von Rolf Lebert, Frankfurt
Bei der Onlinebank Comdirect ein Girokonto einzurichten ist weit schwieriger, als es die massive Werbung der Commerzbank-Tochter suggeriert. Nach FTD-Informationen hat die Comdirect mehreren Personen ohne Angabe von Gründen ein Girokonto verweigert und damit Verbraucherschützer gegen sich aufgebracht.
In einem Fall handelte es sich um einen Kunden, der über Jahre ein Wertpapierdepot bei der Bank unterhielt und künftig alle Geschäfte mit dem Online-Institut machen wollte. In anderen Fällen wurden Studenten abgewiesen, die von der Comdirect ausdrücklich als Zielgruppe beworben werden.
Die Verweigerung von Girokonten ist sehr zum Ärger der Betroffenen keine Seltenheit, obwohl der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) des deutschen Kreditgewerbes schon 1995 das "Girokonto für jedermann" empfahl, um eine drohende gesetzliche Regelung abzuwehren. Dabei beinhalten die Girokonten für die Banken kaum Risiken. Wenn sich die Bank der Bonität des Kunden nicht sicher ist, kann sie leicht den Dispositionskredit einschränken oder gar ganz verwehren. Vielfach wird es sogar gern gesehen, wenn das Konto dauerhaft in den roten Zahlen ist, weil dann zweistellige Zinssätze fällig werden. Oft genug kommt es auch vor, dass Kunden die Überziehung des Girokontos als Alternative zu einem Ratenkredit von ihrer Bank regelrecht aufgedrängt wird.
Ein Sprecher der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen vermutet, dass Comdirect Girokonten vor allem vergibt, um mit dem Kunden Anschlussgeschäfte zu machen. Sollte die Prüfung ergeben, dass die Belastungen des Kunden zu hoch sind, um aus den laufenden Einkünften zusätzliche Anlagen zu tätigen, so sei er für die Bank uninteressant. "Es wäre aber recht und billig, wenn die Bank darauf hinweisen würde, dass eine Bonitätsprüfung stattfindet, die zur Ablehnung führen kann", sagte er.
Aus der Financial Times Deutschland vom 30.08.2005