Es gibt sicherlich wenig berechtigte Kritik, wenn jemand sein gesamtes Vermögen spenden will.
Aber ich denke, man sollte z.B. auch in diesem Fall die Geschichte komplett erzählen.
Mal davon abgesehen, dass ich wirklich gar nichts von Umverteilung von Vermögen und ähnlichen Ansätzen halte, so sieht die Sachlage im Falle dieser Konzerne möglicherweise etwas anders aus.
Man muss sich folgende Aussage einfach mal selbst vor Augen halten:
"When I moved to California from New York, I lived in Palo Alto, which is right next door to East Palo Alto. It was a situation where there was one side of the community that was low income, and it has entirely different human outcomes than the other side of the town that might as well be hundreds of miles away. We know about this kind of dichotomy that exists in American cities, and Palo Alto and East Palo Alto are as divided and separated as any of these.
The air quality in East Palo Alto is worse than anywhere around. The land is poisoned. A lot of the Silicon Valley fabricators have used it as their dumping ground over the years. There’s arsenic in the water table.
I was completely taken with this notion that there were communities two miles away from my house that, by bad design and bad information flows, had no chance. It was a structural deficit, and structural deficits actually need to be restructured. Ross Perot had a saying that went something like “Never forget there is a child on the streets in Calcutta today who’s dying and who was way smarter than you.”"
Sinngemäß steht hier (Kurzform), dass die Zustände in Palo Alto nicht lebenswert gewesen sind, auf Grund vieler Defizite wie z.B. Umweltverschmutzung und so weiter. Ausgelöst durch Unternehmen, denen die Umwelt und deren Schutz schlicht weg egal waren.
An und für sich mag das stimmen. Doch das ist nicht das Problem. Das größte Problem ist, dass Städte oder Countys speziell hier im Beispiel Westküste USA/Silicon Valley, nichts von dem Reichtum haben, was die ganzen Tech-Firmen erwirtschaften. Das einzige, wovon die Stadt hier profitiert, sind Steuern auf Konsumausgaben derer, die bei diesem Firmen arbeiten und horrende, für uns Europäer schwer vorstellbare Durchschnittsgehälter bezahlen. Andere wirklich nennenswerte Einnahmen aus Gewinnversteuerungen landen ja größtenteils nicht mal im eigenen Land, sondern werden über ausländische Gesellschaften abgeführt.
Ich will darüber nicht weiter urteilen und eigentlich geht das in die andere Richtung.
Wer jetzt aber meint, die $24B von Lauren Jobs ändern etwas an dem Zustand, dass im Silicon Valley die Vertriebenen (gezwungenermaßen) Einheimischen wieder zurückkehren, ist schon sehr naiv.
Vererbt werden zunächst mal keine $24B Barvermögen, sondern überwiegend Vermögenswerte aus Unternehmensbeteiligungen an Apple, aber auch Walt Disney. Gleiches gilt im Übrigen auch für sämtl. Spender von "The Giving Pledge", der Kampange von Gates und Buffet. Hierbei handelt es sich ebenso um riesige Firmenvermögen, die erst zu Geld werden, wenn man deren Anteile veräußert. Und das fällt mir schwer zu glauben, dass das in nennenswertem Ausmaß passiert.
Das soll nun nicht falsch verstanden werden, denn Spenden, in welcher Form auch immer, muss niemand. Das ist immer noch und glücklicherweise, ein freiwilliger Akt. Nur bezweifle ich, dass eben denen damit geholfen wird, die den Preis dafür zahlen, dass Google, Apple, Amazon und Facebook eine komplette Region in Beschlag nehmen und die Kosten für einen gesamten Bundesstaat, der im Übrigen eine stärkere Wirtschaftskraft als Frankreich hat, maßgeblich diktieren, während die breite Bevölkerung von diesem Reichtum einfach nichts hat.
Das hat schon fast etwas vom Trumpschen Gedanken: Kreiere ein Problem, und feiere dich, wenn du es "löst".
Der Erfolg der Tech-Firmen hat einen hohen Preis, von dem wir hier nichts mitkriegen. Das größte Problem in Berlin ist wohl derzeit, dass sich einige die 100qm Bude in Friedrichshain für 6,5/qm nicht mehr leisten können und deshalb auf die Barrikaden gehen.
In Palo Alto, im Silicon Valley, der Bay-Area und weiten Teilen Kaliforniens (ich spreche jetzt nicht vom Hinterland an der Grenze zu Arizona oder Nevada) werden ganze Teile der Gesellschaft verdrängt, weil 100.000 Jahresgehalt für zwei Kinder einfach hinten und vorne nicht reichen.
Und da sind wir wieder bei den $24B, die im Übrigen knapp über 10% des gesamten Kalifornischen Bundeshaushaltes ausmachen.
Damit könnte eine Menge Gutes getan werden.
Ich bin mir aber sicher, dass Lauren Jobs von den etwa 250 Mio. € reiner Apple-Dividende aus 2019 ebenfalls schon viel Gutes tut.
Mein Beitrag bezieht sich nur auf dieses Thema und auf den Ausgangspost. Nicht alles daran ist schlecht, im Gegenteil!