Schon mal einem Unbekannten mit einer "wearable cam" begegnet? Wie war es für euch?

PDPete

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Kürzlich begegnete ich erstmalig bewusst einem Menschen mit einer wearable cam. Ein modisch gekleideter junger Mann stieg in unseren Waggon einer Vorortbahn Barcelonas. Vor seiner Stirn prangte ein kleines schwarzes Kästchen mit einem Objektiv, das über eine Halterung irgendwo unter seiner Mütze befestigt war. Er lief an mir vorbei und setzte sich hinter uns. Ich machte meine Freundin auf ihn aufmerksam und wir wendeten uns ab bzw mieden seinen „Blickwinkel“.

Denn mein erstes Gefühl war das einer Belästigung.

Obwohl ich natürlich weiss, dass ich gerade in der Bahn permanent von den Sicherheitscams gefilmt werde und dass Jedermann potentiell mit einer hidden cam rumlaufen kann. Und dass das Aufnehmen (in Deutschland) im öffentlichen Raum *idR* zulässig ist (dass nur die Veröffentlichung ist *idR* verboten ist).

Trotz aller gelesenen Google Glass - Berichte & Kommentare war es erst dieser Anlass einmal intensiver darüber nachzudenken, ob ich überempfindlich war und wie ich reagieren werde wenn man eine so ausgestattete Person direkt gegenüber von sich sitzen hat.

Bisher war es ja immer so, dass eine eindeutige soziale Interaktion - das manuelle Ausrichten eines Objektives/Cam - stattfand. Was eine Hürde für den Aufnehmenden ist und uU eindeutiger Anlass für den Betroffenen zu reagieren.

Was nun beim nächsten Mal? Akzeptieren? Weggehen? Ein Ansprechen und Bitten um Nichtaufnahme bzw. Objektiv hochklappen wenn möglich bzw. Diskutieren wird ja uU schon aufgezeichnet, was man ja wohl auch nicht möchte. Zurückfilmen als möglicher Denkanstoß für den cam-Träger? Ich weiss es selbst noch nicht ...

Ich bin gespannt auf eure Erlebnisse und Meinungen!

Pete
 
So eine Situation habe ich noch nicht erlebt, aber eine ähnliche, ich bin hier in Essen mal von einer Gruppe Jugendlicher beim Überqueren des Zebrastreifens am Bahnhof gefilmt worden.
Ich habe Sie dann freundlich angesprochen, wann ich den Modell Release Vertrag unterzeichnen kann. Leider haben Sie meinen dezenten Hinweis nicht verstanden, im Gegenteil, ich bin darauf hin von einem Mädel angemacht worden, das ich nicht "in die Aufnahme labern soll".
Da die wohl für ein Schulprojekt gefilmt haben war mir das egal und ich bin weitergegangen.
Aber irritiert war ich schon, das die filmen, ohne sich um die Persönlichkeitsrechte Dritter Gedanken zu machen oder darüber, wie Sie empfinden würden, wenn man sie einfach filmt, und das noch frontal und gut erkennbar.
 
Aber irritiert war ich schon, das die filmen, ohne sich um die Persönlichkeitsrechte Dritter Gedanken zu machen oder darüber, wie Sie empfinden würden, wenn man sie einfach filmt, und das noch frontal und gut erkennbar.

Die Generation Facebook hat damit keine Probleme. In dieser Generation gibt es viele, die selbst Nacktbilder von sich ins Netz stellen - offenbar weil sie so glücklich darüber sind, daß sie endlich auch, ähm, Geschlechtsmerkmale haben. Andererseits tragen sie Unterhosen unter der Badehose. Das muß man alles nicht verstehen...
 
Kann sein. Ich gehöre nicht dazu.

Bei Google Glas etc. mache ich mir schon Gedanken, wie das demnächst auch mein Business verändert.
Öffentliche Veranstaltungen wie unsere Jahreshauptversammlung, in der ich für IT und Informationssicherheit zuständig bin, werden spannender,
da Audio und Tonaufnahmen nur akkreditierten Journalisten gestattet sind.
Von den Persönlichkeitsrechten der Aktionäre mal abgesehen.
 
Wobei das Filmen am Zebrastreifen und der Fall, um den es hier geht, ja zwei verschiedene Sachen sind. Die Schüler, die da für irgend ein Schulprojekt gedreht haben, haben sich keine Gedanken um die Persönlichkeitsrechte der Gefilmten gemacht, und der Lehrer hat sie nicht darauf hingewiesen (was ein Fehler ist). Der coole Junge in Barcelona aber wollte zeigen was er hat und findet außerdem, dass Privatsphäre »ja sowas von dermaßen total 80er« ist (so ungefähr würde er sich wohl ausdrücken), was er gern ständig demonstriert. Dass er dabei die Rechte anderer ignoriert bzw. anderen überhaupt irgend ein Recht in dieser Sache abspricht, gehört zum cool-neoliberalen Gesellschaftsmodell nun mal dazu. Aber im Grund ist jemand, der so ein Ding »anzieht« natürlich geistig gestört und verdient vor allem unser tiefes Mitgefühl. Was kann er dafür, wenn die raffinierten Verblödungstechniken der Marketing-Spezialisten bei ihm früher als bei der großen Mehrheit gezündet haben?
 
Aber irritiert war ich schon, das die filmen, ohne sich um die Persönlichkeitsrechte Dritter Gedanken zu machen oder darüber, wie Sie empfinden würden, wenn man sie einfach filmt, und das noch frontal und gut erkennbar.
Werden die Persönlichkeitsrechte denn schon verletzt, wenn die Aufnahmen nicht veröffentlicht werden?
 
Dann haben sich die Schüler evtl. doch mit dem Thema Persönlichkeitsrechte auseinander gesetzt. Und dann kommt da jemand daher und labert denen in die Aufnahme. ;)
Da irrst du dich gewaltig, Ein Schulprojekt ist öffentlich, mindestens der Lehrer wird es sehen wenn nicht alle Mitschüler. und damit gilt das Argument nicht mehr.
 
Dann haben sich die Schüler evtl. doch mit dem Thema Persönlichkeitsrechte auseinander gesetzt. Und dann kommt da jemand daher und labert denen in die Aufnahme. ;)

Nun, Sie haben MICH gefilmt, ohne mich zu fragen oder, und das wäre mir noch wichtiger, mir Auskunft über die Art der Verwendung etc. zu geben.
Ich kann somit gar nicht mein Persönlichkeitsrecht waren, da ich keinerlei Erkenntnis darüber erlangen kann, ob ober wie mein Recht verletzt wird.
Vielleicht hänge ich als Video Installation in der Schule? In der VHS? Im Rathaus?

Alles sehr unwahrscheinlich, dennoch nicht auszuschließen.
Ich habe da auch kein Fass aufgemacht und bin weitergegangen. Fair wäre es dennoch gewesen, wenn die mir kurz erklärt hätten, für was die Aufnahmen gemacht wurden.
 
Nun, Sie haben MICH gefilmt, ohne mich zu fragen oder, und das wäre mir noch wichtiger, mir Auskunft über die Art der Verwendung etc. zu geben.

haben die dich mit dem Objektiv "verfolgt", oder bist du denen durch eine Weitwinkelaufnahme "durchgelaufen" ?

EDIT:
ich bin auch immer das "Ziel" der Handykameras sämtlicher Nachwuchsbushidos der Nachbarschaft. Als deutscher mit kurzen blonden Haaren ist man wohl das typische deutsche Nazihassobjekt, welches ständig beobachtet werden muss. :crack:
 
K
Obwohl ich natürlich weiss, dass ich gerade in der Bahn permanent von den Sicherheitscams gefilmt werde und dass Jedermann potentiell mit einer hidden cam rumlaufen kann.

Die Aufnahmen der Cams in der Bahn – zumindest hier in Deutschland – laufen aufnahmetechnisch in Schleife.
Heisst lapidar, ist's Band voll, wird's auch wieder überschrieben.

Ein guter Kumpel von mir ist hier in Hamburg U-Bahn-Kapitän.
Seine Infos zur öffentlichen Datenspeicherung und Reglementierung betreffs U-Bahn möchte ich nie wieder missen.

Was allerdings eine Person, die privat Aufnahmen macht, mit diesen Bildern evtl. anstellen mag,
möchte ich mir immer gar nicht erst ausmalen.

Selbst Gruppenbilder vor irgend'nem Rathaus unterliegen gewissen Regelschaften der Erlaubnis (Persönlichkeitsrecht).
Habe mal eine Website für eine Schule (Grund-, Real- und Gym-Schule in einem) gemacht –
da musste ich mich mit dem Thema beschäftigen, weil die diverse Fotos von Schülern etc. online stellen wollten.

"Unfreiwillige" Gruppenbilder: ab so-und-so viele Personen mit Erkenntnisgrad plusminus bedarf der vorherigen Erlaubnis der Abgelichteten etc.
 
Nun, Sie haben MICH gefilmt, ohne mich zu fragen oder, und das wäre mir noch wichtiger, mir Auskunft über die Art der Verwendung etc. zu geben.
Ich kann somit gar nicht mein Persönlichkeitsrecht waren, da ich keinerlei Erkenntnis darüber erlangen kann, ob ober wie mein Recht verletzt wird.
Vielleicht hänge ich als Video Installation in der Schule? In der VHS? Im Rathaus?

Alles sehr unwahrscheinlich, dennoch nicht auszuschließen.
Ich habe da auch kein Fass aufgemacht und bin weitergegangen. Fair wäre es dennoch gewesen, wenn die mir kurz erklärt hätten, für was die Aufnahmen gemacht wurden.
Ich kann Dich sehr gut verstehen und hätte die Blagen wahrscheinlich deutlich intensiver genervt.

Es gibt für basale Persönlichkeitsrechte leider überhaupt kein Bewußtsein, ganz besonders nicht bei einer Generation, die per FB, Google Glass etc. freiwillig darauf verzichtet. Wenn es so wäre, würde das viele Dinge im öffentlichen Leben (wie zum Beispiel das Filmprojekt der Jugendlichen) erheblich komplizierter machen. Also ignoriert man einfach geltendes Recht - ist ja nicht so schlimm, wenn mal einer auf das "Recht am eigenen Bild" verzichten muß. Hauptsache, man hat es schön bequem! :)
 
Hier gehen aber private und veröffentlichte Aufnahmen durcheinander. Für private Zwecke darf JEDER grundsätzlich JEDEN fotografieren / filmen, sofern man nicht in die Intimsphäre eindringt.
Recht am eigenen Bild gibt es nur bei veröffentlichten Aufnahmen.
Wenn man aber nicht gefilmt/fotografiert werden möchte, kann man das natürlich sagen und derjenige sollte/muss die Aufnahmen dann eventuell löschen, das ist aber schon komplizierter.
Nichtsdestotrotz: Ich finde die Lifelogger auch gespenstisch, habe bisher aber nur einige Google Glass gesehen, damit sehen die Leute einfach dämlich aus, das kommt noch dazu. Waren aber meistens auch dicke Nerds mit unübersehbarem "Yeah, ich hab eine Google Glass"-Grinsen. :noplan:
 
Hier gehen aber private und veröffentlichte Aufnahmen durcheinander. Für private Zwecke darf JEDER grundsätzlich JEDEN fotografieren / filmen, sofern man nicht in die Intimsphäre eindringt.
...

das stimmt nicht, es gibt bereits gegenteilige Gerichtsurteile, siehe der oben verlinkte Wiki Artikel und die angegebenen Quellen.
 
das stimmt nicht, es gibt bereits gegenteilige Gerichtsurteile, siehe der oben verlinkte Wiki Artikel und die angegebenen Quellen.

So einfach ist es auch nicht. Es gibt keinen Automatismus, dass ein Foto Deine/meine allgemeinen Persönlichkeitsrechte verletzt.
Aus einem der Urteile bei Wikipedia:

Die Feststellung eines unzulässigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen durch das Anfertigen eines Bildes erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Güter- und Interessenabwägung der schutzwürdigen Rechtsposition der Beteiligten

In dem konkreten Fall ging es um einen Mann, der unter Wahnvorstellungen litt und eine Frau fotografiert hat, um zu "beweisen", dass sie ihm seinen Platz wegnehmen wolle…
Alles Einzelfallentscheidungen, solange nicht offensichtlich Ehre, Intimsphäre usw. verletzt werden, gibt es da keine Allgemeingültigkeit.

Ich meinte grundsätzlich im Sinne "vom Grundsatz her", nicht im Sinne von "immer". :)
 
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