Das System an das wir uns orientieren müssen, ist das der Erde
So, jetzt hab ich mal Zeit.
Ja, das stimmt natürlich. Ein Kreislauf ist ideal. Selbst wenn ein vollständiger Kreislauf nicht möglich ist, in Deutschland ist das Recycling z.B. schon sehr gut (ich hab dazu kürzlich ein interessantes Interview mit einem gehört, der sich mit Kunststoffmüll in den Weltmeeren befasst), in anderen Ländern gibt es ja stellenweise überhaupt gar keine Abfallwirtschaft.
Aus unserer verwöhnten Sicht ist gar keine Abfallwirtschaft natürlich undenkbar und wir reagieren erstmal so, dass wir denken: Gebt Afrika eine Müllabfuhr und schon reduzieren wir den Plastikmüll in den Ozeanen.
Oder eben: baut faire Produkte und wir reduzieren Giftmüllhalden und co in den Schwellenländern, die für uns produzieren.
In einfachster Form stimmt der Gedanke natürlich. Wo keine Nachfrage nach Umweltverschmutzung ist, da findet auch keine statt.
Denken wir den Gedanken aber mal andersrum.. Welchen Anreiz haben arme Länder, Arbeitsumstände umfassend zu ändern? Dabei musst du immer im Kopf haben, dass da am anderen Ende überhaupt gar kein Interesse vorhanden ist. Pauschalisiert und platt, aber ein Stück Wahrheit ist dabei: In einem Land in dem ein Menschenleben nichts zählt, in dem Kinder ggf. sogar verkauft werden (Mädchen in Indien), in dem kannst du nicht an die gleichen Werte wie im Westen appellieren.
Also was tun? Mehr Geld? Das kannst du vergessen. Das versackt unterwegs. Es wird weiter billig produziert, nur einer steckt sich mehr ein.
Auflagen durch Abnehmer (könnte Apple z.B. Foxconn Druck machen)? Ja und nein. Es war lange Zeit so, dass gerade in China der Westen einen hohen Stellenwert hatte. Als Auftraggeber, Arbeitgeber, etc. Jetzt gehen wir aber gedanklich mal nach China. Arbeiten für eine Firma, die teuer und umweltfreundlich produziert, weil der Auftraggeber das so will oder für eine, die billig produziert? Schon hier hakt es. Wer billig produziert (egal für wen, Abnehmer gibt es), kann mehr zahlen.
So ein ähnliches Problem hat ein Bekannter grad in China. Der findet keine fähigen Leute.
Was du da als Fachkraft arbeitest, ist vielen egal. Entscheidend ist, dass die "Bösen" mehr zahlen. So einfach ist das.
Auch wenn Apple z.B. strenge Auflagen macht, musst du Leute finden, die am Band stehen und ackern. Denen ist aber egal, für welches höhere Ziel sie arbeiten. Die gucken auf ihren eh schon schmalen Gehaltsscheck.
Macht Apple z.B. also zu viel Druck auf Foxconn, sind die Bosse bereit, alles zu tun. Müssen aber im schlimmsten Fall selbst am Band stehen.
Das kann ein unglaublich langsamer und zäher Prozess sein, den man nicht unterschätzen darf. Und ich glaube, hier in Deutschland werden solche Probleme oft verkannt. Man kann nicht einfach alles umkrempeln. Es gibt einen kritischen Punkt, wo der Schuss nach hinten losgeht.
Griechenland ist auch hier ein gutes Beispiel. Die Griechen sind in ihrer Gesamtheit (pauschalisiert auf Bild-Niveau) verglichen mit Deutschland vielleicht faul, korrupt, planlos, whatever. Kann man alles schön zeigen. So und so sind die Verhältnisse, bedeutet im direkten Vergleich mit Deutschland.. blah.. Auch in Spanien, Italien, etc. ist das so.
So ein Direktvergleich funktioniert aber nicht. Wir reden hier nicht von Holger Schmidt vs. Christatos Sophokles, sondern von ganzen Systemen, die sich ändern müssen. Jetzt könnten man sagen.. Wenn jeder nur eine Kleinigkeit ändert, ist ein Anfang gemacht. Ja, na klar. Wenn es darum geht, in deutschen Parks Müll zu sammeln oder gleich zu vermeiden.
So funktioniert eine Kette aus Ereignissen aber nicht. Jeder in einer Wirtschaftskette hat einen vor und einen hinter sich. Wenn du die Anforderungen so hoch schraubst, dass die Kette nicht mehr arbeiten kann, weil einzelne Glieder ausfallen, während eine andere ("schlechte" Kette) funktioniert, dann wechselt früher oder später einer. Und das führt langfristig dazu, dass sich die "Schlechtigkeiten" durchsetzen.
Ein gutes Beispiel sind die Paketzusteller in Griechenland. Natürlich sind die Arbeitsbedingungen teilweise mies. Man könnte Druck machen und mit xy versenden, FedEx könnte Gas geben und Anforderungen durchsetzen. Aber nur an der Schnittstelle zwischen FedEx und dem Management des Subunternehmers. Die machen wiederum ihren Subunternehmern Druck. Und der sieht so aus: Das Paket muss schnellstmöglich zugestellt werden.
Im schlimmsten (völlig konstruierten
) Fall passiert folgendes: Irgendwo am Ende der Nahrungskette steht einer, der schickt eine Horde Kinder barfuß für einen Hungerlohn los, bei Wind und Wetter so lange vor dem Empfängerbüro zu warten, bis einer da ist.
Das bekommt FedEx mit und sagt: Habt ihr sie noch alle? Das ist menschenunwürdig. Das funktioniert blendend, das wollen wir aber nicht. Macht es anders, der Sub-Sub-Subunternehmer ist raus. Punkt.
Irgendwo zwischendrin ist einer, der hat a) die Auflage, das Paket schnell abzuliefern und b) es menschenwürdig zu tun.
Mal angenommen, er findet niemanden, der sich gut genug bemüht und trotzdem fair arbeitet. Dann steht dieser einzelne mitten im Niemandsland und muss ein Problem lösen, das den Wunsch von FedEx mit den tatsächlichen Bedingungen vor Ort in Einklang bringt. Manchmal geht das nicht.
Das mag alles ein bisschen durcheinander geschrieben sein. Das Fazit ist aber: aus rein wirtschaftlichen Gründen kann man Qualität nicht einfach verordnen, weil der Markt an irgendeiner Stelle versagt. Das ist überhaupt kein ungewöhnliches Problem, sondern eine ganz "normale" Abfolge, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind.