Es nervt, wie Werbung und PR die Sprache verhunzen

Moin,

Ich schrieb mal in einer Beurteilung für einen Praktikanten, dass er alle Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt habe. Daraufhin kam die erstaunte Frage, ob er denn nicht gut gewesen sei. Ich erfuhr, dass »zu unserer vollen Zufriedenheit« bedeutet, dass wir unzufrieden waren. Um auszudrücken, dass er wirklich gut gearbeitet hat, muss man »voll« in den Superlativ setzen. Es fiel mir nicht ganz leicht, den Blödsinn zu schreiben, aber ich wollte den Sprachpurismus natürlich nicht so weit treiben wollte, dem jungen Mann zu schaden…

Das ist aber nicht neu. Ich habe schon vor 30 Jahren in einem Werk über den Zeugniscode gelesen, dass "zu unserer vollsten Zufriedenheit" eine 1 bedeutet, "zu unserer vollen Zufriedenheit" eine 2.
 
Nicht nur Neues ist dumm... ;)
Aber die Zeugnissprache ist ja ohnehin eine ganz besondere Errungenschaft unserer Bürokraten.
 
Moin,
Nicht nur Neues ist dumm... ;)

Hat auch niemand behauptet...

Aber die Zeugnissprache ist ja ohnehin eine ganz besondere Errungenschaft unserer Bürokraten.

Irrtum. Es ging hier um Arbeitszeugnisse in der freien Wirtschaft. Die habe schon vor vielen Jahren ihre eigenne Ausdrucksweise entwickelt, da das Arbeitsrecht besagt, dass sie wohlwollend formuliert sein müssen.
Rate mal, was es heißt, wenn da steht: "Er/Sie wusste die Interessen des Arbeitgebers mit seinen/ihren Interessen zu vereinbaren und zeigte reges Interesse an den Belangen der Mitarbeiter."
 
Das mag sein. Die Sprache wird aber inzwischen überall angewandt. Und die Idee, dass ein Zeugnis wohlwollend formuliert sein muss, einschließlich des Schlupflochs, dass es nur scheinbar wohlwollend formuliert sein muss, scheint mir eine typische Bürokratenerfindung zu sein. Obwohl es eigentlich egal ist, wer das erfunden hat. Blödsinn ist es auf jeden Fall.
 
Danke für diesen Thread! Er spricht mir sowas von aus der Seele!
Schön zu sehen, daß ich nicht der Einzige bin, dem das auf den S*** geht!:d
 
Das Blöde ist, dass diese Formulierungen den entsprechenden Personenkreisen bekannt sind und somit nicht mehr als "wohlwollend" durchgehen. Als Personaler bist Du gezwungen zu lügen. Und diesen Murks würde ich ebenfalls direkt den "Bürokraten" und dem Gestzgeber in die Schuhe schieben.
 
Korrektes Schreiben ist für mich schlicht eine Form der Höflichkeit - Rechtschreibregeln wurde definiert, um die Lesbarkeit von Texten zu sichern. Wie wichtig dies ist, haben ja einige hier im Forum schon angemerkt ;)

Allerdings wird es fragwürdig, wenn die Form den Inhalt bestimmen soll, manchen gefällt einfach keinerlei Abweichung von der Norm der geschriebenen Worte, sei sie noch so witzig / beabsichtigt / kreativ / originell. Ich habe eine Sammlung sehr alter Postkarten (verschiedenste Quellen, deutsche und englische) und ich darf bestätigen, dass die Rechtschreibung vermutlich auch deswegen besser war, weil die fleißigen Schreiber in der Regel ein höheres Bildungsniveau hatten. Heute "kann" jeder Schreiben und durch die digitale Veröffentlichung (vulgo Eigenverrat ;)), bekommt man die Qualitätsmängel und die Unfähigkeit nur verstärkt mit…

Viel dramatischer als gelegentliche Fehler (die wohl jedem unterlaufen, Unfehlbare bitte vortreten) ist die (scheinbare?) Rücksichtslosigkeit, selbst die zusammengestoppelsten Texte - bevorzugt auf dem Smartphone rausgehauen - zu verbreiten. Fehlende Buchstaben, völlig zusammenhanglose Satzfragmente, inkorrekte Ausdrucksweise, massenhafte Rechtschreibfehler werden unreflektiert, unbedacht und unkorrigiert (und den größten Teil dieser Fehler würden sogar die Trottel erkennen) einfach losgeschickt. Darin einen textbehafteten Sinn zu erkennen ist dann "Aufgabe" oder Intelligenztest für den oder die Empfänger. Ich für meinen Teil habe entschieden, Forumshilfe nicht mehr zu gewähren, wenn ich beim Lesen eines Textes mehr als drei mal ins Stocken gerate…
 
Genau so sehe ich das auch.
 
Hallo - den Ausführungen kann ich auch zustimmen. Momentan hoch im Kurs stehen bei mir: geupdatet, geupgradet, verschnellern und ähnliche Wortschöpfungen, gepaart mit ordentlichen Schreibfehlern, die durch faulenzen entstanden sein müssen:

https://www.macuser.de/threads/apps-automatisch-in-itunes-upadten.719892/#post-8457431

Hey Community,
Ich bin iummer von dem langen Sync Vorgängen genervte, da er die geupdatetn Apps vom iPhone auf den PC zieht.
Kann man das nicht so machen, dass der PC sich die Apps downloadet?
Dann würde dass Syncen viel schneller gehen!
Oder wie kann man das Syncen noch verschnellern?

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Bei der Werbung im Fernsehen oder im Radio muss ich immer umschalten. Es ist unglaublich, was die uns für unnützes Zeug andrehen wollen! Autos, die selber einparken, frei fahrende Lastwagen - und wenn die Software einen kleinen Bug hat, steht die ganze Kiste hin... neeee, so nicht! Wenn ich im Radio "Seitenbacher" nur schon höre, könnte ich aus der Haut fahren. Als diese Werbung zum ersten mal kam, fand ich sie ja vor jahren noch lustig, aber inzwischen nervt sie nur noch. Da wird man doch nur noch für blöd verkauft.

So - gut für heute!
 
Moin,

Hallo - den Ausführungen kann ich auch zustimmen. Momentan hoch im Kurs stehen bei mir: geupdatet, geupgradet, verschnellern und ähnliche Wortschöpfungen, gepaart mit ordentlichen Schreibfehlern, die durch faulenzen entstanden sein müssen:

https://www.macuser.de/threads/apps-automatisch-in-itunes-upadten.719892/#post-8457431
Hey Community,
Ich bin iummer von dem langen Sync Vorgängen genervte, da er die geupdatetn Apps vom iPhone auf den PC zieht.
Kann man das nicht so machen, dass der PC sich die Apps downloadet?
Dann würde dass Syncen viel schneller gehen!
Oder wie kann man das Syncen noch verschnellern?

Wenn mich solche Komiker anquatschen (ja, manche sprechen auch so!!) bin ich immer versucht, mit "Du nix deutsch, nein?" zu antworten.
 
Moin,



Wenn mich solche Komiker anquatschen (ja, manche sprechen auch so!!) bin ich immer versucht, mit "Du nix deutsch, nein?" zu antworten.

Was soll daran komisch sein?

Mich würde interessieren, wie du solche Vorgänge besser beschreiben würdest,
von den zwei Tippfehlern mal abgesehen.

Übersetze doch bitte mal richtig, bin gespannt. :)
 
Ich für meinen Teil habe entschieden, Forumshilfe nicht mehr zu gewähren, wenn ich beim Lesen eines Textes mehr als drei mal ins Stocken gerate…

Meine Meinung diesbezüglich ist, dass man den Fragenden dann ruhig darauf aufmerksam machen sollte... Es gibt nichts Nervigeres, als Texte lesen zu „müssen“, die ohne jegliche Satzzeichen (insbesondere Kommas) auskommen, die komplett in Kleinbuchstaben verfasst sind und wo jedes zweite „das/dass“ falsch geschrieben ist. Dass Komposita vor allem im Internet nicht mehr zusammengeschrieben werden, obwohl sie zusammen geschrieben werden müssen, ist eine Erscheinung, die sich – glaube ich – nicht mehr aufhalten lässt.

Nachtrag: Ich möchte das Problem der mangelhaften Rechtschreibung nicht nur auf die jüngere Generation beschränken. Man muss sich nur Facebook ansehen und die Kommentare lesen (z. B. auf Wetterseiten). Die Profilbilder lassen darauf schließen, dass auch die über 40-Jährigen insbesondere (!) mit Satzzeichenmangel und falscher ss/ß-Schreibung zu kämpfen haben. Kommentare wie „wird es ein Winter wie 2010 grüß aus 66709 Weiskirchen im Saarland“ (Anja) oder „wer weiss jetzt machen se die pferde wieder scheu und dann kommt bloss gefussel runter lach“ (Roswitha) lese, dann tut mir das in den Augen weh.

Da frage ich mich ernsthaft jedes Mal, ob das den Menschen nicht peinlich ist.
 
Eigentlich mache ich das nur bei nachfragen. Aber in diesem thread ist mir danach, werbung für die gemäßigte kleinschreibung zu machen, die in allen ländern mit lateinischer schrift gilt - außer in den deutschsprachigen: http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2004/08/12/a0079
 
Eigentlich mache ich das nur bei nachfragen. Aber in diesem thread ist mir danach, werbung für die gemäßigte kleinschreibung zu machen, die in allen ländern mit lateinischer schrift gilt - außer in den deutschsprachigen: http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2004/08/12/a0079

Ergo:

Die kleinschreibung in der heutigen ausgabe ist selbstverständlich nicht kategorisch vorgeschrieben,
der anspruch jedes menschen auf seine eigene rechtschreibung bleibt unangetastet.

Satzzeichen, Grossbuchstaben und sonstige Grammatik, sowie die Semantik generell, ergeben ihren Sinn
und dürfen imho gerne und immer eingesetzt werden, um auch jeden möglichen lesenden Geist bereichern zu können.
Bzw. macht Lesen dann auch (erst) richtig Spass, wenn man so möchte.
:teeth:
 
Eigentlich mache ich das nur bei nachfragen. Aber in diesem thread ist mir danach, werbung für die gemäßigte kleinschreibung zu machen, die in allen ländern mit lateinischer schrift gilt - außer in den deutschsprachigen: http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2004/08/12/a0079

Die Typen, die sich selbst als ach so oberkreativ ansehen, sind diejenigen, die immer und ewig alles klein schreiben und sich dabei toll finden.
Ich finde es respektlos dem Leser gegenüber und ignoriere solche Beiträge.
 
Satzzeichen, Grossbuchstaben und sonstige Grammatik, sowie die Semantik generell, ergeben ihren Sinn
und dürfen imho gerne und immer eingesetzt werden, um auch jeden möglichen lesenden Geist bereichern zu können.
Bzw. macht Lesen dann auch (erst) richtig Spass, wenn man so möchte.
:teeth:

Sagst du und ersetzt ß durch ss. Dem artikel stimme ich nicht in allen punkten zu. Aber ich sehe keinen grund dafür, im deutschen eine komplizierte großschreibung einzusetzen, während keine andere sprache die benötigt.
 
Sagst du und ersetzt ß durch ss.

Das ich das ß mit ss schreibe hat lediglich die Begründniss, daß in meinem Nachnamen ein ß vorkommt.
Durch mein tägliches "online-Prozedere" ist es daher dienlicher lieber das ß mit ss zu schreiben – ist quasi "nun in meinen Fingern drin"…

[…]
Aber ich sehe keinen grund dafür, im deutschen eine komplizierte großschreibung einzusetzen,
während keine andere sprache die benötigt.

Grundlegend ist es imho aber auch eher wurscht, was andere Sprachen so "inne haben".
Persönlich sehe ich da die deutsche Semantik im Schriftbild gerne und auch als Hilfestellung im Erleben des Lesens.

Muss nicht jeder nutzen – besonders diejenigen, die nicht des Deutschen muttersprachlich gewogen sind.
Die Deutsche Sprache ist nun einmal schwer erlern- und handhabbar.

Mal abgesehen von jeglichen Lernschwächen oder sonstigen, dürfte jeder hier lebende Mensch,
der zumindest die Grundschule und einen weiterführenden Schulweg besuchte, im Stande sein,
sich schriftlich annähernd artikulieren zu können.

Ist dies, oder sollte dies, nicht der Fall sein, könnte der Leser recht schnell auf den dahinter stehenden Charakter schliessen.
Was nicht unbedingt für ein positives Gesamtbild im Aufschluß wäre bzw. sein kann.

"Möchte ich, daß mein Text (gerne) gelesen und auch verstanden werden soll",
dann ist eine ordentliche Rechtschreibung, plus eine mögliche vollendete Semantik, vollends dafür dienlich und zweckreich.

Notiz an mich:
Evtl. dem Oliver Welke doch noch eine Mail schreiben, daß "Sinn nicht gemacht werden kann",
sondern "Sinn sich nur ergeben kann"…

Und noch ein PS:
Seit ich beim Lesen auf Ebook "umgestiegen" bin, verwundert es mich zusehends,
was für eine endlos miese redigierte Chaize da teilweise geboten wird.
 
Eigentlich mache ich das nur bei nachfragen. Aber in diesem thread ist mir danach, werbung für die gemäßigte kleinschreibung zu machen, die in allen ländern mit lateinischer schrift gilt
Warum sollen die Regeln an angeglichen werden? Im einen Land ist es so, im anderen so. Und wenn die Regeln schon angeglichen werden sollen, warum dann nicht umgekehrt? Ich finde, vor allem beim Englischen sieht man gut, dass die Kleinschreibung sehr oft zu Missverständnissen führt, die zwar meist nur vorübergehend sind, aber doch das Verständnis behindern können. Aber ich denke, die anderen können es machen, wie es ihren Traditionen entspricht, und wir machen es, wie es unseren entspricht. Immerhin kann man im Deutschen leicht Sätze konstruieren, die bei gemäßigter Kleinschreibung nicht zu verstehen sind. Zu DDR-Zeiten gab es dafür das schöne Beispiel »Er hat in Moskau liebe genossen.«

Letztendlich ist die Schwierigkeit der Großschreibung nicht so gewaltig, dass man auf diese Erleichterung im Lesefluss verzichten sollte. Sie erleichtert nämlich den Überblick über die Satzstruktur ganz enorm (wo ist das Subjekt, wo das Objekt), zumal bei der höchst variablen Wortstellung, die im Deutschen möglich ist.

Aber ich sehe keinen grund dafür, im deutschen eine komplizierte großschreibung einzusetzen, während keine andere sprache die benötigt.
Das ist ein gutes Argument. Im Grunde gibt es auch keine Notwendigkeit für eine so komplexe Grammatik, wie sie das Deutsche hat. Also warum auf halbem Wege sehen bleiben? In anderen Ländern spricht man ja auch nicht Deutsch. Warum denn ausgerechnet bei uns? Mit dieser Begründung lässt es sich doch leicht abschaffen. Viel besser wäre doch das Pidgin-Englisch, das unsere »creativen« Werbefuzzis sprechen, und auf dass sie so stolz sind, dass sie uns fortwährend mit falschen Übersetzungen und Entlehnungen fluten.

Übrigens:
der anspruch jedes menschen auf seine eigene rechtschreibung bleibt unangetastet.
Dazu fällt mir nur ein: :hamma:
 
Zuletzt bearbeitet:
Sagst du und ersetzt ß durch ss. Dem artikel stimme ich nicht in allen punkten zu. Aber ich sehe keinen grund dafür, im deutschen eine komplizierte großschreibung einzusetzen, während keine andere sprache die benötigt.

Da kontere ich mit dem Klassiker:

*
Komm wir essen Opa - Satzzeichen retten Leben!
deine schwester ist gut zu vögeln - Die Shift-Taste vermeidet Missverständnisse!
*

Warum solche Missverständnisse in anderen Sprachräumen akzeptiert werden sollten kann ich mangels Beispielen nicht nachvollziehen.
 
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