Mit dem Rauschen der M9 ist es so eine Sache der Perspektive – eine Kombination aus „verglichen womit?“ und „was wird verglichen?“.
Die höchste ISO-Einstellung an der M9 gilt bei vielen aktuellen dSLR und Systemkameras noch nicht mal als „High-ISO“ – ISO 2500. Andererseits bekommt man fast keine CCD-Kamera, die überhaupt bis ISO 2500 „kann“; die allermeisten MF-Backs machen bei ISO 800 oder ISO 1600 dicht; die ISO 10.000 der Monochrom gibt’s im CCD-Umfeld soviel ich weiß sonst nirgends. Vergleicht man also „Specs“ steht die M9 bereits bei den Rahmenbedingungen entweder hervorragend (höchste Empfindlichkeit auf dem aktuellen CCD-Markt) oder grauenhaft (lächerlich niedrige „High“-ISO im aktuellen CMOS-Markt) da.
Vergleicht man innerhalb einer Bauweise wird’s auch nicht sinnvoller/einfacher – ein Messsucher ist ein anderes Gerät als eine Refex oder Live-View-Kamera. Bleibt also der Vergleich mit der Epson RD-1, der M8-Reihe sowie Film. Die ISO 800 der M9 liefern bedeutend weniger Rauschen als die gesamte Messsucher-Konkurrenz; ISO 2500 rauschen in Farbe weniger als 800 ASA-Film und in Schwarzweiß weniger als 1600 ASA. Weniger Rauschen als die digitale Messsucher-Konkurrenz tut sie eh.
Auch bei der Rausch-Qualität ist eine Vergleichbarkeit nicht leicht zu erreichen. In der 100%-Ansicht rauscht meine M9 bei ISO 800 mehr als die Olympus PEN bei ISO 1600 – zeigt dafür bei ISO 1600 mehr Details als die Oly bei ISO 800. Was ist nun „besser?“
Bleibt die Frage des Ausgabemediums respektive der Praxisrelevanz solcher Vergleiche. Ausbelichtet verschleift das Rauschen der M9; ISO 2500 gehen gut bis A3 (größer habe ich’s noch nicht ausprobiert), besonders bei Aufnahmen mit natürlichem Licht. Andererseits spielen so die ganzen Details, die die M9 gegenüber der Beispiel-Olympus auflöst auch nur eine vergleichsweise kleine Rolle, die erkennt man bei üblichen Betrachtungsabständen so kleiner Bilder nicht mehr. Ich habe 30x30cm-Prints von 400 ASA Film aus einer Holga die rauschfrei und detailreich wirken. In den Fotobüchern mische ich gerne Film, M9 und PEN, die Bilder unterscheiden sich nicht in Details oder Rauschen sondern lediglich in ihrer Anmutung.
Was bewertet man also unterm Strich? 100%-Ansichten, die ausgedruckt Plakatwände füllen könnten? Das Rauschen in einem 1m breiten Fine-Art-Print? 800x600 Pixel große 1:1-Crops, die man fürs Internet nutzen möchte, oder auf 800x600 Pixel skalierte Ganzbilder? 13x9cm Abzüge? Poster aus dem Digidruck-Studio? Aufgezogene Messewände? Fotobücher? Präsentation auf einem Full-HD-Fernseher?
Ich glaube mittlerweile, dass die ISO-Leistungsfähigkeitsdiskussion in der heutigen Zeit eine Geek-Diskussion ist. Echte Relevanz im praktischen Einsatz sehe ich nur in zwei Bereichen:
1) Wie viel ISO geht als absolute Zahl (qualitätsunabhängig), um genug Schärfentiefe auch bei wenig Licht zu erhalten („nur“ schon f/1.4 sind nicht immer tauglich, da wären statt maximal ISO 2500 dann ISO 5000 oder 10000 bei f/2.8 oder kleiner u.U. sinnvoller)?
2) Wie viel ISO geht, um bei extremen (Ausschnitts-) Vergrößerungen noch genug Details fürs Zielformat zu haben (wirklich große Fine-Art Ausbelichtungen à la Schoeller oder Gursky)?
Für Hallensport würde ich so oder so keinen Messsucher verwenden.