À propos Skandinavien.
Weiß hier jemand, etwa aus eigener Erfahrung oder als Muttersprachler, zu berichten, wie die sog. »du«-Reform im Schwedischen zustandegekommen ist?
Der deutsche
Wikipediaartikel benennt es zwar als »Reform«, aber in meinem Sprachgebrauch ist eine Reform etwas Gemachtes oder Vorgegebenes, im Gegensatz zum natürlichen Sprachwandel. So gesehen bleibt bei der Beschreibung im Artikel auch unklar, welche Exekutivkraft jener dort attribuierte Bror Rexed insachen reformatorischer (Ver–)Änderung überhaupt hat.
Wenn nämlich tatsächlich niemand in Form einer Akademie, dem Bildungsministerium oder einer dem Duden-Verlag vergleichbaren Institution (dem hierzulande von 1901 bis zur Rechtschreibreform 1996 ein quasi-exekutives Monopol zugebilligt wurde) eingegriffen hat/hätte, wäre der Du-Gebrauch dort dann doch nur Ergebnis der normativen Kraft des Faktischen – und eben keine Reform.
Ich kenne es ja auch nur aus den Erzählungen der »Alten« die damals schon gelebt haben. Längst vergangene Zeit, geprägt von Unterwürfigkeiten, verpackt in seltsame skurrile Formen von Anreden und Titel. Das sollte sich in den 60ern ändern. Da passierten Demokratisierung, Anfänge Gleichberechtigung und Gleichstellung. Eine neue Zeit begann, die Gesellschaft veränderte sich, somit veränderte sich auch die Sprache. Miteinander. Untereinander. Innerhalb und ausserhalb der Familie. Arbeit. Firmen. Betriebe. Behörden. Ämter. Zeitungen. Überall.
Die Du-Reform ist keiner einzelnen Person oder Personengruppe zuzuweisen.
Die Du-Reform war nicht von Oben aufgesetzt, sie kam von den Menschen selbst.
Die Du-Reform ist weit mehr als nur »Du« zu jedem zu sagen.
Überregionale Zeitungen wie die DN spielten unbestritten eine sehr wichtige Rolle bei der schnellen und nachhaltigen Verbreitung der Du-Reform im ganzen Land.
Bror Rexed ist mit seiner Rede als »Durex« in unsere Geschichte eingegangen. Zur Wahrheit gehört auch, dass zum Zeitpunkt seiner Rede das »Du« längst in den Betrieben und Firmen angekommen und verbreitet war. »Durex« hat sich nur geschickt medienwirksam inszeniert und somit fälschlicherweise mehr Lorbeeren bekommen als ihm gebührt.
Neulich habe ich gelesen, dass eine Journalisten herausgefunden hat, dass die Ursprünge der Du-Reform in der Landflucht der 50er Jahre begründet liegen. Um mit den Landeiern irgendwie kommunizieren zu können musste die Umgangssprache angepasst werden. Naja. Wenns so war, gebracht hat es in manchen Gegenden bis heute nichts. Gibt halt unendlich viele Geschichten um die Du-Reform. Und die Finnen haben selbstverständlich auch ihre eigenen Ansichten dazu.
Da ich ein schwedischer SE/EE/RU-Mischmasch bin sage ich zu meiner Mutter »du mamma«. Sie ist Deutsche geworden. Vielleicht sollte ich sie jetzt besser mit »Jawoll, Sie Frau Mutter« ansprechen. SCNR.
Glaube ich habe es hier schon oft geschrieben. Wir sagen du zueinander und nennen uns beim Vornamen, denn dazu ist der Vorname da. Nachnamen brauchen wir eigentlich nicht da wir durchnummeriert sind. Natürlich sagt man zu alten Menschen »Du« und nicht »Sie«. Diese könnten es sogar als respektlos oder verletzend auffassen wenn man sie mit »Sie« anspricht. Natürlich sagt man im Krankenhaus »Du Susanne« zur Chirurgin und nicht »Sie Frau Doktor Langstrumpf«. Dass sie in die Schule gegangen ist weiss man doch. Oj, da fällt mir gerade was ein. Name: Greta, Schulabschluss: Keiner, Grundschule: Geht manchmal hin. Nein, sowas gibts nicht in Wirklichkeit.
Hoffentlich ist es einigermassen verständlich geschrieben. Schönes Wochenende.