Wenn im Geiste einer Religion Grundgesetz und Strafgesetzbuch gebeugt werden, dann frage ich mich wo wir die Grenze ziehen wollen - Kopf ab ...?
Das nennt man Religionsfreiheit. Der Staat darf laut Grundgesetz nicht in die Religionsausübung eingreifen:
„(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“
„(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“
So. Nun überlegen wir mal..
Wir haben den, der beschneiden will (meist die Eltern) und den, der beschnitten wird.
Lesen wir doch mal weiter im Grundgesetz..
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Betrifft ja dann wohl die Eltern.
und weiter..
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Betrifft m.E. den, der beschnitten wird.
Dass die Ausübung der Religion hier gegen Art 2 (2) verstößt, ist eine Sache. Alleine hierfür sollte die Politik schon von höchstrichterlicher Stelle auf's Maul kriegen.
Als nächstes stelle ich mir die Frage, für wen das Recht auf freie Religionsausübung gilt. Hier haben offenbar einige was missverstanden. Ich interpretiere das Recht als Recht eines Individuums.
Ich darf die Religion ausüben, die mir Spaß macht und
ich darf dafür nicht diskriminiert werden und verboten werden darf es mir auch nicht.
Ich verstehe das Recht nicht als Recht einer Glaubensgemeinschaft auf kollektive Religionspraktiken. Das Recht auf Selbstmord aus Glaubensgründen kann ich einem Einzelnen nicht verwehren. Ich kann aber sehr wohl einer Religionsgemeinschaft verbieten, zum Massenselbstmord aufzurufen. (Nur um mal ein Extrembeispiel zu verwenden).
Genauso verhält es sich m.E. mit der Beschneidung. Eine freiwillige Beschneidung im entscheidungsfähigen Alter sollte jedem ermöglicht sein. Ich kann aber nicht nachvollziehen, warum es einer Gemeinschaft von Leuten gestattet sein sollte, über die Gesundheit eines Neugeborenen zu entscheiden. Ein Neugeborener übt keine Religion aus. An einem Neugeborenen kann allenfalls eine Religion durch Dritte ausgeübt werden. Diesen Aspekt finde ich völlig unstrittig und verstehe nicht, warum er in der öffentlichen Diskussion nicht gewürdigt wird.
Das ist keine Religionsfreiheit, das ist Billigung der Verabredung einer Straftat.