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Ich versuche hier einfach die Denkweise des Verantwortlichen der innerhalb von wenigen Sekunden eine Entscheidung treffen muss, ob es 9 Insurgents/zivis, oder 50 eigene mit Zig Fahrzeugen trifft, nicht die Zeit hatte gemütlich sich die Radio-Kommentare und Bilder 10 Mal anzuschauen....
Da stimme ich Dir zu.
In einer abgeschwächten Form haben hier in D ab und zu auch Rettungsdienste dass Problem in völlig unübersichtlichen Situationen ganz schnell Entscheidungen über Leben und Tod treffen zu müssen (wer wird bei Großschadenslagen zuerst behandelt, wer liegen gelassen, etc.). Und auch da gilt, dass die Presse, die Öffentlichkeit und erst recht der Staatsanwalt hinterher Monate Zeit haben, dein Handeln auseinanderzunehmen und Dir auf die Zehntelsekunde genau sagen, was du wann hättest anders machen müssen.
Insofern stimme ich Dir zu, dass man in einem Kriegsgebiet eher eine RPG als eine Kamera "sieht" und bei vermeintlich verdächtigen Bewegungen (da kenne ich mich überhaupt nicht aus) das Feuer eröffnet. Es liegt in der Natur der Sache, dass Soldaten so ausgebildet werden, eher eine Waffe zu sehen und böse Absichten anzunehmen, als den Friedensstifter zu spielen - das sind nunmal nicht (und das sollte jedem bewußt sein, bevor er [indirekt als Wähler] einem Krieg [oder Friedensmission, bewaffnetem Konflikt, kriegsähnlichem Zustand, umgangssprachlichem, aber nicht rechtlichem Krieg] zustimmt).
Und neben der Ausbildung sind es natürlich auch die täglichen Erfahrungen mit IEDs und Hinterhalten, die schnell zu einer fehlenden Unterscheidung zwischen Tätern und Zivilbevölkerung und zu erhöhter Gewaltbereitschaft führen; das erklärt auch in meinen Augen die für uns äußerst unangebrachten und perfiden Kommentare der "gezüchteten" Kämpfer.
Und jeder Kriegsreporter sollte die Umstände eines Krieges kennen und entsprechend vorsichtig handeln (Gesten und Verhalten in Gegenwart von Militär) und muss sich auch des Risikos bewußt sein, in die Schusslinie zu geraten.
Krieg ist schmutzig, auch wenn es uns die Heldensagen aus Hollywood ständig vergessen lassen. Jeder Tod eines Soldaten, egal welcher Seite, Reporters oder Zivilisten ist tragisch aber in einem Krieg "normal". Deshalb sollte man keinen anfangen oder wirklich sehr sehr gute Gründe dafür haben.
Aber ich kann unter keinen Umständen irgendeine Notwendigkeit für den zweiten Angriff auf die Verwundeten und dem Van erkennen. Die Kinder waren als solche nicht zu erkennen, aber auf Verwundete zu schießen, die von Zivilisten ohne Bewaffnung getragen werden, ist auch im Krieg hochgradig kriminell.
Besonders perfide finde ich diesen Selbstbetrug ala "Nimm etwas , was aussieht wie eine Waffe, damit ich deine Tötung vor mir und anderen rechtfertigen kann", obwohl klar ist, dass von diesem Verwundeten keine Gefahr ausgeht.
Dies gilt ebenso für diese verlogene Rückversicherung, wenn per Funk eine Lage gemeldet wird ("Mehrere gefährliche Bewaffnete gesichtet, wir müssen eingreifen, dürfen wir?" und "Er hat eine Waffe [war gelogen], wir sollten nochmal eingreifen [schießen], dürfen wir?"), die eher dem Wunschdenken des Schützen entspricht. Dem so befragten Kommandierenden bleibt aufgrund dieser (übertriebenen bzw. erdachten) Lage keine Wahl, als einen Schießbefehl zu geben und der Schütze hat seinen Seelenfrieden. DAS ist das perverse und perfide, was ich sowohl den abgestumpften Soldaten aber vielmehr den Politikern vorwerfe, deren Entscheidungen diese Soldaten erst abstumpfen und in derartige Situationen geraten lassen.
Und deshalb sollten wir alle uns ziemlich genau überlegen, ob wir Politikern die Macht geben, leichtfertig Kriege anzufangen. Und wenn wir das tun, müssen wir uns der unweigerlichen Folgen bewußt sein und uns diese auch immer wieder vor Augen führen.
Ein (wenn auch berechtigtes) Einprügeln auf die letzten Glieder der Gewaltkette greift allerdings deutlich zu kurz.
Meine Meinung dazu,
fox78