Gesellschaft Medienwandel & Leitmedien

stonefred

stonefred

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dies ist ein Versuch, die in anderen Threads verstreuten Diskussionen über die Strukturen der heutigen sog. Leitmedien oder über dort erschienenen Artikeln in diesen Thread separat zu besprechen und gleichzeitig das OT in den anderen Threads zu reduzieren.
 
Luegenpresse. Nur um mal ein Stichwort in den Raum zu werfen.
 
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Dann mache ich mal den Anfang:

Die NZZ ist in der Schweiz das Leitmedium auf der bürgerlichen Seite, so wie es die F.A.Z. in Deutschland ist. Dass sie dann entsprechende Initiativen ablehnt bzw. befürwortet ist ja naheliegend.
Leitmedium OK. Aber nicht unabhängig. Guter Journalismus sollte neutral und nicht meinungsäussernd sein.
Die NZZ ist doch trotzdem unabhängig, es ist ja nicht die Parteizeitung der FDP.
Nachdem vom VR beinahe ein SVP-Chefredakteur (soviel zum Thema "bürgerlich") eingesetzt worden ist wurde durch eine andere Besetzung trotzdem Druck auf die Redakteure ausgeübt und eine Ausrichtung der NZZ erzwungen, die viele Redakteure nicht getragen und das Unternehmen verlassen haben. Zum Juni 2018 ist Felix Graf, ein leitender Angestellter des AXPO-Atombetreibers, durch den NZZ VR zum NZZ CEO ernannt worden. Nach der Nein-Initiative der NZZ gegen die Ausstiegsinitiative folgt das Aha-Erlebnis.

Zum Thema Leitmedium:
Leitmedien zeichnen sich aus durch hohe Integrität, eine kompetente, eigene Redaktion und ein breites Themenspektrum. Sie sind keine "Nebenbeimedien", sondern genießen als full-attention media die ungeteilte Aufmerksamkeit ihres Publikums, insbesondere wenn sie gedruckt sind. Ihr wichtigstes Merkmal aber ist die Orientierungsfunktion für die Leitmilieus. Je mehr unsortiertes Nachrichtengranulat auf die Leitmilieus prasselt, desto wichtiger sind ihnen die Leitmedien, um Zusammenhänge zu verstehen.

Das zweite Strukturmerkmal eines neuen Kommunikationsmodells ist die Herausbildung von Leitmilieus. Die Leitmilieus teilen mit den Leitmedien die Rolle des Gatekeepers. Sie entscheiden, ob sich eine Ansicht in der Gesellschaft nachhaltig verankert oder in randständigen Echoräumen verhallt.

http://www.zeit.de/2015/40/leitmedien-entscheidungen-meinungen-virale-netze/komplettansicht

Die NZZ ist zweifelsohne ein Leitmedium. Aber ist sie nach der ganzen Einflussnahme noch freisinnig und authentisch?
 
Luegenpresse. Nur um mal ein Stichwort in den Raum zu werfen.
Ich bin der Meinung, dass es viel aufwendiger ist, glaubhafte Lügengeschichten zu erfinden als echten investigativen Journalismus zu betreiben, gerade in der jetzigen Zeit, in der es genügend zu berichten und hinterfragen gibt. Selbst über die manipulative Lügenpresse kann man gut schreiben. :)
 
Sie müssen ja nichtmal lügen, es reicht wenn man Dinge aus dem Kontext reißt oder gewissen Tatsachen einfach weglässt - schwupp hat die Geschichte ein ganz anderes Bild...
 
Ich bin der Meinung, dass es viel aufwendiger ist, glaubhafte Lügengeschichten zu erfinden als echten investigativen Journalismus zu betreiben, gerade in der jetzigen Zeit, in der es genügend zu berichten und hinterfragen gibt. Selbst über die manipulative Lügenpresse kann man gut schreiben. :)
Das ist richtig. Allerdings ist es doch auch immer wieder erstaunlich, was Leute alles so glauben. Das muss nicht mal glaubhaft sein.
 
Der Auflagenstärke nach ist die Bild auch ein Leitmedium...
 
Der Auflagenstärke nach ist die Bild auch ein Leitmedium...
Nach Definition fehlt es aber an Integrität. Kann man aber predigen wie man will, so lange da nackte Frauen gedruckt werden wird die gekauft.
 
Die NZZ ist zweifelsohne ein Leitmedium. Aber ist sie nach der ganzen Einflussnahme noch freisinnig und authentisch?
Wie viele hier kaufen die NZZ? Wie viele lesen sie? Für wie viele hier bedeutet es einen Verlust, dass die NZZ einen Kurswechsel von liberal zu bürgerlich-konservativ vollzogen hat?

Es wird in diesem Thread nicht um die NZZ gehen. Nicht um den Medienwandel, nicht um das Grundrecht auf Presse- und Meinungsfreiheit. Nicht um das, was Leitmedien ausmachen sollte und warum wir sie brauchen. Nicht um die Möglichkeiten, unabhängigen, kritischen und seriösen Journalismus zu fördern. Der kostet Geld. Aber die wirtschaftliche Situation der Printmedien interessiert hier kaum jemanden. Die wenigsten dürften ein Tageszeitungs-Abo haben, die meisten würden auch die GEZ-Gebühren sofort kündigen, wenn sie könnten.

Dieser Thread bietet, wie andere zuvor, mal wieder Gelegenheit zu pauschalem "Lügenpresse"-, "Mainstreammedien"- und "Journaillen"-Bashing, dazu das bekannte Geätze über den "Staatsfunk" der Öffentlichen-Rechtlichen. Das ganze Instant-Zeug mit Geschmacksverstärker, das wir schon zur Genüge kennen, kann jetzt wieder rausgeholt und warm gemacht werden.

"Medienwandel und Leitmedien" – eigentlich ein tolles Thema, Stonefred.
 
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Heutzutage ist niemand bereit, für ehrlichen Journalismus zu bezahlen.So werden "Informationen" kreiert und am freundlich gesinnte Medien-
Vertreter weitergegeben. Im Bereich der Medien hat schon eine Konzentration auf wenige große Häuser begonnen.
Funke-Medien-Gruppe beispiels-weise,
 
Wie viele hier kaufen die NZZ? Wie viele lesen sie? Für wie viele hier bedeutet es einen Verlust, dass die NZZ einen Kurswechsel von liberal zu bürgerlich-konservativ vollzogen hat?
Ich habe früher beides gelesen, Tagi und NZZ. Es ist kein grosser Verlust für mich. Dass die AZ-Medien mit der NZZ zusammengekommen sind, finde ich nicht gut. Die AZ wird darunter leiden. Abos habe ich dafür keine, da ich ja in Deutschland lebe. Die Tagi arbeitet stark mit der Süddeutschen zusammen.
Es wird in diesem Thread nicht um die NZZ gehen. Nicht um den Medienwandel, nicht um das Grundrecht auf Presse- und Meinungsfreiheit. Nicht um das, was Leitmedien ausmachen sollte und warum wir sie brauchen. Nicht um die Möglichkeiten, unabhängigen, kritischen und seriösen Journalismus zu fördern. Der kostet Geld. Aber die wirtschaftliche Situation der Printmedien interessiert hier kaum jemanden. Die wenigsten dürften ein Tageszeitungs-Abo haben, die meisten würden auch die GEZ-Gebühren sofort kündigen, wenn sie könnten.
Laut dem letzten Link geht es den Leitmedien so gut wie nie zuvor. Durch Onlineabos haben sie ihre Reichweite noch einmal verstärkt. Ich habe mein Tageszeitungsabo (online) letztes Jahr gekündet, da ich nicht genügend Zeit hatte, diese zu nutzen und für sporadisches Lesen der Preis zu hoch gewesen ist. Mein Abo war aber qualitativ jetzt nicht die Süddeutsche oder die Zeit, sondern Einheitsbrei von Reutters, dpa & co. Mir gings hauptsächlich um die Lokalteile. Du weisst ja selbst, was für ein Kaliber eine Süddeutsche ist. Unhandlich und dick - genau nicht geeignet für die Pendler (wenn sie keine Zeitungsraschler sind).
Beim Publikum sind die Leitmedien die großen Sieger der Internetära. Während die Folgemedien, eine Begriffsprägung des Kommunikationswissenschaftlers Otfried Jarren, leicht an Reichweite in der Gesamtbevölkerung verloren haben, konnten die Leitmedien ihr Publikum erheblich ausweiten. Eine Langzeitanalyse von sieben Leitmedien (Handelsblatt, FAZ, Spiegel, SZ, Tagesspiegel, Wirtschaftswoche und ZEIT) zeigt, dass sie in den vergangenen zwanzig Jahren ihre Reichweite in der Gesamtbevölkerung deutlich vergrößern konnten – von einst 14,7 Prozent auf heute 23,9 Prozent. Dabei gelang es ihnen, die Printreichweiten nahezu stabil zu halten: von 14,7 Prozent auf 14,0 Prozent. Manche Leitmedien konnten ihre Verbreitung mit gedruckten Exemplaren noch verbessern, alle Leitmedien haben ihre Leserschaft durch digitale Angebote erheblich ausgebaut. http://www.zeit.de/2015/40/leitmedien-entscheidungen-meinungen-virale-netze/komplettansicht

Dieser Thread bietet, wie andere zuvor, mal wieder Gelegenheit zu pauschalem "Lügenpresse"-, "Mainstreammedien"- und "Journaillen"-Bashing, dazu das bekannte Geätze über den "Staatsfunk" der Öffentlichen-Rechtlichen. Das ganze Instant-Zeug mit Geschmacksverstärker, das wir schon zur Genüge kennen, kann jetzt wieder rausgeholt und warm gemacht werden.
Ja, das stimmt. Ich wollte aber gerne die Diskussion über die NZZ aus dem GroKo-thread rausnehmen. Und es gibt ja noch andere Medien, die in irgendeiner Form beeinflusst sind oder beeinflussen. Klar kann man auch über Fernseh- oder Radiosender sprechen und über den Apparat, der dahintersteckt.

"Medienwandel und Leitmedien" – eigentlich ein tolles Thema, Stonefred.
Es gibt ja noch Hoffnung. Darüber könnte man ein prima Referat abhalten. In meiner Jugend hätte mich das aber auch nicht interessiert. Nun sind die meisten hier ja erwachsen und interessiert. Also, warum nicht mal ernsthaft darüber sprechen. Wenn jemand also Lügenmedien einbringt, muss er hier begründen. Manchmal geht das ja ziemlich einfach, z.B. anhand Bildblog etc.
 
Dann mache ich mal den Anfang:


Nachdem vom VR beinahe ein SVP-Chefredakteur (soviel zum Thema "bürgerlich") eingesetzt worden ist wurde durch eine andere Besetzung trotzdem Druck auf die Redakteure ausgeübt und eine Ausrichtung der NZZ erzwungen, die viele Redakteure nicht getragen und das Unternehmen verlassen haben. Zum Juni 2018 ist Felix Graf, ein leitender Angestellter des AXPO-Atombetreibers, durch den NZZ VR zum NZZ CEO ernannt worden. Nach der Nein-Initiative der NZZ gegen die Ausstiegsinitiative folgt das Aha-Erlebnis.

Zum Thema Leitmedium:
Leitmedien zeichnen sich aus durch hohe Integrität, eine kompetente, eigene Redaktion und ein breites Themenspektrum. Sie sind keine "Nebenbeimedien", sondern genießen als full-attention media die ungeteilte Aufmerksamkeit ihres Publikums, insbesondere wenn sie gedruckt sind. Ihr wichtigstes Merkmal aber ist die Orientierungsfunktion für die Leitmilieus. Je mehr unsortiertes Nachrichtengranulat auf die Leitmilieus prasselt, desto wichtiger sind ihnen die Leitmedien, um Zusammenhänge zu verstehen.

Das zweite Strukturmerkmal eines neuen Kommunikationsmodells ist die Herausbildung von Leitmilieus. Die Leitmilieus teilen mit den Leitmedien die Rolle des Gatekeepers. Sie entscheiden, ob sich eine Ansicht in der Gesellschaft nachhaltig verankert oder in randständigen Echoräumen verhallt.

http://www.zeit.de/2015/40/leitmedien-entscheidungen-meinungen-virale-netze/komplettansicht

Die NZZ ist zweifelsohne ein Leitmedium. Aber ist sie nach der ganzen Einflussnahme noch freisinnig und authentisch?

Vielen Dank für das Eröffnen des Threads.
Markus Somm ist FDP-Mitglied, auch wenn er politisch manchmal näher bei der SVP liegt. Welche Ausrichtung wurde denn deiner Meinung danach erzwungen? Ich habe schon manche Leser gehört, die NZZ sei mittlerweile am linken Rand des Freisinns unterwegs.
 
Wie viele hier kaufen die NZZ? Wie viele lesen sie? Für wie viele hier bedeutet es einen Verlust, dass die NZZ einen Kurswechsel von liberal zu bürgerlich-konservativ vollzogen hat?

"Medienwandel und Leitmedien" – eigentlich ein tolles Thema, Stonefred.

Ich kaufe die NZZ gelegentlich und lese öfter mal auf der Internetseite. Liberal und bürgerlich-konservativ schliesst sich ja nicht vollkommen aus. In der Schweiz heisst es freisinnig und da ist ziemlich viel Liberales dabei, aber eben auch gemässigtes bürgerlich-konservatives. Einen solchen Kurswechsel gab es meiner Meinung nach nicht.
 
Vielen Dank für das Eröffnen des Threads.
Markus Somm ist FDP-Mitglied, auch wenn er politisch manchmal näher bei der SVP liegt. Welche Ausrichtung wurde denn deiner Meinung danach erzwungen?
Eine rechte und wirtschaftlich konsumentenfeindlichere Ausrichtung, wobei das unterschwellig passiert. Der Leser soll durch Kampagnen scheinbar gelenkt und nicht abgeschreckt werden. Vielleicht hat man sich aber auch dem Leser besser angepasst. Vor ein paar Jahren hatten die Schweizer den Ruf, oft sehr 'patriotisch' zu sein. Allerdings werden die Deutschen als Begründung vorgeschoben. Wie gesagt ist es mir selbst aufgefallen, bevor ich etwas von der Umstrukturierung innerhalb der NZZ erfahren habe, so dass die NZZ mich als regelmässigen Leser verloren hat. Genausowenig wie ich die Bild oder den schweizer Blick lese, meide ich seit der Nein-Kampagne die NZZ. Ich möchte mich eben ungern manipulieren lassen und da war es nur offensichtlich.

Damit Du mir keinen Feldzug gegen die NZZ vorwirfst hier mal ein Beispiel, wie Markus Somm eine Zeitung von Links nach Rechts umgekrempelt hat: https://m.srf.ch/news/regional/base...skandalisierend-bilanz-nach-fuenf-jahren-somm
http://www.zeit.de/2015/27/markus-somm-basler-zeitung-basel
Die Statistik zeigt ein deutliches Bild: In den Jahren unter Markus Somm hat die Basler Zeitung mehr Abonnenten verloren als alle anderen Regionalzeitungen in der Schweiz.
Ich habe einige Zeit in Basel (BL) verbracht und erlebt, dass die Schweizer durch die direkte Nähe zu Deutschland und Frankreich dort besonders offen sind. Eine rechtslastige Zeitung passt da nicht so in mein Weltbild. :)

Ich habe schon manche Leser gehört, die NZZ sei mittlerweile am linken Rand des Freisinns unterwegs.
Da kann ich allerdings nicht mitreden, da ich die Leserschaft nicht kenne und die NZZ so regelmässig nicht gelesen habe. Passt nur nicht dazu, was ich gelesen habe und zum bürgerlichen Teil der NZZ, die ja nicht nur redaktionell nach rechts gerückt ist.

Mich würde nicht wundern, wenn hier Angestellte der NZZ mitlesen oder schreiben würden, schliesslich sind wir hier im grössten deutschsprachigen Mac-Forum. Das wäre kein Problem, schliesslich schreiben wir hier sachlich.
 
Der Ausdruck Lügenpresse ist gerechtfertigt, greift aber zu kurz.

Die Steuerung der Massen ist viel raffinierter und gut getarnt, so daß man dies nicht mehr nur als Lügen bezeichnen kann. Es ist eine ideologische Steuerung höchster Güte, die so weit reicht, daß es sprachlos macht.

Die Verlage streben nun die ganz große Kunst im Internetzeitalter an, die Mittelstands-Masse der für dumm verkauften auch noch ihre Profite generieren zu lassen.

Ich sage es nicht laut, aber ich denke, wer heute noch Welt, FAZ, Zeit, Spiegel etc. abonniert hat ist unterbelichtet, sofern er nicht auf bestimmte Informationen angewiesen ist, die nicht der ideologischen Ausrichtung unterliegen.
 
Der Ausdruck Lügenpresse ist gerechtfertigt, greift aber zu kurz.

Die Steuerung der Massen ist viel raffinierter und gut getarnt, so daß man dies nicht mehr nur als Lügen bezeichnen kann. Es ist eine ideologische Steuerung höchster Güte, die so weit reicht, daß es sprachlos macht.

Die Verlage streben nun die ganz große Kunst im Internetzeitalter an, die Mittelstands-Masse der für dumm verkauften auch noch ihre Profite generieren zu lassen.

Ich sage es nicht laut, aber ich denke, wer heute noch Welt, FAZ, Zeit, Spiegel etc. abonniert hat ist unterbelichtet, sofern er nicht auf bestimmte Informationen angewiesen ist, die nicht der ideologischen Ausrichtung unterliegen.
Könntest Du eventuell -> Beweise
für Diese Aussage darlegen?
Oder ist sie der Tatsache geschuldet, sich selbst in eben dieser Filterblase zu befinden?
 
Meiner Meinung nach haben die Printmedien ausgedient. Wenn diese, zum Glück bei mir nicht ins Haus flattert ist sind die Informationen veraltet. Das Netz ist aktueller. :D
 
Meiner Meinung nach haben die Printmedien ausgedient. Wenn diese, zum Glück bei mir nicht ins Haus flattert ist sind die Informationen veraltet. Das Netz ist aktueller. :D
Aus welchen Quellen beziehst du deine Informationen?
 
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