Wie die Zeit vergeht. Ich habe erst kürzlich Studenten getroffen, die prahlen immer damit, wie leicht und toll sie doch ihre Fotos zu Geld machen können. Selbst die Agenturen, wo sie als feste Freier beschäftigt sind, würden die Motive für Kundenaufträge verwenden. Problem: Die Studenten saugen sich ganze CD-Packs voller Fotos von irgendwelchen dubiosen Webseiten aus Osteuropa auf ihre Computer und zahlen weder Nutzung- noch Lizenzgebühren. An der Hochschule ist regelrecht eine Sammlerwut ausgebrochen, ob Brand X, Comstock, Corbis, DigiTouch, Eyewire, Idream, Image Kit, Image Source, ImageDJ, Mixa Image, PhotoAlto, Photodisc, PlanetArt oder Datacraft Sozaijiten. Der Kostendruck hat längst die Skrupel beiseite geräumt, für eine regionale Fleischerzeitung Fotos aus einer Bildagentur aus Asien zu verwenden, die man per E-Mail an den Grafiker sendet. Die Fülle der Angebote ohne Wasserzeichen und in maximaler Auflösung, verführt Agenturen dazu, Wunsch-Motive zu verfälschen, Ausschnitte zu übernehmen oder neu zu kombinieren, ohne das es jemand bemerkt. Ich glaube schon längst nicht mehr daran, dass jeder Urheber zu seinem fairen Honorar kommt, denn was im Audiobereich längst passiert ist, nimmt auch beim Thema Bildagenturen unheimliche Formen an. Wenn Kunden nicht bereit sind, für ein gutes Motiv 499 Euro (inkl. Nutzung) zu bezahlen, dann wird es sicher trotzdem verwendet und der AD stellt es - zum Schein - mit 299 Euro in Rechnung. Auch das gehört zur dunklen Seite der Berufe, denn das Märchen von der freiwilligen Selbstkontrolle und der Glaube daran, das jedes Urheberrecht gewahrt wird, hat selten so gelitten, wie in Zeiten der großen Onlineangebote – und damit sind ganz sicher nicht die offiziellen Bezugsquellen der Bildagenturen gemeint. Selbst auf der IFA hatte ich den Eindruck, dass manche Flyer unglaublich teuer sein mussten, nach all den bekannten und weniger bekannten Motiven, die man darin fand. Auf die Frage, woher die Fotos denn stammen, kamen Antworten wie z. B.:
Keine Ahnung!
Haben wir von der Werbeagentur!
Unser Mitarbeiter hat eine Digicam!
Was geht Sie das an?
Wo kein Kläger, da kein Richter, denn welcher japanische Fotograf erhält die Fleischerzeitung aus Nieder-Eschbach? Der Markt ist ziemlich grau geworden, wenn nicht sogar schwarz wie die Nacht. Wenn man einmal Webseiten aufruft, wo Privatleute und Amateur-Fotografen ihre Shots als lizensfreie Fotos zum Download anbieten und ganze CD voller Motive für 19,90 Euro anbieten, dann glaube ich nicht mehr an die vollen Kassen der Fotografen, die bisher von einem Wassertropfen fürstlich leben konnten, denn inzwischen gibt es mehr Wassertropfen als Abnehmer für dieses "abgelutschte" Motiv. Wer schaut sich von Euch auch so aufmerksam um und entdeckt dabei ähnliche Gradwanderungen, wo man sie zwar vermuten würde, aber niemals so offensichtlich für möglich hielt? Der kleine Mann und sein Urheberrecht? Eine Utopie. Selbst aus unseren Videoproduktionen waren Kunden so frech und mutig und haben Standbilder entnommen und in einem Heft abgedruckt, um sich den Fotografen zu sparen. Das Ergebnis sah einfach nur erbärmlich aus, denn sie wussten nichts von Mindestauflösung und Farbraum, aber peinlich war es ihnen kein Stück. Sie glaubten, mit dem Videobeitrag wären automatisch alle Rechte an sie übergegangen. Wir haben uns schließlich geeinigt und uns von solchen Kunden verabschiedet. Pfui! Kaum auszudenken, was mit Motiven geschehen kann, wo die Urheber in den USA oder in Japan sitzen, wenn in Nieder-Eschbach Poster gedruckt werden – für eine Neueröffnung einer Fleischerei.
Mahlzeit!
- Sterling