"Jonas seine Pizza"

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Fucko

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Hi,
ich habe eine grammatikalische Frage. Heute habe ich oben genannten Ausdruck gehört. Ich kam nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass das grammatikalischer Schwachsinn ist und es einfach nur "Jonas' Pizza" heißt. Daraufhin wurde mir widersprochen, das sei "nicht falsch, nur nicht so schön". Die Person, die mich darauf hinwies, ist allerdings die letze, der ich irgendwelche Kompetenzen in der Deutschen Sprache bestätigen würde. Trotzdem wollte ich mal wissen, ob das wirklich schon als richtig gilt. Der Duden nimmt ja mitunter auch absurde Dinge auf, nur weil sie der Umgangssprache entsprechen.
Kann mir also bitte jemand bestätigen, dass diese Aussage einfach nur grausam ist? Am Besten mit unanfechtbarem Beleg. Oder aber mich korrigieren. Dann verliere ich aber den Glauben an die deutsche Sprache.
Danke.
 
http://einklich.net/etc/apostroph.htm

Zitat:

....


Nur in einem Fall steht beim Genitiv-s im Deutschen ausnahmsweise ein Apostroph, und zwar dann, wenn der Name auch ohne Genitiv auf -s, -x, -sch oder -z endet, also auf einen Zischlaut. Der Apostroph trennt aber auch dann nicht das -s ab, sondern steht hinter dem -s und zeigt an, dass eigentlich noch ein Genitiv-s folgen müsste, das aber nicht gesetzt wird:

Klaus’ Referat über Marx’ „Kapital“

Einzige Ausnahme: Wenn auf Grund des angehängten -s Missverständnisse möglich wären, ist ausnahmsweise ein Apostroph erlaubt:

Andrea’s Vorschlag

... obwohl auch dieser Fall einklich eindeutig wäre: Kommt der Vorschlag von Andrea, ist es Andreas Vorschlag, kommt er von Andreas, ist es Andreas’ Vorschlag. Es ist nur ein Zugeständnis an apostrophenunsichere Schreiber. Grundsätzlich gilt:

Deutsche Genitive mit -s haben keinen Apostroph.

Ende Zitat
 
Danke für diese Info, war aber leider überhaupt nicht das, wonach ich gefragt hatte. Mir ging es um das Possessivpronomen "sein", was ich für völligen Unfug halte.
 
Die genannte Konstruktion ist weder gut noch schlecht; weder richtig noch falsch. Sie ist schlicht dialektabhängig.

Im gesamten niederländisch-niederdeutschen Sprachkontinuum ist die Genitiversatz- oder (je nach Sichtweise) Possessiv-Konstruktion mit »sein«/»ihr« verbreitet, im Niederländischen gleichvertreten wie die »van«/»von«-Umschreibungen und in Verbindung mit Namen noch häufiger als der »s«-Genitiv.

(1a) Piet zijn auto (NL)
(1b) Peter sein Auto (DE)

(2a) de auto van Piet (NL)
(2b) das Auto von Peter (DE)

(3a) Piets auto (NL)
(3b) Peters Auto (DE)

Im Feminium folglich
(4) Petra ihr Auto

Und ausgesprochen regional sogar
(5a) Peter ihm sein Auto
(5b) Petra ihr sein Auto,
eine Konstruktion, bei der sich der Sexusmarker ihm/ihr völlig vom Possessivmarker sein getrennt hat.

Vielleicht sollte man eher sagen, dass diese wie gesagt niederländisch-niederdeutsche Konstruktion nicht in die vom Mittel- und Oberdeutschen geprägte Schriftsprache Eingang gefunden hat.

Diese Konstruktion rundweg negativ zu bewerten, ist m.E. Ergebnis reiner Arroganz derjenigen Deutschlehrer, die vom Ideal einer hochdeutschen Einheitssprache träumen, diese (Arroganz) an den ihnen anbefohlenen hilflosen (niederdeutsch geprägten) Schülern auslassen und die die Sprecher anderer Varietäten über die Häufigkeit dieser grammatikalischen Konstruktion im Unklaren lassen.

Vergleiche auch die ebenso niederländisch-niederdeutsche Verlaufsform, die im Standarddeutsch adverbial oder infinitiv umschrieben wird:

(6a) hij is aan het werken (NL)
(6b) er ist am arbeiten (DE)
(6c) er arbeitet gerade; er ist dabei zu arbeiten (Std-DE)

und die im Schriftdeutschen abgelehnt wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann kaum glauben, dass so etwas erlaubt ist, nur weil es regional so gesprochen wird. Eigentlich ist in de r Sprache alles klar geregelt. Kannst du das irgendwie belegen?
 
Die genannte Konstruktion ist weder gut noch schlecht; weder richtig noch falsch. Sie ist schlicht dialektabhängig.

Im gesamten niederländisch-niederdeutschen Sprachkontinuum ist die Genitiv- oder (je nach Sichtweise) Possessiv-Konstruktion mit »sein«/»ihr« verbreitet, im niederländischen gleichvertreten wie die »van«/»von«-Umschreibungen und in Verbindung mit Namen noch häufiger als der »s«-Genitiv.

(1a) Piet zijn auto (NL)
(1b) Peter sein Auto (DE)

(2a) de auto van Piet (NL)
(2b) das Auto von Peter (DE)

(3a) Piets auto (NL)
(3b) Peters Auto (DE)

Im Feminium folglich
(4) Petra ihr Auto

Und regional sogar
(5a) Peter ihm sein Auto
(5b) Petra ihr sein Auto,
eine Konstruktion, bei der sich der Sexusmarker ihm/ihr völlig vom Possessivmarker sein getrennt hat.

Ich vermute den TE geht es hier nicht um einen niederdeutschen Dialekt, sondern um die korrekte deutsche Sprache.
 
Ich kann kaum glauben, dass so etwas erlaubt ist, nur weil es regional so gesprochen wird. Eigentlich ist in de r Sprache alles klar geregelt.
In »der Sprache« ist nichts klar geregelt. Wer sollte sich anmaßen, das zu tun?

Selbst die Franzosen haben mit ihrer Académie française in dem, was dem Franzosen so aus dem Munde kommt, nur mäßigen Erfolg.

Selbst der »Duden« ist mittlerweile (und wie ich finde richtigerweise) von einer vorschreibenden zu einer beobachtenden Instanz geworden. Damit nähert er sich der sprachbeobachtenden Weise der angelsächsischen Sprachwissenschaft an. Darum registriert er, was die Sprachgemeinschaft (in diesem Falle der Deutschen) in der Tendenz in signifikanter Weise, bestenfalls mehrheitlich, tut. Wenn die in diesem Faden angeführte Possessivkonstruktion mit »sein« in bestimmt einem Drittel (vielleicht gar mehr) des Deutsch genannten Sprachraums vorkommt, kann sie etwa im Deutschunterricht zu unterdrücken nur arrogant genannt werden.

Nein. Niemand kann dir abnehmen, selbst das Deutsch deines eigenen Sprachgebietes zu bewerten, dieses mit demjenigen anderer zu vergleichen, um dann für dich höchstselbst deinen eigenen Weg zu finden.


Ich vermute den TE geht es hier nicht um einen niederdeutschen Dialekt, sondern um die korrekte deutsche Sprache.
Es gibt keine »korrekte« deutsche Sprache; das ist ein verqueres Idealbild von irgendwelchen Puristen, denen der Umstand aus dem Sichtfeld geraten ist, dass Sprache variant ist. Wäre sie’s nicht, wäre sie eine tote Sprache. Übrigens ist Niederdeutsch auch deutsch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gibt keine »korrekte« deutsche Sprache; das ist ein verqueres Idealbild von irgendwelchen Puristen, denen der Umstand aus dem Sichtfeld geraten ist, dass Sprache variant ist. Wäre sie’s nicht, wäre sie eine tote Sprache. Übrigens ist Niederdeutsch auch deutsch.

Na dann ist ja alles korrekt. Wie auch die Schreibweise: "dr jonasch sui pizz" :crack:
Diese Schreibweise nicht anzuerkennen ist natürlich die reine Arroganz der nichtregional ansässigen Deutschlehrer...

Vielleicht sollte sich hier mal ein Deutschlehrer bzw. ein Linguistiker zu Wort melden....
 
Zuletzt bearbeitet:
Na dann ist ja alles korrekt. Wie auch die Schreibweise: "dr jonasch sui pizz" :crack:
Ich schreibe von »Sprache« und »Sprachgemeinschaft«. Also dem, was den Sprechern, die sich plausibel deutsche Muttersprachler nennen, so aus dem Mund kommt. — Und nicht von »Schreibe«, also der in der einen oder anderen Weise konventionalisierten Fixierung des Gesprochenen.

Dein Beispiel »dr jonasch sui pizz« kann ja immer noch klaglos »der Jonas seine Pizza« (also gewissermaßen nach Standardregeln) verschriftet sein, wobei die betreffenden Sprecher je nach seiner regionalen Varietät entscheiden müssen, »der« [dʀ], [də], [dɛ], [dɐ] oder [dɛɐ], »Jonas« ['jo:nas] oder ['jo:naʃ], »seine» [zaı], [zɛı], [zɔı] oder [zaınə] (oder noch weitere) auszusprechen. Innerhalb ihrer regionalen Mundart freilich nicht beliebig.

Dein Beispiel ändert übrigens nur die Aussprache, nicht die in der Diskussion stehende zugrundeliegende grammatische Konstruktion ;)

… Vielleicht sollte sich hier mal ein Deutschlehrer bzw. ein Linguistiker zu Wort melden …
Ich bin Sprachwissenschaftler. Aber kein Deutschlehrer.

Als Linguist habe ich gelernt, Sprache zu beobachten, um daraus bspw. Entwicklungen und Systematiken zu erkennen. Deutschlehrer hingegen leisten sich, weite Felder der Sprache Deutsch zu ignorieren, um etwa schulischen Kurrikula genüge leisten zu können.

Als Sprachwissenschaftler wäre es töricht, offensichtliche, in weiten Bereichen des Sprachgenbietes gar prominente grammatikalische Strukturen zu ignorieren, schlimmer noch zu unterdrücken.

Du hast die Frage nach dem »Falschen« gestellt. Falsch (bspw. in Sachen Grammatik) ist bestenfalls das, was alle diejenigen, die sich deutsche Muttersprachler nennen, für falsch halten, weil es nirgends im deutschen Sprachgebiet so verwendet wird. Das kann aber vom »sein«-Possessiv oder der Verlaufsform schwerlich behauptet werden.

Gleichzeitig kann von diesen Strukturen nicht behauptet werden, dass diese überall im deutschen Sprachraum gebräuchlich sind. Wozu auch? Für die Kommunikation reicht’s, dass sie überall im deutschen Sprachraum (und was das Niederländische betrifft, auch darüber hinaus) verständlich sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich schreibe von »Sprache« und »Sprachgemeinschaft«. Also dem, was den Sprechern, die sich plausibel deutsche Muttersprachler nennen, so aus dem Mund kommt. — Und nicht von »Schreibe«, also der in der einen oder anderen Weise konventionalisierten Fixierung des Gesprochenen.

Dein Beispiel »dr jonasch sui pizz« kann ja immer noch klaglos »der Jonas seine Pizza« verschriftet sein, wobei die betreffenden Sprecher je nach seiner regionalen Varietät entscheiden muss, »der« [dʀ], [də], [dɛ], [dɐ] oder [dɛɐ], »Jonas« ['jo:nas] oder ['jo:naʃ], »seine» [zaı], [zɛı], [zɔı] oder [zaınə] (oder noch weitere) auszusprechen. Innerhalb seiner regionalen Mundart freilich nicht beliebig.

Dein Beispiel ändert übrigens nur die Aussprache, nicht die in der Diskussion stehende zugrundeliegende grammatische Konstruktion ;)

Doch, ich habe dem Beispiel noch ein Artikel hinzugefügt (dr) ;)

Also wenn es um nur um das Gesprochene geht, wird eine Diskussion sinnlos sein. Da werden wir uns im Wald verlieren. Wenn es um die "Schreibe" und der grammatikalischen Regeln geht, was mMn nur Sinn macht, dann ist es interessant,
 
Doch, ich habe dem Beispiel noch ein Artikel hinzugefügt (dr) …
… und ich habe diesem die Aussprachevariante [dʀ] zugeordnet. Es mag freilich auch [dɹ], [dʁ], [dɣ] oder noch weitere geben :crack:

… Also wenn es um nur um das Gesprochene geht, …
Dem TE zumindest geht es offenbar um’s Gesprochene, denn er hat in #1 geschrieben:
Heute habe ich oben genannten Ausdruck gehört.
…was ferner entweder ausdrückt, dass der TE kein deutscher Muttersprachler ist – oder wenn er es ist, weit entfernt vom niederländisch-niederdeutschen (und friesischen, wie mir gerade auffällt) Sprachraum (also etwa Flandern – Niederlande – Rheinland – Westfalen – Friesland – niederdt. Tiefebene) sprachsozialisiert wurde, wenn er andeutet, dass er jene Konstruktion »heute« erst gehört habe, sie ihm also sonst bisher nicht untergekommen sei.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kann mir also bitte jemand bestätigen, dass diese Aussage einfach nur grausam ist?

Natürlich ist sie grausam. Jeder Verlag merzt so eine Formulierung aus - es sei denn, sie soll absichtlich aus einem bestimmten Grund verwendet werden (um ein bestimmtes Milieu bzw. einen bestimmten Bildungsstand zu charakterisieren oder als Klamauk wie bei Mario Barth & Co.).
 
Ich kann kaum glauben, dass so etwas erlaubt ist, nur weil es regional so gesprochen wird. Eigentlich ist in de r Sprache alles klar geregelt. Kannst du das irgendwie belegen?

Bitte, fahr mal ins Ruhegebiet wenn du gesund bist, "Schaaaaantall, komma bei die Ommmma!!!!"....gibt nen Herzkasper.:)
 
Bitte, fahr mal ins Ruhegebiet wenn du gesund bist, "Schaaaaantall, komma bei die Ommmma!!!!"....gibt nen Herzkasper.:)

Du hast das doppelte "bei" vergessen. Korrekt heisst es: Komma bei die Omma bei!

Bist wohl nicht von hier, wa? :hehehe:


Zur Themenfrage: Wir hatten uns bei der Namensgebung der Ingeborg-Drewitz-Schule lustig gemacht und sie immer "Der Inge seine Schule" genannt. Kam bei den Oberen nicht so gut an. Und jetzt tu ich Euch mal winken und geh an die Sonne... :D
 
Danke fa für deine Ausführungen! Sprache verändert sich und das ist gut so. Vor wenigen Generationen wurde noch mittelhochdeutsch gesprochen: Würde heute niemand verstehen.

Veränderung ist erstmal nicht schlecht oder gut. Das zu akzeptieren fällt schwer.

Die Frage ist also: Wird sich o. g. Sprachvariante durchsetzen? Bringt sie einen Vorteil? So wie z. B. das Weglassen von Artikeln.
 
Regionale Dialekte oder Spaß- bzw. Schusselformulierungen haben in der Schriftsprache nichts verloren.

Der heutige Threadtitel "Welche HD für im Auto?" ist auch so ein Beispiel.
 
Moin,

es sei denn, sie soll absichtlich aus einem bestimmten Grund verwendet werden (um ein bestimmtes Milieu bzw. einen bestimmten Bildungsstand zu charakterisieren

Altpräsident Johannes Rau auf die Frage, warum Fußballstadien nicht nach Frauen benannt sind:

"Wie soll das denn heißen? Ernst-Kuzorra-seine-Frau-ihr-Stadion?"
 
Vielleicht sollte man eher sagen, dass diese wie gesagt niederländisch-niederdeutsche Konstruktion nicht in die vom Mittel- und Oberdeutschen geprägte Schriftsprache Eingang gefunden hat.

In den Oberdeutschen (korrekter wissenschaftlicher Ausdruck ist hier "Hochdeutschen", was nicht das Standarddeutsch ist) Dialekten/Sprachen ist diese Genitivkonstruktion allerdings auch vorhanden. Aus erster Hand kenne ich es aus dem Südfränkischen, das zwischen Heidelberg und Karlsruhe gesprochen wird.

Damit ist diese Konstruktion wohl einzig im etwas rückständigen Standarddeutsch nicht vorhanden. "Dem XY sein irgendwas" ist hier ganz normal.

Sprachentwicklung geht in den indogermanischen modernen Sprachen weg von der Deklination/Konjugation von Worten hin zu mehr Artikeln, vergleiche besonders krass in den modernen romanischen Sprachen, die ihren Ursprung im Vulgärlatein haben. Bereits in der Antike gab es die hochgestochene "Schriftsprache" und die Umgangssprache, die viele Fälle durch Konstruktionen mit Artikeln ersetzt hat. Auch bei den germanischen Sprachen das Englisch, eine Sprache für Dummies :D

Insofern: Vielleicht schaffen wir es und duzen uns in Zukunft alle (statt uns generell zu siezen wie es die Engländer/Amerikaner tun), benutzen "meim Schwager sein Auto" statt "meines Schwagers Auto" und sind alle einfach zufrieden.
 
Nur um das klarzustellen. Ich komme aus Ostwestfalen. Genzugenommen aus OWL, das ist nahe an Hannover, daher spricht man auch bei uns vorwiegend Hochdeutsch. Dass es auch andere Dialekte gibt, ist mir wohl klar, möchte ich auch nicht abstreiten oder ändern. Mittlerweile wohne ich in Berlin, da höre ich ohnehin noch ganz andere furchtbare Sachen. Mir wurde allerdings noch nie gesagt, dass der Ausdruck "Jonas seine Pizza" korrekt sei.
Angenommen, ich hätte das früher in einer Deutschklausur geschrieben, dann hätte mein Deutschlehrer mir das Ding um die Ohren gehauen. Da frage ich mich doch, wie die Grammatik korrigieren können, wenn es kein richtig oder falsch gibt.
 
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