Soso, im Einzelhandel übernimmt also der Laden die Verantwortung für den "etwaigen Unsinn", den die Verkäufer verzapfen? Das wär mir neu. Wie genau äussert sich das denn? Erzähl mal ein konkretes Beispiel, wie das bei dir gelaufen ist!
Zuerst: Dein mokantes "Soso" kannst du dir sparen. Lass uns bei netten Umgangsformen bleiben.
Für den Fachhandel existiert eine Aufklärungs- und Beratungspflicht. Der Käufer muss über die für den angegebenen Verwendungszweck bedeutsamen Eigenschaften des Kaufgegenstands aufgeklärt werden. Bekommt er falsche oder unzureichende Auskünfte, kann er Schadenseratz verlangen.
Ich bin kein Jurist und kann deshalb nicht nachweisen, wo genau das wie festgelegt ist. Es wird eine Mischung aus Gewohnheitsrecht, UWG und anderen Gesetzen sein (
Beispiel §5 UWG), vor allem jedoch in der laufenden Rechtsprechung, nach der sich dann auch die nachfolgenden Urteile in der Regel richten. Ich denke, da kannst du endlos weitere Forschungen anstellen.
Unbestreitbar aber dürfte sein, dass diese Beratungs- und Aufklärungspflicht allgemein als Teil der Geschäftsgrundlage angenommen wird. Ein Fachhändler, der das missachtet und mehrfach falsch oder unzureichend berät, dürfte schon aufgrund der Mund-u-Mund-Propaganda Schaden nehmen, von etwaigen Prozessen ganz zu schweigen.
Im Internethandel ist das im Prinzip nicht anders. Grundsätzlich haften Portalbetreiber aber nur für eigene Inhalte, bei Amazon beschränkt sich das also auf die Produktbeschreibung. Als Beratung kann man die ja nicht bezeichnen, diese Funktion übernehmen die Kundenbewertungen.
Bei Amazon können Kunden ihre Bewertungen nun frei einstellen und schreiben, was sie wollen. Grenzen gibt es nur im allgemein üblichen strafrechtlichen Rahmen, also für Schmähkritiken, Beleidigungen etc. Es besteht keine Pflicht von Amazon zur Prüfung der Inhalte (Kammergericht vom 15.7.2011, Az. 5 U 193/10). Wenn Amazon Hinweis auf eine rechtswidrige Kundenbewertung bekommt, muss das Unternehmen tätig werden und prüfen, was dran ist.
Das betrifft im wesentlichen aber nur die Konflikte zwischen Anbietern und Produzenten einerseits und Kunden andererseits. Vor kurzem ging eine
Klage durch die Presse, in dem ein Amazon-Kunde von einem Marketplace-Händler auf 70.000 Euro Schadensersatz verklagt wurde, weil er angeblich eine "falsche Tatsachenbehauptung" geschrieben habe. Ein Vergleich vor Gericht ist gescheitert. Wenn das Schule macht, werden sich Kunden in Zukunft sehr vorsehen müssen, was sie in ihre Bewertungen schreiben.
Und zu deiner Bitte, mal ein selbst erlebtes positives Beispiel zu nennen. Grade erlebt: Für die Wertermittlung beim Ende eines Leasingvertrages hat eine Firma, die Apple-Produkte vertreibt, mir eine unzutreffende Auskunft gegeben. Als Restwert des geleasten MacPro wurde von der Leasinggesellschaft ein höherer Betrag angesetzt als bei Abschluss des Vertrages angekündigt. Da ich den Rechner gern übernehmen möchte, muss ich natürlich den höheren Preis bezahlen. Der Verkäufer hat sich entschuldigt, er habe nicht voraussehen können, wie stark die alten Modelle seit Markteinführung des aktuellen Modells im Preis steigen würden, und auf die Berechnung der Leasinggesellschaft habe er keinen Einfluß. Er bot mir an, beim nächsten Kauf die Differenz anzurechnen.