(gekürzt)
WiMAX: Mythos und Wahrheit über die neue Technik
Auch der neue Breitbandzugang unterliegt der Physik
Inhaltsverzeichnis:
1. Nicht alle Parameter können gleichzeitig maximal sein
2. Regulierungsfrage noch vollkommen ungeklärt
3. Standardisierung im Fluss
4. Geschäftsmodell unklar
5. Fazit: Interessante Technologie
Derzeit befindet sich die neue Funktechnologie WiMAX in der Phase der abschließenden Standardisierung. Grundsätzlich ist geplant, mit dieser Technik sehr hohe Bitraten (20 MBit/s und mehr, das Vielfache von DSL) über große Distanzen (mehrere Kilometer) an stationäre und mobile Endgeräte zu übertragen. Anders als in vielen Medien dargestellt wird WiMAX jedoch in den nächsten Jahren wahrscheinlich nicht zum "UMTS-Killer" werden. Hierfür gibt es eine ganze Reihe von Gründen, die Anfang Juli im Arbeitskreis "W-LAN" des Internet-Verbandes eco in Köln vorgestellt wurden. Diese Infoseite basiert weitgehend auf den dort vorgestellten Informationen.
Nicht alle Parameter können gleichzeitig maximal sein
Es wird über WiMAX nicht möglich sein, von einem mobilen Endgerät aus eine Verbindung mit 75 MBit/s über eine Entfernung von 30 Kilometern aufzubauen. Dieses verhindert schon die Physik bzw. die maximal mögliche Sendeleistung. Herr Wolfgang Holz von Alcatel gab beispielsweise eine typische Reichweite von 600 Metern an, die bei der Versorgung mobiler Endgeräte (z.B. Laptops) in Häusern im städtischen Gebiet mit WiMAX erreicht werden kann. Dabei steht dann eine Bitrate von knapp 20 MBit/s zur Verfügung, die sich allerdings alle Nutzer einer Zelle teilen. Vorstädtisch werden bei gleicher Bitrate aufgrund der weniger dichten Bebauung 900 Meter erreicht.
Damit ist WiMAX zwar besser als W-LAN, das derzeit typischerweise 11 MBit/s auf 300 Meter Entfernung bei direkter Sichtlinie zwischen Sender und Empfänger ermöglicht. Den WiMAX "Metrospot", bei dem eine zentrale Antenne alle Laptops einer Stadt mit hochbitratigem Internetzugang versorgt, gibt es jedoch nicht. Vielmehr ist es zum Aufbau eines flächendeckenden WiMAX-Netzes für mobile Anwender erforderlich, die Stadt mit einem Netz aus WiMAX-Basisstationen zu versehen. Die Kosten einer Basisstation liegen laut Herrn Wolfgang Holz von Alcatel voraussichtlich in ähnlicher Größenordnung wie bei UMTS.
Besteht eine direkte Sichtverbindung zwischen Basisstation und Empfänger, sind hingegen typischerweise bis zu 15 Kilometer Entfernung bei 4,5 Mbit/s möglich. Dazu ist aber ein gewisser Installationsaufwand erforderlich, da beim Empfänger die Antenne an der Außenwand angebracht sein muss. Maximale Reichweiten und Bitraten erhält man, wenn der Empfänger eine Richtantenne verwendet, und diese auf einem ausreichend hohen Masten anbringt. Vielleicht lassen sich ja die Antennenträger, die bisher bereits für Fernsehantennen genutzt werden, künftig auch für WiMAX verwenden.
Standardisierung im Fluss
WiMAX ist ursprünglich als Richtfunkstandard mit sehr hohen Frequenzen (10 bis 66 GHz) standardisiert worden. Bei diesen ist eine Übertragung nur möglich, wenn eine direkte Sichtverbindung zwischen beiden Endstationen besteht. Erst in jüngster Zeit hat vor allem Intel das WiMAX-Forum in die Richtung gedrängt, auch die Versorgung von portablen Geräten in Innenräumen zu ermöglichen. Da durch Mehrfachreflexionen, fehlende Richtcharakteristik der Antennen und das Durchdringen von Wänden das Signal geschwächt bzw. gestört wird, sind viel robustere Modulationsverfahren nötig. Die entsprechend überarbeiteten WiMAX-Standards (IEEE 802.16.REVd und 802.16e) befinden sich derzeit noch in der Verabschiedung.
Erste Endgeräte werden dem Standard IEEE 802.16a folgen. Dieser verlangt in der Regel, dass die Antennen außen angebracht sind. Damit werden zwar relativ hohe Reichweiten erzielt; an einen mobilen Einsatz ist jedoch nicht zu denken. Ein wichtiges Anwendungsszenario dieser ersten Phase der WiMAX-Technik ist der drahtlose DSL-Ersatz. Soweit die Antenne der Basisstation ausreichend hoch angebracht ist, können hier etliche Kilometer Reichweite erzielt werden. Zudem können mehrere Basisstationen in einer Kette angeordnet werden. Erste Produkte dieser Art sollen laut Intel bereits im ersten Halbjahr 2005 am Markt verfügbar sein.
Erst im zweiten Halbjahr 2005 erwartet Intel Endgeräte nach dem Standard IEEE 802.16REVd. Dieser ermöglicht dann auch die Versorgung innerhalb von Gebäuden. Entsprechende WiMAX-Endgeräte sind aber noch deutlich größer, als ein Handy. Erst 2006 bis 2007 erwartet Intel, dass WiMAX in Form von eingebauten Antennen oder PCMCIA-Karten auch in Laptops Einzug hält.
Derzeit stellt sich die Frage, ob Netzbetreiber von Anfang an auf WiMAX setzen werden. Die Aussicht, dass die anfangs verwendete Technologie schon noch kurzer Zeit wieder überholt sein wird, motiviert nicht gerade zu Investitionen. Upgrade-fähige Basisstationen könnten wiederum die Kosten erhöhen.
Geschäftsmodell unklar
Vor allem aus dem Auditorium kamen viele kritische Fragen zum möglichen Erfolg entsprechender WiMAX-Datendienste. So gäbe es zwar tausende von W-LAN-Hotspots, die Nutzung derselben läge aber deutlich unter den Erwartungen. Oft rechneten sich diese für die Betreiber nicht. W-LAN-Nutzer sprachen hingegen die Probleme an, die diese schon heute mit diversen W-LAN-Vouchern haben, die man an jeweils anderen Orten erwerben muss, und die zumeist nur für wenige Netze gelten. Zusätzliche WiMAX-Netze würden diese Situation für den Verbraucher noch verschlimmern.
Zwar wurde von den Vortragenden wiederholt der DSL-Ersatz als Szenario angesprochen, mit dem WiMAX Erfolg haben kann. Doch eine ähnliche Technologie, nämlich WLL, konnte sich in den letzten Jahren trotz großer Ambitionen nicht durchsetzen. Zudem wurde von den Vortragenden erwähnt, dass die technischen Parameter von WiMAX nicht so sind, dass auch "die letzte Hallig" mit hochbitratigen Zugängen versorgt werden kann. Wichtig sei daher, dass die Regulierungsbehörde bei ihren Frequenzzuteilungen keine hohen Anforderungen an die Flächendeckung stelle. Sonst sei die Implementation des Backhaul der abgelegenen Basisstationen, deren Anbindung an das eigentliche Internet-Backbone, zu teuer.
Intel geht dennoch davon aus, dass WiMAX ein Erfolg wird. Es ist vorgesehen, in zwei bis drei Jahren neben W-LAN auch WiMAX in den Nachfolger der derzeitigen Centrino-Technologie zu integrieren. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass WiMAX auch genutzt wird. Somit ist der wirtschaftliche Erfolg für Ausrüster und Tk-Unternehmen noch nicht sicher.