Hätte J.K. Rowling den Literaturnobelpreis bekommen sollen?

Was das Genre 'Fantasy' angeht, meine lieben Droogies, so sind zwei der wichtigsten Werke des 'Abendlandes' - die Odyssee und die Ilias - 'Fantasy- und Abenteuerromane'. Wer das bestreitet hat sie nicht gelesen. Wären diese heute NP-würdig?

Nein, vermutlich wären sie das nicht. Ich denke, daß sogar schon viele Literatur-Nobelpreisträger des letzten Jahrhunderts heute keinen Preis mehr bekommen würden. Kunst entwickelt sich weiter. Früher ging es oft um "das Schöne" und "das Wahre" - heute ist weitgehend Konsens, daß die beiden Dinge nicht zusammen gehen. Das ist in der bildenden Kunst ja auch nicht anders. Antike Statuen würde heute keiner mehr aus dem Stein klopfen, ausser zum Dekorieren eines Suvlaki-Restaurants, und Leute wie Michelangelo mit seinem Stil würden heute vermutlich die Hintergründe für Computerspiele malen.
 
Um mal folgendes klar zu stellen, Snobismus ist mir fremd, auch wenn es manchmal anders klingt. Ich habe einfach die Erfahrung gemacht, dass man Unsachlichkeit (und die hat es hier zur genüge gegeben!) mit Konkretisierung begegnet. Das man sich dazu einer Sprache bedient, die man nun mal gelernt hat ist wohl auch selbsterklärend.

Noch mal, für alle zum Mitdenken: Ich verteufele oder verachte Mrs. Rowling keineswegs, sie hat genau ihrem Plan folgend eine große Geschichte ersonnen und sie, für die Zielgruppe in höchstem Maße ansprechend, umgesetzt. Sie hat sogar viel mehr Menschen erreicht als sie beabsichtigt / eingeplant hat und ihre Geschichte mit wachsendem Alter ihrer Protagonisten wachsen lassen, ohne die Sprache jedoch zu ändern. (Sind wir uns einig, dass Jugendliche anders sprechen als Kinder?)
Sie hat strategisch (was den Aufbau des Harry-Universums betrifft) perfekt gearbeitet, die Geschichte über sieben Bücher ist wie aus einem Guss (Ich habe das erste mit und für meinen Sohn gelesen, Nr. 5 mit und für ein anderes Kind, den letzen Teil nur teilweise, die Geschichten insgesamt aber in ihrer Gänze im Kino gesehen). Nur sind das eben keine Kriterien für große Literatur.

Ist "Harry Potter" besser als "Rotes Kornfeld" und woran gemessen? Ich fand Rotes Kornfeld (des neuen Lit-Nobelpreisträgers) überhaupt nicht erbauend, aber es lebt von einer Sprache die weitab der alltäglichen, Szenen abseits des Alltäglichen beschreibt. Brutal (exessiv, zu exessiv für meinen Geschmack) und gleichzeitig von sprachlicher Poesie, einfach in der Sprache und doch ausgeklügelt unwirklich schön, so dass aus dem Kontrast von Sprache und Dargestelltem eine Faszination ausgeht - ob man will oder nicht. Bei Harry Potter lese ich, aber die Geschichte ist zu offensichtlich, dass Gute gegen das Böse, keine Grautöne, weder in der Geschichte noch in der Sprache - nicht nur meine Einschätzung.

Mo Yan ist zweifellos ein großer Erzähler, vielleicht der größte unter den lebenden Chinesen, als Mensch, bzw. in seiner Haltung zum heutigen Staat China ist er mir unsympathisch, ein Karrierist eben. Das schmälert nicht seine literarische Leistung - gerade die unbequeme Wahl des Kommitees, zeigt die Kriterien für die Entscheidung. In diesem Punkt ist er Rowling unbedingt überlegen, auch wenn mir Rowling menschlich wesentlich näher ist. In der Physik zählt auch die theortische Leistung, selbst wenn das in der Praxis bedeutet, dass daraus eine Atombombe wird. Preisverleihungen werden immer kontrovers diskutiert werden, wenn gleichwertige Leistungen zur Wahl stehen (auch in den anderen Diziplinen), nur legt in den anderen Diziplinen keiner hier seine eigenen Kriterien als Masstab an, warum nicht? Es geht nicht um Geschmack…

Obama als Träger des Friedensnobelpreises ist wohl auch eine umstrittene Entscheidung, aber die Kritik daran bezieht sich auf die selben Argumente mit denen er gewählt wurde. Beim Literaturnobelpreis stellt man dann gleich den Preis selbst in Frage, natürlich nicht ohne auf die nach eigenem Gutdünken "gute Literatur" zu verweisen - ist mir einfach zu platt (Snobistisch?)
 
UIch habe das erste mit und für meinen Sohn gelesen, Nr. 5 mit und für ein anderes Kind, den letzen Teil nur teilweise, die Geschichten insgesamt aber in ihrer Gänze im Kino gesehen). Nur sind das eben keine Kriterien für große Literatur.

Fassen wir zusammen: Du hast Band 1 und 5 gelesen, 7 halb. Den Rest nicht. Und stellst obige Thesen was Verweise, Stilmittel etc. pp (siehe Dein obiges Posting) betrifft auf? :faint:
 
Fassen wir zusammen: Du hast Band 1 und 5 gelesen, 7 halb. Den Rest nicht. Und stellst obige Thesen was Verweise, Stilmittel etc. pp (siehe Dein obiges Posting) betrifft auf? :faint:

Dafür reicht auch Band 1 — die sind in der Erzählweise alle ziemlich ähnlich.
Und nein – ich hab auch nicht alle gelesen :D
 
Wenn Lor-Olli wissenschaftlich so genau arbeitet... Weia, kein Wunder dass unsere Akademiker zu Kopierern werden... :hehehe:
 
Passt jetzt nicht mehr ganz in den Thread-Flow, aber ich wurde gefragt (auf S.14).

Das Original und eine gute Übersetzung würde mich interessieren! Hast du da nen Link?

[...] 不聞不若聞之聞之不若見之見之不若知之知之不若行之學至於行之而止矣行之明也明之為聖人 [...] (Quelle: http://www.ctext.org, Xunzi, Kapitel 9-23)


Das sind die ersten drei Saetze aus dem Xunzi 9-23 (sein Werk wird nach seinem Namen bezeichnet).

Kurz erlaeutert. Xunzi sagt, dass der Mensch von Natur aus schlecht sei, und er nur durch Selbstkultivierung, i.e. dem Lernen, ein "Heiliger" (nicht christlich heilig, sondern tugendhaft wie die alten Koenige) werden koenne.
Obiges Zitat ist ein Teil seiner pragmatischen Theorie des Menschen. Er sagt, der Mensch muesse tun, um zu lernen. Niemand koenne die Groesse des Himmels kennen, wer nicht den hoechsten Berg erklommen habe, niemand kenne die Tiefen der Erde, wenn er nicht das tiefste Tal erblickt habe (aus dem Stehgreif paraphrasiert).
Dies bezieht sich nicht auf die Selbstkultivierung/ Lernen per se, sondern auf das soziale Handeln und die damit zwingend verbundenen Begriffe wie Moral und Sitte (daoli)[bitte nicht im Kant'schen Sinne verstehen :) ]. Dass damit alleine das Lernen bzw. die Art des Lernens (Lernprozess) gemeint sein soll, ist eine Verklaerung des Westens, auch wenn das Zitat das auf den ersten Blick suggerieren mag.

Eine standhafte Uebersetzung habe ich nicht zur Hand (die gibt es auch nicht). Grob uebersetzt in etwa wie folgt:
"Etwas zu hoeren ist besser als es nicht zu hoeren, etwas zu sehen ist besser als es zu hoeren, etwas zu erfahren [im Sinne von "sich etwas aneignen" und es dann zu wissen] ist besser als es zu sehen, etwas zu tun ist besser als es sich anzueignen. Lernen endet mit dem Handeln [auch hier nicht soziologisch], was zum Verstaendnis [der Riten] fuehrt. Wer versteht, wird ein Heiliger [s.o., ein perfekter Mensch]."
Jene hochstilisierten Uebersetzungen sind vom Nachteil beseelt, dass sie Begriffen nur eine Denotation zuordnen koennen, die dem Original nicht gerecht werden. Ohne umfassende Annotationen ist die Lektuere und eine Interpretation der Klassiker sinnlos. Zudem ist der Stil des Originals ganz und gar nicht "literarisch" im westlichen Sinne. Repetitionen sind voellig normal und gewollt, was bei uns ein absolutes No-Go waere.
 
@pdr: fühle dich angegriffen oder nicht, aber wer sich unsicheren Schrittes aufs Glatteis begibt, läuft Gefahr auszurutschen. Schlag ein Thema vor und ich sage Dir ob ich mich für kompetent halte, wenn ich es nicht bin, gibt es auch keine Beiträge von mir.

Außer persönlich zu werden kannst Du aber nix, oder? Noch nicht einmal lesen und Du willst Linguistik studiert haben, lächerlich? Habe ich irgendwo behauptet, dass die Werke Rowlings in die Kategorie "klassische Literatur" fallen? Nein habe ich nicht.

Habe ich irgendwo geschrieben, dass die Kriterien, die Du genannt hast für klassische Literatur falsch sind? Nein habe ich nicht.

Wenn Du Preisträger fragst, die aus ein und der selben Kategorie kommen, kannst Du auch nur die entsprechende Antwort bekommen. :rolleyes:

Du bildest Dir ein Urteil über eine Reihe, ohne sie gelesen zu haben und nein ein Band gleicht nicht dem anderen, sehr schlechter Stil...

So, wie Nobel den Preis ausgeschrieben hat, setzt er nicht die Kriterien an, die Du aufgezählt hast, aber an das sich die Vergeber offensichtlich sklavisch halten. Nobel kann man ja nicht mehr fragen. ;)

Ich habe hier keinerlei Interpretierung von Büchern vorgenommen, also kannst Du auch nicht wissen, ob ich es kann.

Ich habe lediglich geschrieben, dass so wie Nobel den Preis ausgeschrieben hat, nämlich dass das Werk eine idealistische Wirkung auf die Welt hatte. Auch Bücher aus der Kategorie Jugendliteratur kann so eine Wirkung haben. Wenn ich vielen (nicht allen) sogenannten Literaturwissenschaftlern vorwerfe, dass für sie nur die klassische Literatur zählt, ist das zunächst einmal eine Meinung, die schlicht auf Erfahrung beruht. Ich bin nicht der Meinung, dass Literaturwissenschaft unwichtig ist, im Gegenteil finde ich die Analyse der Entwicklung einer Sprache anhand von schriftlichen Werken sehr interessant, keine Frage. :)
 
Passt jetzt nicht mehr ganz in den Thread-Flow, aber ich wurde gefragt (auf S.14).
[...] 不聞不若聞之聞之不若見之見之不若知之知之不若行之學至於行之而止矣行之明也明之為聖人 [...] (Quelle: http://www.ctext.org, Xunzi, Kapitel 9-23)
Das sind die ersten drei Saetze aus dem Xunzi 9-23 (sein Werk wird nach seinem Namen bezeichnet).
Das ist sehr interessant. Ich hatte es so verstanden, dass er versucht hat Konfuzius zu erklären, aber das es ursprünglich von Konfuzius stammt, der ja als "heiliger" anerkannt wird.

Ich bin hier aber kein Experte und kann auch kein chinesisch, von daher glaube ich Dir. Trotzdem finde ich das Zitat ziemlich gut, werde es aber entfernen, da es zu Missverständnissen führt. :eek:
 
Wer legt das fest?

Die die festlegen, dass Die Lustigen Taschenbücher keine Literatur sind.


Das kannst Du ganz vielen Büchern vorwerfen. Besonders denen, die der phantastischen Literatur zuzuordnen sind.

Ja und? Deine Aussage bestätigt doch nur die Trivialität des Stoffes.



Das ist Dein Eindruck. Anderen scheint es besser gefallen zu haben.

Ich habe nach dem Erscheinen des fünften Buches und dem ganzen Medienhype um die Bücher einfach mal alle 5 ersten Bücher nacheinander gelesen. (Es stellt sich eh die Frage inwieweit das ganze Merchandising und die Blockbuster nicht auch den Erfolg der Bücher mitangetrieben haben. "Ich lese Harry Potter nicht weil es gut ist, sondern weil es alle lesen, finde es dann auch ganz gut aber nur weil ich nichts anderes kenne.") (Auf Englisch versteht sich) Und ich fand die Geschichten sogar sehr unterhaltsam. Interessant fand ich die stilistische Entwicklung zwischen Buch 1-4 (Der Stil wächst sozusagen mit den Protagonisten). Leider flacht danach (also ab Buch fünf) ebendiese Entwicklung stark ab. Es kam nix mehr, und ich habe Band 6 und 7 nur noch gelesen, weil ich, wie bei einer Filmserie, einfach wissen wollte wie es ausgeht. Aber es geht bei solch einem Preis eben nicht um "gusto". MC Donalds hat mit Sicherheit mehr Kunden als ein Sterne-Restaurant, aber der Koch aus dem Sternerestaurant wird wohl eher Preise für sein Essen bekommen als Ronald MC Donald. Was nicht bedeutet, dass ein Koch aus einem Nicht-Sterne Restaurant sogar besser sein kann als der Koch aus einem Sternerestaurant. Du verstehst was ich meine.



Warum eigentlich nicht?

Es hat was mit literarischem oder wenigstens pädagogischem (wir sprechen von Kinder- und Jugendliteratur) Anspruch zu tun.
 
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