»Vorher war die Stadt verwirrend und hässlich, jetzt ist sie nur noch hässlich.«

T

The V.U.P.

Werbe-Overkill:
In der SZ erschien heute ein Interview mit einem Urbanisten. Er äußert sich dazu, dass in Sao Paolo nahezu alle Werbeplakate und -banner abgehängt werden mussten. Weitere brasilianische Städte könnten folgen, die Aktion findet durchaus Anklang.
Voilà: http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/301/128092/

Ein reizvolles Modell? Wirkt eine Stadt mit oder ohne Werbung ästhetischer? Und was haben Werbeplakate eigentlich in der Natur zu suchen?
 
Wenn ich mir z.B. vorstelle, dass in Bangkok die ganzen riesigen Plakate rechts und links der Tollways abgehängt werden würden - nein, die Stadt würde etwas verlieren. Die sind teilweise auf Gerüsten montiert, die locker 20x40m oder mehr haben. Sehr beeindruckend...
 
Werbe-Overkill:
In der SZ erschien heute ein Interview mit einem Urbanisten. Er äußert sich dazu, dass in Sao Paolo nahezu alle Werbeplakate und -banner abgehängt werden mussten. Weitere brasilianische Städte könnten folgen, die Aktion findet durchaus Anklang.
Voilà: http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/301/128092/

Ein reizvolles Modell? Wirkt eine Stadt mit oder ohne Werbung ästhetischer? Und was haben Werbeplakate eigentlich in der Natur zu suchen?

Deine Überschrift kann ich nur bestätigen.
Ich lebe ja schon ne Weile hier und hatte mich soooo schön an die vieleen bunten Kleckse gewöhnt. Werbebotschaft? Nö. Bin immun.
Man muß aber durchaus feststellen, daß mittlerweile einiges sonst auch saniert wird. Vorwiegend mit Farbe....
Vielleicht später mehr dazu, muß noch was arbeiten.....
 
Naja, über Werbung auf Privat-TV regt man sich also litaneienhaft auf, Werbung allerorten wird aber wohl akzeptiert wie die Butter zum Brot – egal ob auf netten Häuserfassaden oder in der Natur. :)
 
(leicht ot)

In der Schweiz fällt mir Plakatwerbung positiv auf – bessere Werbeideen, gute Fotos und ein angenehmeres Plakatformat.
 
Das ist gar nicht ot. :) Gerade die Schweizer sind ja bekannt für ihr grafisches Gespür. Sprich, da wird das Auge nicht unbedingt gleich auf plakativste Art und Weise beleidigt. Was ich aber interessant finde: Dass (auch hierzulande) alles zugekleistert wird mit unkreativem Werbemüll. Man hat es aber akzeptiert ohne die Werbung oder eine vermeintliche Botschaft noch wirklich wahrzunehmen. Womit ja der Werbeeffekt grundsätzlich ad absurdum geführt wird. Werbung ist, mehr nicht. Einen anderen Rang aber hat die gute alte Litfaßsäule, sie ist irgendwie kultig.
 
Wenn es keine Werbeindustrie gäbe, hätten hier im Forum wohl einige nicht so tolle Kreativ-Jobs. Und was hinten noch für ein Rattenschwanz an Dienstleistungen und Produkten dranhängt...
Werbung halte ich persönlich für wichtig! Es müssen ja nicht unbedingt Raucherkampagnen neben Kindergärten sein. Aber zum Beispiel so ein riesiger schwarzer Stier eines großen Sprirituosenherstellers (als Silouette!) in der spanischen Pampa, das hat schon was...:cool:

Guten Morgen allerseits!:)
 
Wenns nach mir ginge könnten sie alles abhängen. Ihr müsstet euch mal ansehen wie man die Stadt Sofia innerhalb von ein paar Jahren mit Werbeplakaten, (immer die Gleichen, sich wiederholenden) vollgekleistert hat.
 
find ich sehr geil! ich mein die stadt wird auch nicht schöner, wo städte ja grundsätzlich nicht schön sind (ausnahmen gibt es natürlich, städte wie prag z.B.). aber ich kann werbung nicht ausstehen. jede form der werbung finde ich scheisse.
 
Stern-TV macht Spaßiges: Ein Typ greift die albernen Werbeversprechen auf und spielt sie nach. Sprüht sich zum Beispiel in der Nähe von Frauen mit Dosen von Axe ein und wartet darauf, dass die holden Geschöpfe ihm en masse nachlaufen (wie in der Werbung halt). Leider sind die dermaßen angepisst von dem ekligen Moschusgestank, dass sie ihn nur angewidert anmotzen. O.k., ist lustiger, wenn man es sieht, statt liest. :)
 
Ja, es gibt häßliche und lästige Werbung.

Nein, man sollte sie nicht generell entfernen. Werbung ist ein Kulturbestandteil.
 
Wenn es keine Werbeindustrie gäbe, hätten hier im Forum wohl einige nicht so tolle Kreativ-Jobs. Und was hinten noch für ein Rattenschwanz an Dienstleistungen und Produkten dranhängt...
Mit diesem Argument könnte man alles rechtfertigen, mit dem sich Geld verdienen lässt, auch Landminen.

Für mein Empfinden hat die Durchseuchung des öffentlichen Lebens mit Produkten der Werbeindustrie inzwischen ein Ausmaß erreicht, das einen zwingt, sich in die Einöde zurückzuziehen, wenn man ihr entgehen will.
Wenn man sich dazu klarmacht, dass die ästhetischen Werkzeuge der Werbemittel allein auf das Ziel hin optimiert sind, bestimmte Zielgruppen zum Kauf bestimmter Produkte zu animieren, kann man nun wirklich nicht von "Kultur" sprechen.
Das meiste, was in den Strassen hängt, in Magazinen abgedruckt wird oder im Privatfernsehen läuft, ist einfach nur dünnster Kommerzscheiß und eine Beleidigung jedes intelligenten Menschen. Ausnahmen in grösserer Zahl gibt es lediglich in der Kinowerbung.

Die fieseste Werbetechnik ist die mittlerweile überall hinkriechende und durchschleimende "virale Werbung" – also getarnte Werbebotschaften, die lebende Menschen zu Zombies macht, die unwissentlich Werbebotschaften als angebliche Szenetipps weitertragen.
 
Du entgehst der Werbung eben selbst in der Einöde nicht. Ich erinnere mich an Coca-Cola-Werbeplakate (aus Eisen oder ähnlichem und völlig verrostet), die standen an den entlegensten Punkten, in freier Wildbahn. Völlig unverständlich, leider stets ein gutes Fotomotiv.

Sicherlich gehört Werbung zur hiesigen Kultur, aber was soll das denn für eine Kultur sein, die nicht mehr ist als marktschreierisch, vermüllend (in zwei Bedeutungen übrigens: Inhalte-Müll und Umweltschutz) und in 99 Prozent der Fälle zum Abwinken unkreativ. Die Frage stellt sich, wer dümmer und biederer ist: die Werbungtreibenden oder die Rezipienten? Und was ist das eigentlich für eine Kultur, in der sich solche Mittel wie das erwähnte virale Marketing verbreiten? Aber die Zielgruppe nimmt ja alles hin, wie Kühe, denen man Trockenfutter in den Trog schüttet. Nur dass die Kühe sich nicht auch noch hipp dabei finden. :)
Die Werbeinvestitionen lagen 2006 bei 30,23 Mrd. Euro. Eine Menge Asche, von der gut 98 Prozent verpulvert sein dürften. Na gut, zugegeben, die Medien hätten ohne die Investitionen ein Problem. :)
 
Die Medien hätten dann ein Problem, wenn die Leute sie zu einem Preis ohne Werbung nicht kaufen würden. Das spricht ja auch nicht für das Produkt.

Wie sehr Werbung durch ihre Finanzierung auch den Inhalt der Medien verkommen lässt, sieht man an den Privatfernsehsendern. Die Mechanismen sind bekannt.

Aber für Plakate und andere Werbemittel im öffentlichen Raum – und die waren hier angesprochen – gilt das ja ohnehin nicht. Da müssen Flächen extra für Plakate geschaffen werden, wo vorher Landschaft/Stadtlandschaft zu sehen war, also einfach das, was ist: Eine Mauer, eine Bushaltestelle, der Himmel.
Und dieser Anblick soll schwerer erträglich sein als der einer Werbeanzeige?
 
Mit diesem Argument könnte man alles rechtfertigen, mit dem sich Geld verdienen lässt, auch Landminen.

Für mein Empfinden hat die Durchseuchung des öffentlichen Lebens mit Produkten der Werbeindustrie inzwischen ein Ausmaß erreicht, das einen zwingt, sich in die Einöde zurückzuziehen, wenn man ihr entgehen will.
Wenn man sich dazu klarmacht, dass die ästhetischen Werkzeuge der Werbemittel allein auf das Ziel hin optimiert sind, bestimmte Zielgruppen zum Kauf bestimmter Produkte zu animieren, kann man nun wirklich nicht von "Kultur" sprechen.
Das meiste, was in den Strassen hängt, in Magazinen abgedruckt wird oder im Privatfernsehen läuft, ist einfach nur dünnster Kommerzscheiß und eine Beleidigung jedes intelligenten Menschen. Ausnahmen in grösserer Zahl gibt es lediglich in der Kinowerbung.

Die fieseste Werbetechnik ist die mittlerweile überall hinkriechende und durchschleimende "virale Werbung" – also getarnte Werbebotschaften, die lebende Menschen zu Zombies macht, die unwissentlich Werbebotschaften als angebliche Szenetipps weitertragen.

Daß es Grenzen des guten Geschmacks gibt und das Sitte und Anstand gewahrt werden müssen ist wohl klar. Besonders im Hinblick auf die Beeinflussung der Kinder. Alkohol und Tabak haben in der Werbung einfach nichts zu suchen! Jedenfalls nicht so wie es der Fall war und ist. Und daß ich mit meinem Argument keine schlimmen Dinge rechtfertigen möchte, sollte auch einleuchten. Deswegen werde ich meinen Standpunkt mal etwas näher erläutern:

Ich bin ein Kind der 80er (okay, Ende der 70er geboren, aber die ersten Jahre zählen wir mal nicht...). Ich bin mit Reklame großgeworden und fand sie schon immer faszinierend. Da es in der DDR eher weniger Produktwerbung gab (und wenn, dann war diese eher informativ) stürzten wir Kinder uns natürlich auf die Einflüsse aus dem Mutterland jenseits des eisernen Vorhangs. Das ging soweit daß wir sogar Spielchen mit der Fernsehreklame gemacht haben: das gute alte "Werbespotraten" - der Spot begann, und wer als erster das beworbene Produkt erriet, der erhielt einen Punkt. Tja, Kinderspiele halt...:D

Heute sehe ich alles natürlich etwas anders. Wenn im Free-TV alles (besonders Filme) von Werbeblöcken zerhackstückt wird, so nervt das manchmal gewaltig. Wenn Stadtbilder und Kulturlandschaften von selbstleuchtenden Werbeschildern und überdimensionalen Reklametafeln verschandelt werden, so ist das nicht in Ordnung. Stadtregierungen usw. hätten es ja eigentlich in der Hand, dem zumindest etwas Einhalt zu gebieten oder zumindest in vernünftige Bahnen zu lenken. Positive Beispiele hierfür gibt es ja genügend. Euch fallen sicher auch Städte ein, wo es dank Denkmalpflege und vernünftiger Gewerbetreibender möglich geworden ist, jedem seine Werbefläche zu gestatten und trotzdem sogar McD halbwegs anständig in ein historisches Gebäude zu integrieren. Ich erinnere an Trier.
Ich möchte jetzt nicht zu sehr abschweifen, finde die Diskussion aber durchaus interessant.
Daß Städte oftmals immer häßlicher werden, hat aber eben nicht nur mit der Außen- und Plakatwerbung zu tun (ich glaube die schimme Firma in dieser Beziehung heißt DSR GmbH...) sondern auch mit der oft mangelhaften Stadtentwicklung und Städteplanung. Es wird halt abgerissen und neugebaut wie es gerade in den Kram paßt, ohne Rücksicht auf Verluste. Oder es verfällt alles und wird mit bunter Werbung kaschiert.
In dem West - Ost Thread war ja schon die Rede vom Gefälle zwischen den mittlerweile strukturschwachen Gebieten in Westdeutschland und dem teilweise perversen Aufbau-Ost Getue in manchen östlichen Gebieten.

Soviel dazu...:rolleyes:

Schöne Grüße,

Diethard
 
Über die ästhethischen Qualitäten von Architektur kann man streiten.
Viele mögen moderne Bauten nicht, das ist eine Frage des Geschmacks. Aber selbst Grundstücke mit Verfall und Verwahrlosung haben in meinen Augen immer noch eine Menge Reiz.

Ein Marlboro-Plakat dagegen soll einfach nur einen Kaufimpuls auslösen. Es hat nichts mit der Realität, mit der Stadt, mit der Landschaft zu tun, in der es hängt.

Ich will Konsumwerbung nicht grundsätzlich aus dem Stadtbild verbannen, nur die Flächen dafür stark reduzieren.
Vielleicht könnte man auch überlegen, das Sprühen auf solchen Plakatwänden straffrei zu stellen. Dann würde wirklich Kultur entstehen.
 
Über die ästhethischen Qualitäten von Architektur kann man streiten.
Viele mögen moderne Bauten nicht, das ist eine Frage des Geschmacks. Aber selbst Grundstücke mit Verfall und Verwahrlosung haben in meinen Augen immer noch eine Menge Reiz.

Ein Marlboro-Plakat dagegen soll einfach nur einen Kaufimpuls auslösen. Es hat nichts mit der Realität, mit der Stadt, mit der Landschaft zu tun, in der es hängt.

Ich will Konsumwerbung nicht grundsätzlich aus dem Stadtbild verbannen, nur die Flächen dafür stark reduzieren.
Vielleicht könnte man auch überlegen, das Sprühen auf solchen Plakatwänden straffrei zu stellen. Dann würde wirklich Kultur entstehen.

Diese Sätze kann ich so unterschreiben! Ich bin also ähnlicher Meinung wie Du...
Nur war zwischendurch schon von der Schweiz als gutem Beispiel für gelungene Gestaltung und Typografie in der Werbung die Rede. und das ist das Problem: in Deutschland gibt es einfach zu viel Leute mit schlechtem Geschmack. Diese Leute bekommen aber Geld und Entscheidungskompetenzen in die Hand und los geht die wilde Fahrt! Mal sehen was passiert...
Wir alle kennen die These: "Schnelles Wachstum ist ungesundes Wachstum." Aber genau nach dieser Devise wurde beispielsweise in den neuen Bundesländern nach der Wende vorgegangen: RatziFatzi-Blühende Landschaften erschaffen und gewachsenene Strukturen plattwalzen - damit unser aller Birne (Helmut) von der CDU seine Versprechen halten kann. Denn alles was aus der DDR kommt (sei es auch schon seit dem Mittelalter/Renessaince/Gründerzeit usw. an diesem Fleck gewesen) kann ja nur schlecht sein.
Und diese äußerst negative Entwicklung wird nicht etwa abgefedert oder aufgehalten, nein, es wird immer schlimmer: Der Fetisch: "Arbeitsplätze schaffen ist geil!" ist die oberste Maxime der Politiker. Wahlweise stehen natürlich auch noch andere Topics auf der Agenda oder in der Tagesordnung. Aber nichts desto trotz: Die Legislative weiß nicht was die Judikative gerade tut. Die Judikative macht was sie will. Und die Exekutive handelt streng nach Vorschrift. Also alles beim alten in Deutschland. Auch in der Werbung und gerade in der Architektur und in der Stadtentwicklung.
Ich bitte für OffTopic-Ausflüge natürlich demütigst um Entschuldigung!:)

Grüße!
 
sorry, Doppelpost: dieser hier kann also gelöscht werden!
 
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