Bist Du Biodeutsch oder MiMiMi?

Was steht denn in dem Artikel drin? Nicht jeder hat ein Süddeutschen-Abo.

Es ging in dem Artikel um genau die besagte Problematik - wie nenne ich denn jetzt Mitbürger mit Migrationshintergrund oder Deutsche mit Migrationshintergrund, und wie verhalte ich mich oberkorrekt? Für mich wichtig war nur, dass die Autorin eine Frau namens Aaliyah, die in Deutschland geboren war, zur Deutschen erklärte. Und die Deutschen im Gegenzug zu BIOdeutschen. Da sag ich: Nö. Von mir aus kann Aaliyah Deutsch sein, wenn sie sich Deutsch fühlt (mich würde interessieren ob sie es tut, und warum) - ich lasse mich aber nicht Biodeutsch nennen.
 
Ich bin eine echter Deutscher, wie auch meine Kinder.
Ich habe eine italienische Urgroßmutter, große Teile der Vorfahren meines Vaters sind aus Böhmen, meine Mutter hat u.a. dänische Vorfahren.
Meine Schwiegermutter hat französische Hugenotten unter ihren Vorfahren und mein Schwiegervater war Grieche.

Was ein Durcheinander....:D

..Ich bin halb Kartoffel, halb Spaghetti und mag beides. Die Entscheidung meine Urne entweder in einem Kartoffelacker oder im Spaghettifeld vergraben zu lassen wird nicht einfach sein.

Mmmh, so ein grenzüberschreitendes Grab wird sicher schwierig werden, da Italien und Deutschland keine gemeinsame Grenze haben.
Aber wer weiß was die EU noch so alles zustande bringt...:D

Aber was soll WollMac dann machen?

Der kann nur noch die Asche über Deutschland, Frankreich, Italien, Dänemark, Polen und Griechenland verstreuen lassen.

PS: Mir ist es egal egal wo ich begraben oder verstreut werde, sollte aber nicht zu heiß und auch nicht zu kalt sein. Dauerregen mag ich auch nicht.
Ich bin zwar Deutscher ohne Migrationshintergrund, aber in Wirklichkeit wie wir alle, ehemaliger Afrikaner. Gut, das ist nun schon eine Weile her, hat aber immer noch Gültigkeit.

Trotzdem ist der Umgang mit anderen Kulturen eben nicht ganz einfach, man denke nur an innerdeutsche Kulturen > z.b. Ostfriesland und Bayern...;)

Zum Begriff Biodeutscher, den ich bis heute noch gar nicht kannte:

http://de.pluspedia.org/wiki/Biodeutscher
 
Es ging in dem Artikel um genau die besagte Problematik - wie nenne ich denn jetzt Mitbürger mit Migrationshintergrund oder Deutsche mit Migrationshintergrund, und wie verhalte ich mich oberkorrekt? Für mich wichtig war nur, dass die Autorin eine Frau namens Aaliyah, die in Deutschland geboren war, zur Deutschen erklärte. Und die Deutschen im Gegenzug zu BIOdeutschen. Da sag ich: Nö. Von mir aus kann Aaliyah Deutsch sein, wenn sie sich Deutsch fühlt (mich würde interessieren ob sie es tut, und warum) - ich lasse mich aber nicht Biodeutsch nennen.

Aha. Na - mitgefangen, mitgehangen! :D
 
Es ging in dem Artikel um genau die besagte Problematik - wie nenne ich denn jetzt Mitbürger mit Migrationshintergrund oder Deutsche mit Migrationshintergrund,

Also ich nenne sie Herrn Dogan, Frau Bogojevic oder im Kollegenkreis wenn "geduzt" wird einfach Bessim oder Anselmus...und nun?
:noplan:
 
Es ging in dem Artikel um genau die besagte Problematik - wie nenne ich denn jetzt Mitbürger mit Migrationshintergrund oder Deutsche mit Migrationshintergrund, und wie verhalte ich mich oberkorrekt? Für mich wichtig war nur, dass die Autorin eine Frau namens Aaliyah, die in Deutschland geboren war, zur Deutschen erklärte. Und die Deutschen im Gegenzug zu BIOdeutschen.

Meine Güte.
Ich versteh' diese Diskussion nicht. Sind doch alles Leute mit den gleichen Rechten, die sogar von hinten-unten alle ziemlich gleich aussehen. Warum kann man dann nicht einfach alle gleich behandeln.

Ich erinnere mich noch halbwegs an einen Englischaufsatz in der Schule über den "melting pot" New York. Die Vermischung der Kulturen kann doch höchstens den eigenen Horizont erweitern.

Ich erinnere mich noch gut an die Geschichten von meinen Eltern/Großeltern, als damals Waren aus der Gegend um Trier ins Saarland geschmuggelt wurden. Selbst habe ich noch erlebt, wie man mit ca. 15 Minuten Autofahrt das Vergnügen von drei Grenzkontrollen hatte.

Und jetzt sind diese Grenzen weg, das ist doch super. Ich verstehe gar nicht, wie man das nicht toll finden kann.

Natürlich sind Kontrollen sicher. Klar, ich will ja auch nicht, dass ich neben 20 Bewaffneten im Airbus sitze, aber diese (gar nicht so alte) Freiheit muss doch so langsam mal in den Köpfen ankommen.

Neulich haben wir das Elternhaus von Vaddern der Stadt zur Verfügung gestellt. Zunächst wird dort eine syrische Familie ein neues Zuhause finden, im Verlauf des Jahres kommen da evtl. noch weitere Familien.

Wenn man sich mal die Geschichte von den Leuten, ein Vater, seine Mutter und sein Sohn, anhört, dann möchte man nicht unbedingt tauschen.

Die Leute sind ja nicht in Deutschland, weil Deutschland so toll ist, sondern weil in der Heimat Armut, Hungern, Verfolgung und evtl. sogar der Tod wartet. Der Mann hätte auch lieber noch seine Frau und Tochter dabei, aber die hatten noch keine Möglichkeit zur Flucht.

Und da kann ich es nicht fassen, dass solche Geschichten nicht ausreichen, die Pegida-Fuzzies zuhause zu lassen.
Letztendlich verstehe ich sogar deren Angst. Klar, die haben Angst um ihre Existenz, um ihre Jobs, vielleicht ist auch die Angst vor zunehmender Kriminalität real, aber die Empfänger des Protestes sind die Falschen.
Hier geht es um Novellierung im System, in der Politik und in den Strukturen.
Die Flüchtlinge und Migranten sind die falschen Sündenböcke.

Ausserdem: wenn sich die Mehrheit derer, die ihren Stammtischrassismus betreiben, als Abendländer bzw. Christen sehen, dann frage ich mich, wo die christlichen Gebote geblieben sind.
 
[FONT=Verdana, Arial, Calibri, Geneva, Tahoma, sans-serif]Nein, da bist Du nicht allein. Das denken viele. Es ist sozusagen Mainstream, um ein wunderbar übernationales Wort zu benutzen. Es ist nur ganz offensichtlich so, dass das nicht stimmt.[/FONT]

Aha, warum nicht?
 
Aha, warum nicht?
Du kannst nicht einfach für überholt erklären, was für eine bedeutenden Teil der Menschen nicht überholt, sondern essenziell wichtig ist. Dieses Wegerklärten von unbequemen Phänomenen ist es gerade, was die Probleme immer weiter verschärft. Das müsste nach Jahrzehnten erfolgloser Propaganda für die Freuden der »multikulturellen Gesellschaft«, die noch genau so viele wie vorher als unerfreulich empfinden (wenn es nicht mehr geworden sind), doch mal in die Köpfe dringen. Allerdings scheint es doch nicht so zu sein. Ein (letztlich unbedeutendes) Phänomen wie PEGIDA wird von den Journalisten als gute Gelegenheit begriffen, mal wieder eine neue Sau durchs Dorf zu treiben, bis es langweilig geworden ist, und von den anderen wird erklärt, dass man genauso weitermachen muss wie bisher: Man darf nicht zur Kenntnis nehmen, dass es da anscheinend ein Problem gibt, sondern man muss denen, die es formulieren, erklären, dass sie dumm sind und von etwas reden, was es nicht gibt. Wobei schon das schlecht genug ist, denn ein richtig guter Demokrat redet gar nicht mit diesen Leuten und wartet lieber selbstzufrieden ab, bis die Bombe richtig hochgeht. Mir ist dieses Übermaß an arroganter Dummheit unbegreiflich.
 
Bin ich damit alleine, wenn ich denke, dass heutzutage dieses Nationalitätendenken hemmungslos überholt ist?

Zwar bin ich Deutscher, in Deutschland geboren, aber ich finde eigentlich nichts am Klischee-Deutschsein, mit dem ich mich auch nur im entferntesten identifizieren könnte.

Ganz im Gegenteil, dieser subtile, aber brodelnde Stammtischrassismus, der neu aufkeimende Patriotismus, die Angst vor Neuem, die Xeno- und Homophobie, das alles widert mich dermassen an, da will man mit dem Stempel "Ich bin Deutscher" wahrlich nicht hausieren.

Die Kulturen vermischen sich, die Leute sollen endlich leben können, wo sie und lieben wen sie wollen.

Ich will mir über Herkunft eigentlich keine Gedanken machen. Nette Leute gibt's überall, die weniger netten ebenso.


Edith sagt:

Bevor jetzt die Rufe kommen:"Wenn's Dich hier so ankotzt, dann geh doch!"

Nö, warum denn? Letztendlich ist hier meine Heimat. Nur ist's mir vollkommen wurscht, welche Flagge hier gehisst wird.
Außerdem kann man sich immer dafür einsetzen, die Dinge, die man selbst als Missstand empfindet zu verbessern.

Ich bin ein Knödel - Bio-Süddeutscher mit - tatsächlich - beiderseitigem Ariernachweis bis ins 15. Jahrhundert. So what? Derzeit bin ich Ausländer, weil ich nicht in Deutschland wohne/arbeite. Ich bin Europäer mit Deutsch-Hintergrund (Eumidehi :hehehe:). Fühle ich mich als "Deutscher"? Sosehr, daß ich mich manchmal mit meiner ebenfalls Bio-Süddeutschen Frau auf Griechisch unterhalte, wenn deutsche Touristen in der Nähe sind ;)
Ist Deutschland meine Heimat, oder doch nur die Stadt, in der ich ausgewachsen bin? Ich würde sagen: letzteres, mit Norddeutschen verbindet mich ausser einer gewissen beiderseitigen Verständigungsfähigkeit nicht sehr viel (obwohl ich viele Jahre in Norddeutschland gelebt und gearbeitet habe).
Ansonsten ist mein Motto: Daheim ist, wo ich Dunkeln den Kühlschrank finde.
 
Weil Sauerkraut (choucroute alsacienne) das typische Gericht im Elsaß ist, und der Elsaß ist mittlerweile französisch, und die Franzosen bestreiten natürlich vehement, daß da irgendetwas deutsch ist oder je deutsch war…
Irgendwie symptomatisch für das ganz alberne Rumgetue mit Nationalismen


Nebenbei: als ich den Threadtitel las, war mir klar: Früher war ich mal Biodeutscher, aber seit etwa zehn Jahren muß ich regelmäßig Produkte der Pharmaindustrie nehmen, kein anständiger Händler würde mich noch als "Bio" verkaufen.
 
Ansonsten ist mein Motto: Daheim ist, wo ich Dunkeln den Kühlschrank finde.
Da fühl ich mich dann, nicht nur aufgrund schneller Auffassungsgabe bei Wohnungsgrundrissen und weil Kühlschränke doch meistens nur an wenigen Plätzen in der Küche stehen, an sehr vielen Orten zuhause.

Das mit dem Untereinanderfremdspracheln im Ausland hab ich früher auch gerne gemacht, nicht aus Scham oder um nicht angesprochen zu werden, sondern aus purer Lust am unauffälligen Mithören, was die Leute so reden, wenn sie denken, niemand versteht sie. Weil der normale Urlaubsdeutsche ja im Urlaub (früher zumindest) immer je nach Typ entweder davon ausging, daß gefälligst jeder ihn verstehen müsse oder daß kein Mensch irgendwo deutsch verstünde.
 
Du kannst nicht einfach für überholt erklären, was für eine bedeutenden Teil der Menschen nicht überholt, sondern essenziell wichtig ist.
Für einen bedeutenden Teil der Menschheit scheint Religion essentiell wichtig zu sein, bis hin zum Glauben, daß man sich als selbstsprengender Mitläufer 72 Elemente des Gebrauchsguts "Jungfrau" aneignen kann, und von mir aus können das noch viel mehr glauben - es ist überholt, die Menschheit, wenn auch vielleicht nicht in ihrer Masse, ist geistig längst weiter.
Als Kopernikus, Kepler, Galilei erkannten, wie es mit Sonne, Erde & Co. stand, waren alle früheren Mutmassungen überholt, auch wenn Millionen Desinformierter weiterhin daran glaubten und viele vielleicht heute noch daran glauben.


Du kannst nicht einfach für überholt erklären, was für eine bedeutenden Teil der Menschen nicht überholt, sondern essenziell wichtig ist. Dieses Wegerklärten von unbequemen Phänomenen ist es gerade, was die Probleme immer weiter verschärft. […] sondern man muss denen, die es formulieren, erklären, dass sie dumm sind und von etwas reden, was es nicht gibt.
Tja, wenn es denn in irgendeiner Form tatsächlich ein reales Problem wäre, da vor die Pegida-Hochburgen sind. Dumm nur, daß gerade da die allerwenigsten Ausländer leben, und daß in Städten mit vielen Fremden wie Hamburg oder Frankfurt oder Berlin das keineswegs so ein Problem zu sein scheint - obwohl gerade in Berlin tatsächlich eine Art Ghettoisierung, eine Nebengesellschaft vorhanden zu sein scheint.
Das schreit doch irgendwie danach, daß da ganz andere Sorgen missbraucht werden, instrumentalisiert werden. Und wer sich dafür mißbrauchen lässt, der ist tatsächlich dumm. Wer keine Arbeitsstelle hat und dann den Flüchtling aus einem Bürgerkrieg verantwortlich macht, der keine anerkannte Ausbildung hat und nicht deutsch spricht, der muß dumm sein, wenn er glaubt, der würde ihm seinen anspruchsvollen Arbeitsplatz wegnehmen.

Mit den Leuten reden sollte man als Politiker allerdings schon, mindestens mit den Mitläufern, Opfern. Nie die Hoffnung aufgeben (wer das tut, sollte sich vielleicht besser aus der Politik zurückziehen). Wer durch Sprüche zu etwas hinmanipuliert werden kann, kann vielleicht auch durch Sprüche zurückmanipuliert werden. Siehe Bayern. Die CSU kann Politikwende auf Politikwende vollziehen, ihre Gläubigen hören immer auf die neuen Argumente (nur böse Zungen sagen, daß sie überhaupt nicht hinhören sondern einfach CSU wählen, egal was passiert).
 
Für einen bedeutenden Teil der Menschheit scheint Religion essentiell wichtig zu sein, bis hin zum Glauben, daß man sich als selbstsprengender Mitläufer 72 Elemente des Gebrauchsguts "Jungfrau" aneignen kann
Der erste Teil desSatzes trifft tatsächlich für einen bedeutenden Teil der Menschheit zu, der zweite nur für eine verschwindende Minderheit. Diese Art Polemik, die auf Verdrehung der Tatsachen und Missachtung der Gegner in einer Debatte basiert, führt zu nichts als zur Verschärfung der Konfrontation. Aber vermutlich ist es auch genau das, was Du gern haben möchtest, weil diese Dir unter der für Dich wohl selbstverständlichen Voraussetzung, dass Du auf der richtigen Seite bist, zur Stärkung Deines Selbstwertgefühls verhelfen kann.

es ist überholt, die Menschheit, wenn auch vielleicht nicht in ihrer Masse, ist geistig längst weiter.
Wer legt das fest? Du?

Als Kopernikus, Kepler, Galilei erkannten, wie es mit Sonne, Erde & Co. stand, waren alle früheren Mutmassungen überholt, auch wenn Millionen Desinformierter weiterhin daran glaubten und viele vielleicht heute noch daran glauben.
Ja, und die Mutmaßungen von Kopernikus und Galilei waren bald auch überholt, auch wenn heute noch viele an ihre unumschränkte Gültigkeit glauben. Allerdings sitzt Du eine Irrtum auf, wenn Du Religion für eine Art altmodischer Naturwissenschaft hältst. Da fehlt Dir schon mal grundlegendes Wissen, dass Du Dir vermutlich auch nicht aneignen können wirst, weil Du Dir zu sicher bist, dass Du schon längst alles weißt, was sich zu wissen lohnt.
Ein anderes ist, dass Du Dir einfach herausnimmst, Milliarden Menschen für blöd zu erklären, nur weil Du an andere Modelle der Welterklärung glaubst als sie. Das ist nicht gerade intelligent. Vor allem aber ist es das sicherste Mittel, jedem Dialog von vornherein unmöglich zu machen. Ob das eine gute Taktik ist, muss man sicherlich nicht fragen. Sie kann nur zur gewaltsamen Auseinandersetzung führen, ist also keinen Deut besser als die der religiösen Fanatiker auf der anderen Seite, ja sie ist nichts als das passgenaue Gegenstück zu diesem Fanatismus.


Tja, wenn es denn in irgendeiner Form tatsächlich ein reales Problem wäre, da vor die Pegida-Hochburgen sind.
Ja, das ist genau dieselbe Arroganz wie der Religion gegenüber. Wenn Du dauernd Kopfschmerzen hast, wirst Du Dir sicher nicht erklären, dass Du keine Kopfschmerzen hast, weil das aus irgendwelchen Gründen gar nicht sein kann. Sondern Du wirst vermutlich nachforschen, woher das kommt und dann versuchen, die Ursache (sei es ein Haltungsfehler, sei es eine Infektion, sei es ein Hirntumor) zu beseitigen. Genauso ist das auch mit den Menschen. Wenn sie ein Unbehagen artikulieren, ist es nicht besonders produktiv (in Wahrheit ist es saudumm), ihnen zu erklären, das es keinen Grund für dieses Unbehagen gibt. Die Tatsache, dass sich die Leute in Dresden gegen die angeblich bevorstehende Islamisierung des Abendlandes aussprechen, ist nicht damit außer Kraft gesetzt, dass man erklärt, dass es dort ja kaum Muslime gibt. Das funktioniert nur, wenn man annimmt, dass die Leute dort keine Zeitung lesen, keinen Fernseher haben und nichts von der Welt wissen, als was sich in Dresden und Umgebung abspielt. Diese Haltung ist jedenfalls dümmer als das Geschwätz der PEGIDA-Leute. Vernünftiger wäre, nachzuschauen, was denn da los ist, wieso sie solche Dinge äußern, den Ursachen des Problems auf den Grund zu gehen und diese zu beseitigen. Und zu diesen Ursachen gehört auf jeden Fall, dass man Leuten wie diesen einfach immer wieder erklärt, dass sie dumm sind, und dass sie außerdem die »multikulturelle Gesellschaft« (übrigens ein erstaunlich dummer Begriff, der genau das Gegenteil von dem fördert, was er angeblich befördern will, was mit Sicherheit kein Zufall ist) – dass sie diese multikulturelle Gesellschaft ganz toll finden, und dass sie sich irren, wenn sie meinen, das sie sie nicht toll finden, oder, falls das wirklich so sein sollte, einfach zu dumm sind, als das man mit ihnen sprechen müsste.

Übrigens: Wenn da Sorgen instrumentalisiert werden (was wohl so sein mag), sind da Leute am Werk, die das geschickt betreiben. Wäre es dann nicht klüger, selbst geschickter zu sein, statt ihnen das Feld kampflos zu überlassen? Man hat diese Taktik jahrzehntelang betrieben, indem man den Rechten das Feld der Frage der Nation und der nationalen Identität kampflos überlassen hat. Die Konsequenzen sieht man jetzt, und es hat gar keinen Zweck, zu erklären, dass es das Problem nicht gibt, weil es nun mal da ist. Und man könnte doch mal aus Schaden klug werden. So schwer ist das ja nun wieder nicht. Man müsste dazu nur eine der Grundtugenden der Demokratie aktivieren, die auch zu den vielberufenen »Werten der Aufklärung« gehört, die wir ja angeblich verteidigen: den gleichberechtigten, auf gegenseitigem Respekt basierenden Dialog. Der ist allerdings schwierig, und man fällt dabei auf die Nase, wenn man keine Argumente hat. Mit Geschichten über 72 Jungfrauen und Festlegungen, was die Wahrheit ist, kommt man da nicht weit.
 

Ach ja natürlich, Krauts! Wie konnte ich das vergessen!
Die Spaghettis (meine italienische Verwandtschaft) schickten in den Nachkriegsjahren fleißig Polenta nach Vaters Deutschland zu meinen deutschen Verwandten, damit die kleine Postnazibrut nicht hungern musste.

Leider hat es meiner Mutter nicht geholfen, die Kandidatin hatte null Sympathiepunkte, obwohl sie schön und schüchtern war. Leider zu schüchtern, die deutsche Verwandtschaft hat sie ausgegrenzt und regelrecht gekränkt, besonders meine deutsche Oma. Als Kind hat man dafür sehr feine Antennen. Eine sehr böse Nachbarin hat sich ständig in meiner Gegenwart mit anderen über meine Mutter lustig gemacht. Heute ist das kaum noch vorstellbar, Unterschiede in den Kulturen verblasst, Italiener gehören z. B. wie die Griechen :D zu uns.

Zu meiner deutschen Verwandtschaft habe ich keinen Kontakt mehr, unter anderem wegen der Behandlung meiner Mutter. Meine italienische, zu der ich Kontakt pflege, ist um Klassen herzlicher.

Trotzdem könnte ich jetzt nicht sagen, wohin ich eigentlich gehöre. In der Vergangenheit habe ich mich gefreut, wenn man mich als nichtdeutsch bezeichnet hat, aber ich war stolz, wenn eine Freundin mich als typisch deutsch benannt hat. Mit einem Migrantenhintergrund passend zum Thema hier kann ich nicht glänzen, aber ich kann in etwa nachempfinden, wie sich integrierte, nicht Biodeutsche (klingt nach geodelter Landwirtschaft) sich fühlen.
 
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