Blu-ray Blues
Wie Mac und Blu-ray zusammenfinden
Apple baut keine Blu-ray-Laufwerke in seine Rechner ein und es gibt keine OS-X-taugliche Abspielsoftware für den DVD-Nachfolger. Dabei sind Macs durchaus für HD-Videos zu gebrauchen, denn die Hardware ist leistungsfähig und leise genug fürs Heimkino. Wir haben ausprobiert, wie weit man beim Thema Blu-ray unter Mac OS X kommt, wann man Windows braucht und was virtuelle Maschinen nützen. Der Mac mini ist ein idealer Media-Center-Rechner fürs Wohnzimmer, der neue iMac mit seinem hochauflösenden Bild- schirm eignet sich ebenfalls gut zum Betrachten von HD-Filmen. Obwohl Apple seit 2005 mit in der „Blu-ray Disc Association" sitzt, hat der CEO Steve Jobs ent- schieden, dass seine Firma den DVD-Nachfolger bis auf Weiteres nicht unterstützt. Filme im HD- Format könnten sich Mac-An- wender schließlich im iTunes- Store kaufen, sagt er. Doch es geht auch ohne Apples Segen, wenngleich mühsam.
Schritt für Schritt
Wir haben zwei Hardwarekombi- nationen mit einem internen und einen externem Laufwerk ausprobiert. Zunächst suchten wir nach einem Slim-Line-Slot- In-Laufwerk mit SATA-Anschluss, um einen zwei Jahre alten Mac mini (2,0 GHz, Core 2 Duo) umzu- rüsten, und sind (nur) bei Sony fündig geworden. Das Optiarc BC-5600S für 170 Euro ist ein Combo-Drive, das von der CD über die DVD bis hin zur Blu-ray alle Medien liest, aber nur CDs und DVDs brennen kann. Mit seiner Bauhöhe von 12,5 Milli- metern passt es übrigens in kei- nes der MacBooks, im mini sitzt es wie dafür gemacht - ein- schließlich der sechs Schrauben- löcher. Der Einbau ist für halb- wegs geübte Bastler kein Pro- blem, zum Öffnen des Gehäuses braucht man einen möglichst scharf angeschliffenen Spachtel (c't 14/08, S. 166).
Als CD- und DVD-Brenner unter der OS-X-Oberfläche funk- tionierte das Sony-Laufwerk pro- blemlos, auch das Booten von einer Installations-DVD (Mac OS X oder Windows) klappte. Aller- dings konnten wir unter Snow Leopard weder das Festplatten- Dienstprogramm benutzen, noch „Medium brennen" im System- Profiler aufrufen, ohne einen Ab- sturz zu provozieren. iTunes hängte sich beim Klick auf „CD brennen" ebenfalls auf. Musik- CDs konnten wir nur brennen, wenn erst die CD eingelegt wurde und dann der Brennbefehl kam. Toast 10 stürzte immer wie- der nach Eingabe der Seriennum- mer ab. Auch der Virtualisierer Pa- rallels 5.1 funktionierte nach dem Einbau nicht mehr. BDMV- und AVCHD-Blu-rays las das Betriebs- system aus, mit dem VLC media player 1.1 konnten wir kopier- schutzfreie Filme abspielen, aller- dings nur ohne Menüs.
Unter einem via Boot Camp gebooteten 32-bittigen Windows Vista funktionierte das Optiarc- Laufwerk perfekt, brannte Me- dien mit den Betriebssystemfunk- tionen oder Nero 10 und spielte auch kopiergeschützte Blu-ray- Filme ab. Dazu bedurfte es aller- dings einer mit erheblichen Zu- satzkosten verbundenen Ab- spielsoftware: Corels WinDVD Pro (70 Euro), Arcsofts TotalMedia Theatre 3 (90 Euro) oder Cyber- Links PowerDVD 10 Ultra (90 Euro). Sie zeigten die HD-Videos ohne Probleme auf einem HDCP- fähigen Monitor an. Bei allen drei- en benötigten wir zur Bedienung Maus und Tastatur. Bei WinDVD ließ sich ohne Zusatztreiber mit der kleinen Apple-Fernbedie- nung nur die Lautstärke regeln, beim TotalMedia Theatre und PowerDVD auch pausieren und kapitelweise springen - drückten wir allerdings auf den Menü-But- ton, sprang iTunes an.
Als zweite Hardwarekombina- tion probierten wir es mit einem brandneuen Alu-Mac-mini und dem Blu-ray-Brenner Sony BWU- 100A in einem externen USB-Ge- häuse. Diese Paarung hatte weder Schwierigkeiten mit Mac OS X noch mit iTunes, Toast, dem Booten von Betriebssystem- Scheiben oder mit Parallels. Beim Einlegen eines Blu-ray-Rohlings öffnete sich ein Fenster und frag- te ebenso wie bei CDs und DVDs nach dem Verwendungswunsch. Das Brennen einer Daten-Blu-ray klappte im Finder ohne Proble- me, ebenso mit Toast 10. Um eine Video-Blu-ray zu erstellen, bedarf es des 20 Euro teuren „Toast 10 HD/BD Plug-in". Auch das Abspielen von kopierge- schützten Kauf-Blu-rays funktio- nierte mit allen drei dafür geeig- neten Windows-Programmen. Aus einem unter Parallels laufen- den Windows konnten wir selbst nach einigem Herumprobieren mit den Einstellungen kopierge- schützte Blu-ray-Filme nicht zum Laufen bringen. Der externe Blu- ray-Brenner lief übrigens auch am älteren Mac mini und dürfte in gleicher Weise auch mit allen Macs ab 2-GHz-lntel-CPU und mindestens interner nVidia-Gra- fik harmonieren.
Auf einem probeweise ver- wendeten, etwas älteren und nicht HDCP-fähigen Eizo-Moni- tor wurden die Filme nur von Co- rels WinDVD 10 dargestellt. Die beiden anderen Abspielpro- gramme bemängelten, dass das System nicht HDCP-fähig sei und beendeten die Filmwiedergabe nach dem Vorspann, da sie die Kopierschutzkette nicht vollstän- dig bilden konnten. Auch ein Wechsel vom HDMI- auf den Mini DisplayPort änderte das Er- gebnis nicht. Ob der eigene Mo- nitor, aber auch die Grafikkarte im Rechner HDCP-fähig ist, be- antwortet das kostenlose Win- dows-Tool Cyberlink BD Advisor.
Fazit
Blu-ray-Filme auf dem Mac an- zuschauen ergibt in Anbetracht der Kosten für Windows, zusätz- licher Player-Software und Lauf- werk wenig Sinn. Ein Blu-ray- Player für den Fernseher kommt da günstiger. Im Vergleich zu Filmdateien auf der Festplatte ist das Hantieren mit gekauften Blu-ray-Filmen für Mac-Anwen- der viel zu kompliziert. Solange Apple seine Ablehnung gegen den DVD-Nachfolger nicht über- denkt, wird das wohl auch so bleiben. Blu-ray-Scheiben als Langzeitarchiv können dagegen auch Mac-Anwender problem- los nutzen.