[...] die Fachkräfte sehr rar. [...] in der Gastronomie fehlen ja selbst ungelernte Aushilfskräfte ohne Ende [...] Auch bei den Akademikern ist's dürftig, regional gibt's z.B. auch echt heftigen Ärztemangel. [...] Was wir bei uns (=Konzern) als Ingenieursbewerbungen reinkriegen ist, gelinde gesagt, dürftig
Der gemeinsame Nenner: Die Arbeitsbedingungen. Angefangen vom Gastronomie-Gewerbe das auf Ausbeutung der Mitarbeiter beruht, Trinkgeld ist für Mitarbeiter oft Teil des Gehalts. Für mich ist relevant, muss ich täglich eine Stunde oder länger im Auto sitzen und hab den Stress zu den Hauptverkehrszeiten, oder radel ich gemütlich ein paar Minuten ins Office, sind die Arbeitszeiten flexibel, Homeoffice, Urlaubsanspruch...
Bei Ärzten kenne ich die Probleme aus der Familie, das glaubst gar nicht was da abgeht. Hier in Ö arbeitet man als Teil der Ausbildung drei Jahre lang in den wichtigsten Fachbereichen, es fehlt jedoch so an Personal, dass du ein trial by fire durchmachst. Angehende Ärzte werden verheizt, indem man sie mit Aufgaben alleine lässt, für die sie nicht ausgebildet wurden, in der Notaufnahme dürfen sie die grauslichsten Sachen erleben aber psychologische Unterstützung gibt es nicht. Im Gegenteil, da jeder unter Druck steht versucht man möglichst wenig zusätzlich zu belasten. Ist man krank wird abgewogen, kann ich nicht vielleicht doch die Schicht jetzt schaffen? Weil du weißt, wenn du dich krankmeldest zwingst du einen Kollegen an seinem Urlaubstag einzuspringen. Du wirst von Oberärzten angeschrien, in der Nacht traust du dich vielleicht nicht einen on-call-Arzt für eine Konsultation anzurufen weil der stinksauer ist in der Nacht geweckt zu werden und und und.
Und ich kenn den Sohn eines Arbeitskollegen, der vor Ablauf dieser drei Jahre aufgehört hat und lange nachher noch PTSD-typische Symptome hatte und schlussendlich eine Zeit lang in Therapie ging. Der hat in Gesprächen oft ohne es zu merken "ich will sterben ich will sterben" vor sich hingemurmelt. Nicht nur ist das ein verschwendeter Arbeitsplatz und ein Arzt weniger, er wird ironischerweise durch diese Arzt-"Ausbildung" das Gesundheitssystem noch zusätzlich belasten.
Das Personal wäre also da, aber
wir tun unser Allermöglichstes um sie zu vertreiben. Alles geht am Limit, oder wie man sagt, "just in time delivery."
Bodensatz aus Leuten, die formal zwar Abschluss XY haben, aber eigentlich nicht wissen was sie tun.
Kann man auch umgedreht sehen, dass die Jobangebote die eierlegende Wollmilchsau verlangen aber gleichzeitig ein Gehalt bieten das dafür tatsächlich qualifizierte Leute abschreckt. Und zum Einsteigergehalt bekommt man dann Leute die gerade den Abschluss haben aber nicht die Erfahrung. Unternehmen wollen dann nicht investieren und diese Leute trainieren, weil die Mitarbeiter-Fluktuation zu groß ist, ein Teufelskreis.
Ich seh das bei mir in der IT oft genug, die typische Sysadmin-Stelle verlangt gleichzeitig nach einem Programmierer, DB-Admin, Kubernetes-Experten, Helpdesk-Support... jedes dieser Aufgabenfelder wäre ein eigener Vollzeitjob, und auf sowas bewerbe ich mich erst gar nicht, auch wenn alles Andere inkl. Gehalt ausgezeichnet wäre. Solche Jobangebote sind eine "red flag" wie sie im Buche stehen.
Und das ist schon schockierend, wenn man sich fragt, wie man auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben will.
Beginnen könnte man mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell. Die meisten Bäckerfilialen bei mir in der Stadt könnten direkt zusperren wenn sie ihren Mitarbeitern faire Löhne zahlen müssten. Brauch ich 5 Filialen in Gehweite? Ist aber profitabler in x Filialen möglichst wenige Mitarbeiter reinzusetzen die überarbeitet sind und von dem Geld allein niemals leben können, als eine Filiale zu haben mit guten Arbeitsbedingungen. In beiden Fällen komme ich als Kunde an mein Brot, aber nur eins der beiden Modelle erlaubt Geschäftsführer und Co. sich die Boni auszuschütten.
Das es auch schon die Dienstleister betrifft leider auch.
Ja das habe ich selbst erlebt, öffentliche Ausschreibung und meine Firma wollte unbedingt gewinnen, trotz Warnungen dass wir mit diesem Angebot die Leistung nicht vollständig erbringen werden können. Hatten dann auch gewonnen, nur profitabel war das nicht. Und derartiger Blödsinn wirkt sich dann langfristig auf das Unternehmen aus, Einsparungen bis dann schon Geschäftsreisen zum Kunden nicht mehr approved werden und du das erst 24 Stunden vorher erfährst und dem verärgerten Kunden kurzfristig absagen musst.