Ja, und die Mutmaßungen von Kopernikus und Galilei waren bald auch überholt, auch wenn heute noch viele an ihre unumschränkte Gültigkeit glauben.
Es ist das Wesen naturwissenschaftlicher Arbeit, daß viele Theorien - oder wie du sagt Mutmassungen - sich mit der Zeit überholen. Das heißt aber nicht, daß sie wertlos sind oder waren, im Gegenteil, nur im dauernden Wettstreit um die bestmögliche Erklärung der Realität kann neues Wissen entstehen. Dazu muß man auf der Basis des aktuellen Wissens Hypothesen/Theorien aufstellen, und diese dann überprüfen. Auch Hypothesen, die später falsifiziert werden (und das sind die von Kopernikus und Galilei
nicht), sind in diesem Prozess wichtig. Daß eine beliebige Hypothese oder Theorie "unumschränkte Gültigkeit" hat, würde kein ernstzunehmender Wissenschaftler jemals behaupten.
Allerdings sitzt Du eine Irrtum auf, wenn Du Religion für eine Art altmodischer Naturwissenschaft hältst. Da fehlt Dir schon mal grundlegendes Wissen, dass Du Dir vermutlich auch nicht aneignen können wirst, weil Du Dir zu sicher bist, dass Du schon längst alles weißt, was sich zu wissen lohnt.
Religion ist in ihrem Wesen eine vor-wissenschaftliche Welterklärung, mit daraus abgeleiteten Handlungsanweisungen für den Menschen. Das ist solange in Ordnung, wie die Handlungsanweisungen nur die gläubigen Menschen selbst betreffen, und nicht die Freiheit anderer einschränkt. Ob man als Gläubiger übermässig gut beraten ist, seine Welterklärung aus einem jahrtausendealten Buch zu schöpfen, muß jeder selbst wissen.
Ein anderes ist, dass Du Dir einfach herausnimmst, Milliarden Menschen für blöd zu erklären, nur weil Du an andere Modelle der Welterklärung glaubst als sie. Das ist nicht gerade intelligent.
Das ist das "Millionen Fliegen fressen Scheisse..."-Argument. Nur weil die Mehrheit der Menschen von der Welt und dem Leben überfordert sind und einfach(st)e Antworten suchen, bekommen diese Antworten nicht automatisch einen Wahrheitswert. Und ja, auch ich nehme mir heraus diejenigen für blöd zu erklären, die sich mit einfachsten Antworten zufriedengeben, wenn doch klar ist daß die komplexen Fragen gar keine einfachen Antworten zulassen. Das bringt uns zur Frage:
Nein, das brauche ich auch nicht. Wenn es Antworten gibt, die die komplexen Fragen besser beantworten, sind die einfachen Antwort automatisch überholt. Zur Illustration mal dieser Ausschnitt:
Vor allem aber ist es das sicherste Mittel, jedem Dialog von vornherein unmöglich zu machen. Ob das eine gute Taktik ist, muss man sicherlich nicht fragen. Sie kann nur zur gewaltsamen Auseinandersetzung führen, ist also keinen Deut besser als die der religiösen Fanatiker auf der anderen Seite, ja sie ist nichts als das passgenaue Gegenstück zu diesem Fanatismus.
Das ist natürlich Nonsens. Nur weil man die Welterklärung anderer nicht akzeptiert, und ihnen das auch sagt (und Argumente dafür bringt), ist man kein Fanatiker. Oder willst du jeden als Fanatiker abkanzeln, der die vor-wissenschaftliche religiöse Welterklärung einem Realitätscheck unterzieht? Dieser Realitätscheck muß
unvoreingenommen sein, und darf nicht schon zu Anfang fragen ob das mögliche Ergebnis die religiösen Gefühle von anderen verletzen könnte.