Wenn Blogger Kasse machen

Willeswind schrieb:
Wenn ein »Schwätzer« nun mal viele Zugriffe auf seinen Blog zu verzeichnen hat, dann scheint der Bedarf ja da zu sein …
Dann müsste ich also die Frage „Woher dieser persönliche Mitteilungsdrang?“ umformulieren in „Woher rührt dann der Bedarf an solchen persönlichen Einblicken“?
Willeswind schrieb:
…warum soll er sich das dann nicht mit ein paar Werbebannern vergolden sollen?
Weil es nicht angemessen ist. Es ist so, als ob ein Frosch mit Muhen Geld verdienen wollte.

Willeswind schrieb:
Außerdem geht es bei Blogs ja nicht nur um »Tagebücher«. Blogs sind ein Kommunikationsmittel, wie es viele andere auch gibt.
Einen Blog als Kommunikationsmittel wie viele andere zu bezeichnen, das kann man zum einen durchaus. Zum anderen muss man sagen: Man würde ja auch nicht, wenn das Telefon klingelt und ein Fremder anruft, diesem Fremden am Telefon seine persönlichen Erlebnisse der letzten Woche oder der vergangenen Reise erzählen. Genauso wenig würde man sich auf einen Marktplatz stellen (=Forum) und vor tausend fremden Menschen, auch wenn sie zufälligerweise das gleiche Fahrrad fahren wie man selbst, selbige persönlichen Erlebnisse der Woche oder der Reise rausposaunen. Oder macht jemand genau das? (also auf dem Marktplatz:p)
Willeswind schrieb:
Es gibt welche, die von gut ausgebildeten Journalisten betrieben werden. Mir persönlich wäre es lieber, das ein intelligenter, gut ausgebildeter Schreiber, der seine individuelle Meinung kundtun will, damit sein Geld verdient - bevor ihn der Hunger eines Tages in die Fänge der Springerpresse treibt… ;)
Die Blogs von gut ausgebildeten Journalisten nehme ich von meiner „Kritik“ aus. Denn die haben das Schreiben ja gelernt und noch wichtiger: Das Talent dazu. (Ausnahmen gibt es natürlich auch hier). Überdies meine ich, dass sie sich weniger auf persönlichem Feld darstellen wollen, sondern einfach ihrer journalistischen Ader folgen und Themenbereiche runterschreiben, manchmal auch sehr originell. Und wenn wir bildblog als Beispiel nehmen, dann stehen da ja gestandene Journalisten dahinter, die zudem ein Ziel verfolgen. Bildblog ist also sinnvoll und sicherlich auch Geldes wert.
 
Fueher haben sich die Leute mit Diavortraegen in Gemeindesaelen mit ihren Reiseberichten vorgestellt - heute machen sie das mit einem blog, der in 30 Minuten von einem absoluten Laien zusammengeklickt ist.

Menschen die ein Mitteilungsbedurefnis haben und irgend etwas mit anderne Teilen wollen aus was immer fuer Motiven, hatten es noch nie so einfach wie heute. Und ich glaube, es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Motiven.

Ich verstehe deinen Ansatz nicht. Sollten nur die etwas veroeffentlichen die es gelernt haben zu Schreiben und zu Fotografieren um dich damit vor der puren Existenz von Amateuren im gleichen Medium zu schuetzten.

Die Nachfrage regelt in dem Fall den Erfolg des Angebots wie nirgendwo sonst. Es herrscht eine Chancengleichheit die es sonst in keinem Massenmedium gibt, weil allen (die keiner Zensur unterliegen) die selben technischen Resourcen und der gleiche Vertriebsweg ohne Einschraenkung und sehr kostenguenstig zur Verfuegung stehen. Das ist doch sehr spannend - bei dir klingt es aber eher nach einer Art visueller Belaestigung auf deinem Weg durchs Internet, durch die du dich muehsam kaempfen musst und die den Wert des professionelle und substanziell gemachten Internetauftritts gefaehrden wuerde
 
Spee schrieb:
Kann mir mal einer sagen, was diese Blogs genau sind? Überall hört und liest man davon...

Für mich besteht der Unterschied einfach darin, dass Blogs dynamischer, aktiver und aktueller sind als andere Formen des Web-Publishing. Der Charakter, persönliche Kommentare zu aktuellen Ereignissen abgeben zu können, erlaubt es im Unterschied zu reinen News auch, ziemlich kritische Aspekte anzusprechen. Bei vielen Blogs steht der persönliche Charakter durchaus nicht im Vordergrund (oder nur scheinbar). Ich führe z.B. einen anthroposophiekritischen Blog und werde durchaus mit Informationen von vielen Personen -auch Journalisten- versorgt, die nirgendwo sonst publiziert werden. Ich muss auch keine Sorge vor verärgerten Inserenten haben, denn es gibt keine.
 
lundehundt schrieb:
Ich verstehe deinen Ansatz nicht.
Dein Satz ist nicht unberechtigt, da ich selbst noch etwas ratlos bin.
lundehundt schrieb:
Menschen die ein Mitteilungsbedurefnis haben und irgend etwas mit anderne Teilen wollen aus was immer fuer Motiven, hatten es noch nie so einfach wie heute. Und ich glaube, es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Motiven.
… Das ist doch sehr spannend - bei dir klingt es aber eher nach einer Art visueller Belaestigung …
Man wäre ganz gewiss dumm und dämlich und ignorant, das Internet und all seine Möglichkeiten nicht zu schätzen. Spannend finde ich es natürlich auch.
Mich würde aber tatsächlich diese Vielzahl der Motive interessieren, das wäre der psychologische Ansatz.
Im Prinzip ist mein Ansatz vermutlich der, auf einen kollektiven Exhibitionismus hinaus zu wollen und auf ein Sinken von Hemmschwellen, Privates und Unsinniges (nicht im Sinne von komisch oder originell, schön wäre es:p) Wildfremden mitteilen zu müssen. Und damit läuft mein Ansatz leider auch unweigerlich auf „Gesellschaftskritik“ hinaus. Die Frage ist, wird dieses „Fremden-Mitteilen“, nennen wir es „fremdteilen“, weiter zunehmen und Auswüchse bedingen oder übersättigt im Gegenteil diese Blog-Schwemme bald nicht nur meine Wenigkeit und kann demnach ohnehin totgeschwiegen werden. Um bei deinem Beispiel des Diavortrags zu bleiben, einen solchen gab es vermutlich einmal im Jahr in solch einem Gemeindesaal und nicht zigtausendfach täglich, von Schülern, Hausfrauen, Kreti, Pleti, Legasthenikern und „Disästhetikern“.

lundehundt schrieb:
bei dir klingt es aber eher nach einer Art visueller Belaestigung auf deinem Weg durchs Internet, durch die du dich muehsam kaempfen musst und die den Wert des professionelle und substanziell gemachten Internetauftritts gefaehrden wuerde
So schlimm ist es nicht, man kann ja wegklicken.:p Aber etwas ist auch an dieser Aussage dran, ich persönlich störe mich tatsächlich an einigem, was unprofessionell daher geschrieben ist. Und ich denke tatsächlich (lach jetzt nicht), dass die deutsche Sprache noch mehr aufgrund dieser Blogs Schaden nehmen wird. Zudem handelt es sich bei vielen Blogs um Zeitfresser, denn man erkennt ja nicht auf Anhieb den Nullgehalt einer Website.

lundehundt schrieb:
Es herrscht eine Chancengleichheit die es sonst in keinem Massenmedium gibt, weil allen (die keiner Zensur unterliegen) die selben technischen Resourcen und der gleiche Vertriebsweg ohne Einschraenkung und sehr kostenguenstig zur Verfuegung stehen.
Man kann hier nicht von Chancengleichheit im klassischen Sinn reden. Es ist, als ob du sagen würdest, es besteht Chancengleichheit beim Atmen. Denn jeder glaubt, etwas daher schreiben oder fotografieren zu können. Das ist ja das Tragische an der Matiere. Deswegen habe ich gesagt, beim Programmieren ginge das nicht so einfach oder nehmen wir einen Arzt als Beispiel. Zwar leben die meisten im Irrglauben schreiben und fotografieren zu können, aber in Wirklichkeit können das eben nicht so viele. Früher blieben Schulaufsätze in der Schule und da gehören sie hin. Heute glaubt man also mit Schulaufsätzen Geld machen zu können? Das Gleiche gilt für Fotos. Nur die wenigsten können wirklich fotografieren, die meisten davon haben es professionell gelernt, die Zahl der Autodidakten ist geringer. Doch selbst für die Autodidakten gilt: Sie haben Talent. Tja, so weit hat uns die Meinungsfreiheit gebracht.:p „Scheiß Meinungsfreiheit“.:p Ich nehme alle meine Postings aus den Karikaturenfreds zurück.:p
 
Die Kehrseite des "Wenn Blogger Kasse machen":
"Several prominent weblogs have been hit with distributed denial of service (DDoS) attacks in recent weeks, as the target list for digital attackers continues to broaden. While some of the attacks appear to be politically motivated, on Monday a DDoS struck one of the blogosphere's most financially successful bloggers.

Australian Darren Rowse confirmed that an outage Monday on his ProBlogger weblog was caused by a DDoS, but provided no details about the attackers or their motives. Rowse gained international attention last year when he revealed that he would make more than $100,000 as a solo blogger in 2005, primarily through earnings from Google AdSense advertising and commissions from affiliate referral programs.

Has the success of professional bloggers made them viable financial targets for professional DDoS attackers? Sites with large volumes of transactions are the primary targets for a cottage industry of digital extortionists using DDoS attacks, usually launched through large botnets of compromised computers. These attacks have previously targeted online betting sites, payment gateways, domain parking services and even online games.

An earlier series of attacks targeted the blog of Michelle Malkin, who led a movement among bloggers to mirror the controversial cartoons of the Prophet Mohammad that initially appeared in a Danish magazine. The attacks began Feb. 15, and escalated on Feb. 23, when an attack from a botnet in Turkey forced Malkin to post on the Pajamas Media weblog until her main site was available again.

The attacks on Malkin's blog appear to be part of a broader pattern of hacker activism targeting sites that have featured the cartoons, including the defacement of hundreds of sites as well as denial of service attacks."

http://news.netcraft.com/archives/2006/02/28/ddos_attacks_target_prominent_blogs.html
 
quomodonam schrieb:
Blinkende Bannerwerbung nervt wirklich, aber der springende Punkt ist: Wieso sollte man mit nichtsagenden Ergüssen Geld machen können?
Du wunderst dich darüber? Hast du dir schonmal das Nachmittagsprogramm eines nahezu beliebigen Fernsehsenders angesehen? Wenn ich mir Sat.1, ProSieben und vor allem RTL.2 so anschaue, denke ich, dass das Niveau in den meisten Blogs weit höher sein dürfte. Trotzdem machen die Sender damit genug Kohle. Das ist also kein Phänomen der Blogger-Szene, sondern hat eher damit zu tun, dass sich das Angebot hier wohl der Nachfrage (nach nichtssagenden Ergüssen) anpasst.

Genauso wenig würde man sich auf einen Marktplatz stellen (=Forum) und vor tausend fremden Menschen, auch wenn sie zufälligerweise das gleiche Fahrrad fahren wie man selbst, selbige persönlichen Erlebnisse der Woche oder der Reise rausposaunen. Oder macht jemand genau das? (also auf dem Marktplatz)
Zumindest was ein Forum betrifft, hinkt der Vergleich gewaltig. Denn ein Marktplatz ist ein öffentlicher Platz, an den die Leute kommen, um einzukaufen, oder an dem sie eben vorbeikommen. Ein Forum ist ein Ort, wo Leute genau zu dem Zweck hinkommen, sich mit anderen auszutauschen. Es ist also mehr eine Art großer und öffentlicher Stammtisch als ein Marktplatz.
 
FloFH schrieb:
Du wunderst dich darüber? Hast du dir schonmal das Nachmittagsprogramm eines nahezu beliebigen Fernsehsenders angesehen? Wenn ich mir Sat.1, ProSieben und vor allem RTL.2 so anschaue, denke ich, dass das Niveau in den meisten Blogs weit höher sein dürfte. Trotzdem machen die Sender damit genug Kohle. Das ist also kein Phänomen der Blogger-Szene, sondern hat eher damit zu tun, dass sich das Angebot hier wohl der Nachfrage (nach nichtssagenden Ergüssen) anpasst.
Diesem Hardcore-Selbsttest habe ich mich selbstverständlich schon einmal unterzogen. :p Das hat vermutlich jeder schon einmal getan, der krank das Bett hüten musste. Ich habe überlebt – trotz schier unerträglicher Schmerzen (das Nachmittagsprogramm, die (gewöhnliche:p) Grippe selbstverständlich auch). Ich habe mich ja übrigens schon von Willeswind zur zusätzlichen Frage hinreißen lassen: Woher rührt der Bedarf nach persönlichen Mitteilungen wildfremder Menschen? Warum ist er eigentlich von solchen unerträglichen Nachmittagsshows noch nicht zur Genüge gedeckt? Und nur weil in den Blogs nicht von „Mein Freund liebt meine Mutter“ die Rede ist, sind sehr viele in meinen Augen nicht viel niveauvoller. (Es gibt Ausnahmen!) Denn was ist daran niveauvoll zu nennen, wenn mir einer im Tagebuchstil vom Karnevalsdienstag, vom letzten Shopping-„Erlebnis“ oder von seiner gestrigen Zugfahrt berichtet. Oder wenn er schlechte Bilder einer Party auf seine Homepage stellt? Und glaube mir, ein Blogger, der von seiner letzten Zugfahrt berichtet oder dämliche Partybilder auf seine Page stellt, wird kaum im Hinterkopf haben, dass Nachfrage nach seinen Ergüssen bestehen könnte – und er sich nur marktwirtschaftlich konform verhält. Da spielen andere Faktoren rein. Wirklich schade, dass hier keiner der vielen Blogger seine Beweggründe schildert.
FloFH schrieb:
Zumindest was ein Forum betrifft, hinkt der Vergleich gewaltig. Denn ein Marktplatz ist ein öffentlicher Platz, an den die Leute kommen, um einzukaufen, oder an dem sie eben vorbeikommen. Ein Forum ist ein Ort, wo Leute genau zu dem Zweck hinkommen, sich mit anderen auszutauschen. Es ist also mehr eine Art großer und öffentlicher Stammtisch als ein Marktplatz.
Also, ich finde nicht, dass der Vergleich hinkt. Stammtisch jedenfalls trifft es auf keinen Fall, das wäre zu persönlich, was ein Forum nicht ist. In einem Forum herrscht ein viel größerer Andrang, Ab- und Zulauf. Und auf einem Marktplatz findet ja ohenhin auch ein Austausch statt, der von Obst, Gemüse und Geld eben, oder in anderen Ländern tauscht man ja noch viel mehr gegen Geld. Da dient so ein Markt zudem durchaus auch der Kommunikation.
 
Qou wir haben doch schon einen Blog-Diskutier-Thread. Warum noch mal einer? Nur wegen dieser neuen Erkenntnis?
 
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