur »falsch« sein. Warum machen es denn »alle« dann falsch? Haben ihnen die Deutschlehrer denn nicht wie mir gesagt, dass es falsch ist, und benutzen es dann einfach nicht mehr? Damals konnte ich noch nicht argumentieren. Mir fehlte das Wissen über die Zusammenhänge.

Später als Student der Sprachwissenschaft bemerkte ich, dass gleich nebenan vom Westfälischen und Niederrheinischen im Niederländischen dasselbe sogar schriftfähig ist. Erst langsam reifte die Erkenntnis über etwas, das, zumindest in dém Deutschunterricht, den ich hatte, einfach nicht vermittelt wurde: Ebenje Trennung von Schriftsprache und ihrer Anwendungfälle und gesprochener Sprache und deren Anwendungsfällen. Es ist jenes »sein«-Possessiv eben nicht per se falsch, es ist lediglich nicht bis ins Schriftdeutsche vorgedrungen und gilt dort bis heute als unangemessen.

Deutsch, auch schriftnahes, ist reichhaltiger, als es der typische Deutschlehrer in seiner Funktion als Deutschlehrer wahrhaben darf[SUP]1[/SUP].


__________
[SUP]1[/SUP] Es gibt ja diese bisweilen unsäglichen Kurrikula und ihre Vorschriften.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir drehen uns im Kreise:

Was überflüssig ist, weil der TE inzwischen selbst klargestellt hat, dass es um Schriftdeutsch geht.

(Welches z.B. auch in den Nachrichten deutschlandweiter Sender gesprochen wird und dort gelten
auch die gleichen Regeln wie für Schriftdeutsch)
 
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