Da möchte ich mal eine kleine Anekdote von meiner Person zum Besten geben, damit ihr wisst, wie auch mit scheinbar billigen Berufsanfängern verfahren wird.
Nach meiner Ausbildung, die ich 2008 beendet habe, bin ich bei einem Lebensmittelgroßhändler untergekommen. Dort bekam ich direkt einen unbefristeten Vertrag - und die Bezahlung war auch üppig für mein Alter. 2600 Euro Brutto. Nun hatte ich von Lebensmitteln unter anderem Stichprobenartig die Haltbarkeitsdaten zu prüfen, bevor ich das Zeug freigegeben habe. Eines schönen Tages kam ich nichtsahnend in mein Büro, in dem die Dienstanweisung im Posteingang lag: dass bei bestimmten Lebensmitteln die Haltbarkeitsdaten verlängert werden sollten, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Für mich war das absolut falsch. Ich ging zu meinem Chef und habe nachgehakt, ob ich das wirklich tun soll und er sich über die Konsequenzen bewusst ist, wenn das auffliegt. Die Konsequenzen, meinte er, würden von Anwälten der Firma schon niedrig genug gehalten, um weiter arbeiten zu können. Ich konnte nicht fassen, was da passierte.
Ich habe mich schlichtweg nicht an diese Dienstanweisung und die neuen Vorgehensweisen gehalten, sondern weiter gemacht, wie bisher.
5 Wochen später wurde ich relativ inoffiziell in das Personalbüro gebeten. Da ich von der Sekretärin meines Chefs wusste, dass auch der dabei sein würde, habe ich ein Tonbandgerät mitgenommen und das Gespräch aufgezeichnet. Ich wusste ganz genau, worum es ging. Es um die neue Dienstanweisung mit den Haltbarkeitsdaten. Die Diskussion war mühselig.
Daraufhin wurde mir ein Aufhebungsvertrag unter die Nase gehalten, in dem man mir, als 25 jährigen Jungspund 7000 Euro angeboten hat, damit ich die Firma wieder verlasse.
Andererseits würde man die Staatsanwaltschaft einschalten und Anzeige wegen Verrats von Betriebsgeheimnissen erstatten. Dann hätte man einen schönen Grund für eine fristlose Kündigung und bräuchte mir überhaupt nichts mehr zahlen. "Die nötigen Sachen für eine solche Anzeige suchen wir uns ganz in Ruhe zusammen" war einer der gefallenen Sätze. Ich habe den Vertrag genommen, zusammengefaltet, in meine innere Jackettasche gesteckt und gesagt, dass ich das von meinem Anwalt überprüfen lassen werde. "Wenn Sie jetzt diese Tür passieren, sind Sie erledigt" hieß es dann. "Wetten, dass nicht?" entgegenete ich, holte das Aufnahmegerät aus der Tasche, sprach für alle Anwesenden sichtbar hinein, dass das Gespräch beendet sei und verließ den Raum. Ich informierte meinerseits die Staatsanwaltschaft über diese Vorgänge. Letzten Endes mussten alle Anwesenden des Gesprächs den Hut nehmen. Alle zahlten mehrere tausend Euro Bußgeld. Ich arbeite allerdings auch nicht mehr da. Ich habe den Aufhebungsvertrag unterschrieben und das Geld genommen. Auf anderem Wege, zum Beispiel eine Rückgrad-Kündigung meinerseits, wäre ich da ohne einen Penny raus.
Die StA hat nämlich nur die Dienstanweisung beschlagnahmt und alle anderen nötigen Unterlagen. Meinen Aufhebungsvertrag allerdings konnte ich behalten und auch ausnutzen - denn der ist neutral in der Forumlierung gewesen.
Mittlerweile studiere ich Jura. Und mittlerweile weiß ich, dass ich nicht der erste war, mit dem so umgesprungen wurde.
Schöne neue Arbeitswelt...