Entschuldigt bitte, dass ich hier so rein platze. Die antijüdische Hetze der letzten Tage hat ja einen Ursprung. Und überall wo es sehr viele Opfer zu betrauern gilt, kommt es auch zu aufgeputschten verbalen Entgleisungen. Dieser Ursprung liegt halt in der Unverhätnismäßigkeit der israelischen Antwort und der israelischen Handlungsweise im Alltag. Palästinenser werden nicht gleich behandelt in der jüdischen Gesellschaft.
Und du befürchtest nicht, dass andere obiges als "also ist (auch) der Jude wieder Schuld am Antisemitismus" lesen und verstehen könnten?
Und wäre da nicht auch etwas Wahres dran? Darf so gedacht, so argumentiert werden? Wenn Menschen das Handeln Israels zum Anlass nehmen, Antisemitismus zu verbreiten, ist dann nicht nur einer Schuld: der Antisemit?
Gibt es nun Antisemitismus, dem wir geschlossen entgegentreten müssen (so auch im Ukraine Thread thematisiert), und Antisemitismus, den wir relativieren dürfen (dieser Thread)? Woran macht sich das fest? Und wie glaubwürdig ist das Verdammen des einen Faschismus, das Anklagen, wenn anderswo gleich - wie man es lesen kann relativierend - auf einen Ursprung verwiesen wird, der nicht beim Antisemiten, sondern (wieder) beim israelischen Staat, der jüdischen Gemeinschaft, letztlich wieder beim Juden liegt?
Es kommt in Europa, in Deutschland, zu Gewalt gegen Juden, weil diese Juden sind.
Es wird in mehreren europäischen Ländern zu Gewalt gegen Juden aufgerufen, diese werden mit Affen gleichgesetzt, mit Schweinen, man wünscht diesen den Tod, die Juden sollen wieder "ins Gas".
Wir hören: „Hamas, Hamas – Juden ins Gas“, "Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!", es wird nach Adolf Hitler gerufen, und damit nach einer "Endlösung" des "Problems".
Es wird auf Juden jagt gemacht, diese werden gehetzt, aber es sind keine Rechtsradikalen. Macht es das besser? Haben diese Menschen unser Verständnis verdient? Dürfen wir relativieren? Sollen wir relativieren? Auch Rechtsradikale berufen sich darauf, dass der Jude, die jüdische Gemeinschaft, dass Israel der Ursprung sei.
Juden wandern aus, wagen es nicht, sich als Juden erkennen zu geben, es kommt mitten in Deutschland zu offenem Judenhaß, hier gerade auch mit migrantischem Hintergrund, aber das macht es weder besser noch schlechter. Oder doch? Gibt es eben doch, wie oben angefragt, "besseren" Antisemitismus? Judenhaß? Würde dieses in der Ukraine geschehen - von dortigen Antisemiten - würde dieses dort im Thread dann zu Recht ebenfalls mit dem Verweis auf die jüdische Gemeinschaft in Israel, der Politik Israels relativiert werden dürfen?
Denn letztlich: wird hier nicht der aufflammende Antisemitismus, der Judenhaß, mit dem Konflikt in Nahost relativiert? Gerade auch wenn die Suche nach diesem Ursprung wieder, ich sage es einmal ganz bewusst, ganz eindrücklich,
möglicherweise dir gegenüber nicht im Mindesten gerecht: wenn diese Suche wieder "auf den Juden" zurück verweist? Denn du verweist gerade auch auf die jüdische Gesellschaft. Und diese besteht eben gerade auch aus Juden. Und diese lese ich als gemeint, wenn es heißt, dass andere, also Nichtjuden, dort nicht gleichberechtigt wären/sind. Aber auch ein alleiniger Verweis auf Israel: wäre dies nicht immer noch eine Relativierung?
Und gehe ich fehl, wenn ich sage: Alleinige Schuld am Antisemitismus hat der Antisemit?
Macjosbert, ich stelle ehrliche Frage. Und teile dir meine Gedanken mit.
Deinen Link werde ich durchlesen, wenn ich Zeit finde. Ich hoffe du verstehst mein Anliegen und fühlst dich nicht übermäßig angegriffen. Aber ich persönlich verstehe es schlicht nicht, wenn diese höchst beunruhigenden Tatsachen, Angriffe auf Juden, weil sie Juden sind, auf Synagogen, weil es Synagogen sind, wenn die Zurschaustellung von Antisemitismus und Judenhaß auf offener Straße in Europa und Deutschland, in deutschen Städten und auf deutschen Straßen, gleich seinen Verweis findet auf Israel und die jüdische Gemeinschaft und Gesellschaft.
Beim Ruf "Juden ins Gas" bleibe ich einfach geschockt zurück. Mein Wunsch, dieses zu relativieren, ist Null. Ich hoffe, du verstehst das. Vielleicht kann mein obiger Text auch zumindest dahin irritieren, ob es wirklich angebracht ist, bei diesen Vorkommnissen gleich wieder zurück zu verweisen auf einen Ursprung, der wieder bei den Juden selbst liegt.
Hört sich härter an, als es dürfte? Vielleicht auch einfach eine Lesart, die aufzeigt, dass es hier scharf zu trennen gilt, damit eben nicht Israel, die jüdische Gemeinschaft und der Jude wieder Schuld ist oder Ausgangspunkt des Antisemitismus.
Die Ablehnung des Faschismus, des Judenhasses im Ukraine-Thread ist ja sicher nicht nur vorgeschoben? Dann sollte dieser hier ebenso nahtlos abgelehnt werden. Oder habe ich etwas im Ukraine-Thread missverstanden?
Vielleicht irritieren dich meine obigen Gedanken zu deinem Text etwas.