Ich will dir da sicher nicht an den Karren fahren und hoffe, du bleibst hier im Thread weiter aktiv, aber Biologie ist ein weites Feld… es soll hochqualifizierte Mikrobiologen geben, die einen Spatz nicht von einem Kuckuck unterscheiden können.
Solche Leute gibt es in jedem Beruf, keine Frage. Ich habe einen Kollegen, der wirklich sehr gute biologische Grundlagenforschung betreibt, aber neulich total verblüfft war als ich bei einem gemeinsamen Arbeitsessen aus einer seltenen Tomatensorte die Kerne herausgepult habe, und meinte, die wächst dann nächstes Jahr bei mir auf dem Balkon
Daß das "funktioniert", war für ihn ein Konzept, das er absolut nicht "auf dem Schirm" hatte. Da habe ich mich dann schon gewundert.
Solche Diskussionen sind leider meistens schnell emotional aufgeladen.
Eben deswegen
muß man als Fachmann etwas dazu sagen - aber mir ist schon klar daß man die allermeisten Leute mit Argumenten oder gar Fakten nicht erreichen kann, wenn irgendjemand eine hübsche bunte Website oder eine Fernseh-Doku gebastelt hat, die die Emotionen ansprechen - auch wenn die Fakten dort möglicherweise falsch oder verdreht sind (was ich bei dieser Doku schlicht nicht beurteilen kann, weil ich sie nicht gesehen habe). Aber man muß halt wissen, daß Journalisten immer etwas suchen, was sie möglichst "alarming" darstellen können.
Selbst als naturwissenschaftlich vorgebildeter Mensch ist die Einordnung der Ergebnisse von Studien schwierig, gerade wenn dann auch noch Statistik eine Rolle spielt, nicht nur für Laien, auch für Wissenschaftler oft ein schwer zu verstehendes oder mißverstandes Gebiet. Oder eben die Tatsache, daß viele Studien nicht unbedingt strengen Kriterien genügen, vom Auftraggeber auch, sagen wir mal "durch das Kleingedruckte" beeinflusst werden können, daß Studien, die nicht opportun sind, gar nicht veröffentlicht werden. Da muß man nicht an Verschwörungstheorien glauben, das ist reale Marktwirtschaft.
Real ist auch, daß Wissenschaftler wie ich, die seit 25+x Jahren "im Geschäft" sind, miese Studien von vernünftigen oder guten Studien unterscheiden können. Das ist - auch wenn das die meisten Leute nicht denken - eine der Kernkompetenzen eines Wissenschaftlers. Wie
müssen diese Unterscheidung drauf haben, weil wir sonst in unsere Forschungsarbeit ständig von irgendwelchen Sche!ss-Publikationen abgelenkt würden. Und wenn man einen durch viel Erfahrung vernünftig justierten Bullshit-Filter hat, kann man ohne Probleme auch Studien beurteilen, die nicht aus dem direkten eigenen kleinen Fachgebiet sind. Ich bekomme fast wöchentlich von wissenschaftlichen Fachzeitschriften Publikationen zur Begutachtung geschickt, die etwas beschreiben was nur im weiteren Sinn meine Expertise umfasst. Trotzdem kann ich
immer klare Beurteilungen schreiben, und das Manuskript ablehnen oder zur Veröffentlichung empfehlen, oder - meistens - weitere Experimente fordern, die gemacht werden müssen bevor ich das Manuskript zur Veröffentlichung empfehlen kann. Statistiken kann ich sehr gut "lesen", und wenn ich mal etwas nicht beurteilen kann, kreuze ich bei meinem Gutachten das bei vielen Fachzeitschriften schon vorgesehene Feld an, das sagt daß das Manuskript noch von einem Statistik-Experten begutachtet werden muß. Das kommt allerdings sehr selten vor. Meistens kann ich ganz gut sagen, ob die gewählten statistischen Methoden/Tests adäquat sind.
Daß Studien, die nicht opportun sind, nicht veröffentlicht werden, trifft für Firmen-finanzierte Forschung durchaus zu. Aber zu "alten" Wirkstoffen wie Glyphosat gibt es genügend "freie" Forscher, die ungehindert publizieren können was sie herausgefunden haben.
Da finde ich es durchaus lobenswert, wenn ein renommierter Sender wie Arte da mal was zusammenfasst. Auch wenn das dann nur eine Nischengruppe erreichen wird.
Zweifellos ist es gut und lobenswert, wenn vernünftige Dokumentationen produziert werden. Aber die können natürlich nicht auf einem wissenschaftlich relevanten Niveau sein; im besten Fall auf "Bild der Wissenschaft"-Niveau. Das ist schon toll! Aber für Wissenschaftler eher uninteressant.
Die Gefährlichkeit eines Produkts ist schwer zu bewerten, alleine die Toxizität (zum Beispiel als LD50) sagt nicht alles aus. Manchmal ist es wichtiger, wie das Gift abgebaut wird, wie lange es in der Nahrungskette bleibt und sich anreichert.
Das ist korrekt. Aber Glyphosat schneidet bei solchen Vergleichen ziemlich gut ab, nach allem was ich dazu an wissenschaftlichen Daten kenne. Sollte man das Zeug deshalb wild in der Gegend herumspritzen? Sicher nicht! Sollte man es verbieten, solange es kein nachweislich umweltschonenderes Mittel gibt? Da sehe ich halt die Gefahr, daß man ein gut charakterisiertes Gift durch ein weniger gut charakterisiertes ersetzt, das möglicherweise viel schädlicher ist.