Ich sag ja, das ganze ist ein Glaubenskrieg
Ich schalte meinen Mac jeden Abend aus. Dabei geht es mir nicht um's sparen, sondern weil es für mich völlig normal ist, ein Gerät, welches ich nicht benutze vom Strom zu nehmen
Wenn jemand etwas von "Glaubenskrieg" schreibt, stuft er ein Thema auf die Dimension von Irrationalität herab. Genau das Gegenteil ist aber der Fall, wenn es um Kosten/Nutzen des Sleep-Modus moderner Computer geht. Hat weder was mit Glauben noch mit Krieg zu tun.
Aber du schilderst es selber, worum es vielen, dir ebenso, eigentlich geht. Nämlich um alte Gewohnheiten. Bei einigen auch um Rituale. Sie brauchen den psychologischen Effekt einer abgeschlossenen Arbeit, und der wird u.a. dadurch simuliert, indem der Computer runtergefahren wird. Das ist ok, wenn man es nicht anders hinbekommt. Ist, wenn man den Computer nur mit Arbeit assoziiert, auch sowas wie das Abschließen und Zurücklassens eines Büros. Nur ein Beispiel. Aber das ritualisierte Gewohnheitshandeln hängt häufig damit zusammen.
Aber die Kostenthese? Ernsthaft?!
Wer sich einen nicht billigen Computer kauft, ihn effektiv nutzen will, dann aber über drei Euro im Jahr meckert, die er investiert, um von einem extrem günstigen Nebeneffekt aktueller Technik zu profitieren, der demonstiert eben ganz unfreiwillig seine Irrationalität. Die gleichen Leute geben mehr Geld im Monat für Illustrierte oder sonstwas beiläufiges aus, fliegen dreimal um die Welt, kloppen ihr Geld für Sprit raus, weil der fette SUV so schön feist ist. Aber beim Mac reden wir von ein paar Euro im Jahr. Die gleichen Leute sitzen im Jahresdurchschnitt dann auch lieber immense Zeit vor den immer wieder gleichen Arbeitsvorgängen, die sie sich
komplett sparen könnten, wenn sie nur mal umdenken würden!? Wenn das eben nicht Rituale wären.
Schalterleiste anstellen, Computer anstellen. Progs. starten. Dokumente neu raussuchen. Arbeitsfortschritte neu aufbauen usw. usw. usw. usw. Was eine unsinnige Zeitverschwendung. Jeden Tag aufs Neue. Dabei bieten aktuelle OS/Computer eben die Möglichkeit, sich das alles sparen zu können. Das ist ein Zeitaufwand, der ist unsäglich, wenn man das mal zusammenrechnet.
Vermutlich könnte man das auch in Watt umrechnen (was natürlich niemand tut, weil das ganze auch Teil eines Greenwashing-Selbstbetruges ist, böse Standbykosten). Das Argument, dass man sich einen Kaffee trinkt, während der Mac startet, ist ein ebenso völlig ritualisiertes, aber kein vernunftvolles. Denn meinen Kaffee trinke ich ebenfalls. Nur musste ich mich bis dahin oder danach nicht um den Computer kümmern, mich nicht bücken, strecken, Programme hochfahren, Dokumente neu raussuchen. Da drücke ich einfach nur eine Taste. Schon ist alles arbeitsbereit, spielbereit, medienbereit, was auch immer.
Die ganzen Zwischenschritte spart man sich damit und genießt dafür umso intensiver die gewonnene Zeit, den Kaffee usw. Und das Ritual des Abschlusses? Das stellt man im Kopf um. Indem man effektiv z.B. Spaces verwendet, vielleicht unterschiedliche Accounts (einen für Arbeit, einen für Freizeit). Und indem man freudig dann auf den Sleepbutton drückt. Wenn man weiterarbeiten möchte, ist dann alles wieder da, wo es sein soll. Ohne ständige Wiederholung von Arbeitsschritten, die völlig überflüssig sind.
Kann aber jeder machen, wie er will. Ist kein Glaubenskrieg.