Also die Motivation des Mannes zu gestehen ist doch auch Nebensache.
Also die Motivation des Mannes ist schon sehr wichtig um den Fall einigermassen passend aufzugreifen. Auch die Motivation der Ehefrau ist wichtig, es könnte ja durchaus sein, dass tatsächlich vieles von ihr fingiert worden ist, um ihrem Mann ans Bein zu pinkeln. Auch die Motivation des Staatsanwaltes ist wichtig, um zu begreifen, warum nun den Behauptungen Mollath nicht nachgegangen wurde, sei es, weil irgendwie Druck von 'oben' aufgebaut wurde, sei es, weil er Mollath nicht geglaubt hat.
Ich habe mich lange nicht mehr mit Staatsrecht beschäftigt. Aber ich sehe schon in der Praxis, dass es trotz Gewaltenteilung, eine Abhängigkeit der 3 Parteien stattfindet. Der Staatsanwalt kann nicht ohne die Ermittlungsbeamten. Der Richter nicht ohne vermeintlich Erfolgreiche Deals zwischen Staatsanwalt und Verteidigung. Die Politik hat einen Gewissen Einfluss auf Richter und Anwälte, um ihre jeweiligen Interessen zu bewahren.
Natürlich besteht da ein gegenseitiger Einfluss, dass sieht man ja schon daran, dass die meisten Politiker Juristen sind.
Es finden auch Deals statt, ich bin derzeit Schöffe bei einer großen Strafkammer, also da, wo die Schwerverbrechen verhandelt werden (auch Mollath Fall würde bei einer großen Strafkammer verhandelt), und habe da selber schon Deals zwischen Kammer, Staatsanwalt und Verteidigung mitbekommen. Die sind aber ganz nicht so schlimm wie manche meinen, sondern oft richtig und sogar notwendig. Ich kann gerne mal von einem Fall berichten, bei dem ich dabei war, falls erwünscht.
Ich war auch bei einem Prozess gegen Politiker dabei, einem sogenannten 'Spendenskandal', da sind die Politiker keineswegs glimpflich davon gekommen oder geschohnt worden, im Gegenteil. Der vorsitzende Richter damals war auch ein 'harter Hund', ähnlich wie der vorsitzende Richter beim Mollath Fall, und ist den Verteidigern oder Angeklagten immer wieder lautstark über den Mund gefahren, wenn die mal wieder irgendwelche seltsamen Nebenkriegsschauplätze aufmachen wollten (was die gerne gemacht haben, um von ihrer Tat abzulenken). Das passiert nämlich, dass Angeklagte, Zeugen oder sogar Verteidiger aus der Reihe fallen und teils strategisch, teils aus emotionalen Gründen (es geht immerhin zumeist um existentielle Fragen vor Gericht), da läuft nicht immer alles sauber und gesittet zu, wie manche vielleicht meinen. Da wurde richtig lautstark von allem Seiten rumgebrüllt, ein Kindergarten ist nichts dagegen (ich fand das übrigens amüsant
) Und als kleine Anmerkung: Wenn ein Richter einem Politiker den Mund verbietet, weil der Quatsch redet, stellt man den Richter als mutig da, macht der gleiche Richter dies bei einem 'kleinen' Angeklagten, wird er wegen der gleichen Sache plötzlich als unverschämt und wahrheitsverdeckned angesehen. So ist halt die öffentliche Rezeption
Das man den Finger in die Wunde legen kann und sogar sollte, da sind wir uns einig, und es passieren ja auch Fehlurteile am Gericht, vor Fehlern sind auch Richter nicht geschützt. Aber nicht jeder Finger trifft auch eine tatsächliche Wunde, und im Fall Mollath ist es erst mal fraglich, ob übetrhaupt eine Wunde vorliegt. Die Sicherheit, mit der mache davon ausgehen das ein Fehlurteil vorläge, ist weit von der Realität entfernt. Das ist bisher nur eine Möglichkeit, nicht mehr und nicht weniger. Dass muss man schon prüfen, um genaueres sagen zu können.
Und die teilweise herrschende Verschwörungsdenke erscheint mir auch völlig abwegig, und passt hinten und vorne nicht zu den Fakten. Auch wenn sie natürlich nicht ausgeschlossen ist.
Man kann ja einiges am Fall Mollath kritisieren, aber weder sollte man dabei übers Ziel hinaus schiessen, noch einfach den Behauptungen von Mollath Glauben schenken. Es gibt ja durchaus Ereignisse an dieser Geschichte, die 'Skandalpotential' haben, etwa die Aussage von Merk zum Revisionsbericht, aber die eigentlichen Tatvorwürfe in dem Verfahren gegen Mollath erscheinen mir zutreffend. Und der fehlerhafte Umgang mit dem teils fantasievollen, teils realen 'Verteidigungschrift' von Mollath erscheinen mir zwar 'unglücklich', aber plausibel.
Mir erscheint der Fall Mollath eher wie eine 'klassicher' familiärer Rosenkrieg, inklusive häuslicher Gewalt, bei der ein Partner die Trennung nicht verkraftet hat, und bei der zumindest beinseitig, vielleicht auch gegenseitig, zu einen Rachefeldzug übergegangen ist. Das passiert häufig, auch wenn es selten ist, dass jemand sich so in einen Kampf reinsteigert, wie es bei Mollath der Fall gewesen zu sein scheint. Da würde ich auch den Ansatz bei der Kritik an den Gutachten sehen, weil mir das bestenfalls als temporäre Psychose erscheint (wenn es denn eine ist), die aber mittlerweile abgeklungen sei dürfte. Da gehe ich mit dem Strafrechtler Müller konform, das gerade die Verhältnismässigkeit bei der Einsweisung ein Problem ist. Allerdings ist auch Mollath an dem Problem mitbeiteiligt, weil er sich jeglicher Untersuchung verweigert, deswegen kann man auch nicht diagnostizieren, dass diese Lebensphasenbedingte Psychose mittlerweile nicht mehr vorliegt.
Ich bin weder Psychiater noch forensischer Psychologe, und kenne auch die Gutachten nicht, und insofern bin ich nicht sonderlich kompetent, aber ich würde raten, den stationären Maßregelvollzug in einen ambulanten umzuwandeln, dann natürlich mit strenger Kontrolle (es bestand ja die berechtige Befürchtung, dass er gegen Leib und Leben nicht nur der Ehefrau, sondern auch anderen Beteiligter vorgehen würde). Bei einer ambulanten Betreuung wäre auch wieder die Möglichkeit gegeben, dass Mollath seine Sturheit, mit der er sich jeglicher Diagnostik (und dann auch möglicher Behandlung) verweigert, etwas aufweicht.