Fotosatz >>> wie gehts?

K

kokus

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hey liebe mac user!

ich behandle gerade entwicklung der satztechnik von damals bis heute. dabei bin ich auf folgendes problem gestoßen. nachdem ich sehr viel und auch gutes material über den bleisatz (hand und maschine) gefunden habe, scheint es für den fotosatz im web nicht all zu viel zu geben. oder ich habe einfach falsch gesucht. weiß jemand von euch wo ich bilder und auch wissen über die fotosatz-technik her bekommen kann.

- wie war der ablauf
- wie ging man schritt für schritt vor?

schon mal vielen dank im
 
Hey kokus,
such doch mal nach Berthold. Das war die Firma, die damals die "Diatype" und "Diatext" hergestellt hat, mit denen ich in der Lehre zu tun hatte (Oder später Linotype). Da sollte sich eigentlich jede Menge Material finden lassen.

Das waren noch Zeiten, mit der Kassette ab in die Dunkelkammer …

Oder guckst du hier:
http://www.global-type.org/Fotosatz.536.0.html
Gruß, Sandiipa
 
Guten Abend Kokus,

Fotosatz begann mit dem „Starsettograph”
und „Staromat” von Berthold, welcher
eigentlich nur für Titelsatz zu gebrauchen
war (einige Exoten von Anbietern gab es
naturgemäss auch noch: Stempel, Bögner
ein paar verwegene Amis). Dieses System
arbeitet im Dunkelkammer- und Nassbereich.

Doch für excellente Typografie mit hohen
Qualitätsniveau führte kein Weg an Bert-
hold vorbei.

Darauf folgte die „Diatype” als „Mengensatz”-
Gerät, ebenfalls von Berthold, der Text wurde
nicht über Tastatur, sondern einen Revolver-
griff eingeben. Optische Kontrolle gab es nicht,
die Fehler sah man erst im belichteten Film.

Dem folgte die Berthold DC, an dieser Maschine
waren zumindest (mit ungeheurem Aufwand)
Tabellensatz möglich und ein kleines Display
zeigte die letzten getippten Worte an.

Der nächste, grösste und für Berthold der letzte
Schritt war die ockerfarbene Berthold-Workstation
auf UNIX-Basis) mit s/w-Monitor und halbwegs
guter Schriftendarstellung.

Dann kam Apple und damit das Aus für hoch-
wertige Typografie.


Gruss Jürgen
 
Hallo Kokus,

ich sehe mal, was noch in meinen Erinnerungen
schlummert und schreibe es für Dich mal nieder.
Wenn es dienlich ist.

Gruss Jürgen
 
JürgenggB schrieb:
Dann kam Apple und damit das Aus für hoch-
wertige Typografie.


Gruss Jürgen

Ups, hab ich was verpasst? Kann Apple das nicht?
Oder ist Typografie nur hochwertig, wenn sie in
aufwändiger Handarbeit erstellt ist? ;)

Viele Grüße
der Gonz
 
fotosatz

vielen dank!

die infos haben mir schon sehr weitergeholfen, bin jedoch für alles neue dankbar. man lernt nie aus :)!!!

ist es richtig, das die schriftgestalter erst einen mutterfilm erstellt haben, der dann für die erstellung von den schriftscheiben (diatype) diente?

mfg, big thxxx
 
Guten Abend Gonz,

bei Allah und der heiligen Moslembrüderschaft!
Wird denn hier im Forum stets alles auf die Gold-
waage gelegt, wenn der Name „Apple” mal im
negativen Sinne fällt? „Apple” ist doch eben auch
ein Synonym wie „Berthold” es war und noch im-
mer ist.

Apple war die erste DTP-Anlage, welche profes-
sionell in grösseren Rahmen zum Ende der Bert-
hold-Ära genutzt wurde.

Berthold stand für Top-Qualität in allen typogra-
fischen Belangen, die Schriften noch heute. Und,
machen wir uns doch nichts vor. Was heute an
Qualität, speziell im typografischen Bereich, aus
den Maschinen kommt, ist mehrheitlich unter
aller Sau. Unterschneidungen? Spacing? Zeilen-
abstand? Wer achtet denn vom Gross der so
genannten Grafiker darauf?

Nichts anderes wollte ich damit ausdrücken.
Die Möglichkeiten, welche uns heute ein Com-
puter in unserer Branche bietet werden nicht
in dem Umfang typografisch ausgeschöpft, wie
es früher üblich war.

Liegt wohl auch an der Ausbildung.

Es gab damals keine Schriften für „Umsonst”. Heute
wird von selbstständigen Grafikern erst mal nach
„Umsonst”-Schriften gebrüllt. Auch das macht die
typografische Qualität heute nicht gerade zu
State of the Art.

Gruss Jürgen

@kokos

anders ging es ja nicht, wir haben die Schriften
mit Rapidograph auf Schöllerhammer gezeichnet,
ab in die Repro und dort wurden die Masterfilme
erstellt. Übrigens nicht nur für Diatype, auch für
den Staromaten (Schriftband).

Gruss Jürgen
 
Es-salam aleijkum Jürgen!

Jetzt hast du mich falsch verstanden.
Es ging mir gar nicht darum, Apple irgendwie zu verteidigen.

Ich dachte mir schon, dass du auf mies geschnittene Truetypes
und nichtswürdige Grafikdesigner abzielst, die einen Divis nicht
von einem Gedankenstich unterscheiden können. ;)

Aber das heißt doch nicht, dass im Zeitalter digitaler DTP niemand
mehr auf gute Typografie achtet…

Viele Grüße
der Gonz
 
Gonz schrieb:
Es-salam aleijkum Jürgen!


Aber das heißt doch nicht, dass im Zeitalter digitaler DTP niemand
mehr auf gute Typografie achtet…

Genau auf diesen Satz kommt es mir an:D

shokran

Jürgen
 
So ist es!

tisbah ala cher
Gonz
 
winta min ahl al cher!

Jürgen

(Hoffe, habe es richtig geschrieben,
ist verdammt alnge her)
 
JürgenggB schrieb:
… Was heute an Qualität, speziell im typografischen Bereich, aus den Maschinen kommt, ist mehrheitlich unter aller Sau. Unterschneidungen? Spacing? Zeilenabstand? Wer achtet denn vom Gross der so genannten Grafiker darauf?

Recht hast Du! Nur leider ist das Interesse an Typografie bei den meisten Grafikern so schwach ausgebildet wie ein Echolot bei Elefanten. Es interessiert sie einfach nicht.

Dabei könnte man sich mit typografischem Verständnis oder gar Liebe zur Typografie leicht aus dem Gross der vielen Grafiker, die jedes Jahr aus den Universitäten und Privatschulen auf die Straße gespült werden, auf so wunderbare Weise abheben. Aber kaum einer hat Interesse daran. Leider.

Ich wäre ja schon froh, wenn ich keine "ß" mehr zwischen Versalien auf Buchtiteln, Chipstüten oder Filmtiteln ertragen müsste. Oder Zollzeichen statt typografischer An- und Abführungen oder das Divis statt dem Halbgeviert – von echtem Interesse oder gar typografischer Finesse ganz zu schweigen.

Na ja, ich doziere schon wieder.

Schönen Abend noch, bzw. gute Nacht
Sandiipa
 
Hallo kokus,

mit Bildern zum Fotosatz sieht es im Internet wirklich schlecht aus.
Der Link von Sandiipa ist schon fast alles.

Von der Firma „Berthold“, die damals bei Fotosatzgeräten
international führend war, findet man im Web nur noch das
Schriftenangebot. Die „diatronic“ mit ihren rechteckigen
Schriftscheiben und der separaten Dicktenbox taucht im
Web gar nicht auf. Auf Sandiipas Link ist sie als zweites
Gerät von rechts in der in der oberen Bilderleiste zu sehen.
„Steinschwer“ war das Ding - und hervorragend gestaltet.
Anders als mit der „diatype“ waren mit ihr sogar schon
Blocksatz, mittelachsialer und rechtsbündiger Satz möglich!
Und man konnte, anders als bei der „diatype“, bereits acht
Schriften miteinander mischen, ohne zwischendurch die
Schriftscheiben und Dicktenboxen austauschen zu müssen.
Sehen konnte man dabei nicht allzu viel: Die ersten Geräte
zeigten gerade mal den letzten getippten Buchstaben an,
und bei den späteren konnte man auf einem einzeiligen
Display immerhin verfolgen, was man getippt hatte.
Die „Linotronic“ von „Linotype“ arbeitete (soweit ich weiß)
nicht mit Schriftscheiben sondern mit Schrift-Filmbändern,
von denen auch mehrere gleichzeitig eingespannt werden
konnten. Mit „Scangraphic“- und „Compugraphic“-Geräten
kenne ich mich leider nicht aus.
Bei „Berthold“ ging es dann weiter über „ads“ und „acs“
bis hin zur „gst“. Zu diesen Geräten gab es auch bereits
einen optionalen „Seiten-Bildschirm“ (auf Sandiipas Link der
hochformatige Bildschirm ganz unten). Der zeigte zwar nicht
die die Anmutung einer Schrift aber immerhin bereits ihren
Platzbedarf. Das Ding kostete, glaube ich, bei 30.000 DM
(nur der Bildschirm). Die danach folgenden Geräte arbeiteten
dann nicht mehr mit Dias der Schriften sondern bereits mit
vektorisierten Schriften und zählen nicht mehr zum eigent-
lichen Fotosatz sondern zum Lichtsatz.
Neben diesen „Mengensatz“-Geräten und -Maschinen
(die „diatype“, bei der man die Scheibenposition von Hand
anfahren musste, nannte man Gerät, die „diatronic“, bei der
alles automatisch ablief, Maschine) gab es viele Titelsatz-
geräte: „Letterphot“ (mit runden Schriftscheiben), „staromat“
(mit geraden Scheiben, bei denen man zwischen Versalien
und Minuskeln umschaltete), „starsettograph“ (mit Schrift-
bändern) und viele mehr wie „Dr. Böger“s Copytpe. Im Prinzip
waren das schlicht Vergrößerungsgeräte, von denen die Buch-
staben in einer Dunkelkammer auf einen voraktivierten Film
projiziert wurden. Damit war ein optischer Buchstabenausgleich
möglich, der natürlich von der Fähigkeit des jeweiligen Setzers
abhing. Für den Satz mit diesen Geräten gab es eine Fülle von
Schriften. Außerdem waren auch eigene Schriften leicht und
schnell selbst herzustellen.

Hier sind noch ein paar Bilder der „diatype“:
http://www.amuseum.de/Kultur/allwasch/internetpic/DRUCK/diatype.jpg

Dann habe ich hier noch was von „Compugraphic“ gefunden:
http://commfaculty.fullerton.edu/woverbeck/dtr5.htm

Ich denke mal, dass du in einer Bibliothek mehr Chancen hast,
zu diesem Thema Material zu finden.

Frohes Suchen, simon20


@Jürgen:
Mehr noch als die typografische Kompetenz vermisse ich
den Korrektor, den es in jeder Setzerei gab!
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Simon,

sehr wohl konnte/kann man mit der Diatype
Mittelachse und Rechtsbündig setzen. War
kompliziert aber machbar. Ansonsten ein sehr
fachmännischer Beitrag.
 
Hier noch ein Nachtrag zu den Titelsatzgeräten (mit eindrucks-
voller Grafik). Das Ding konnte bei Tageslicht betrieben werden
und belichtete gleich auf Papier. Als ich diesen „Dinosaurier“ mal
in Aktion sah, habe ich mich fast totgelacht:

PhotoTypositor hieß es. Ein Vergrößerungsgerät mit eingebauter
Dunkelkammer!

Gruß simon20

@Jürgen:
Natürlich war und ist es möglich, auf einer „diatype“ rechtsbündig
und mittelachsial zu setzen. Aber welche Zumutung!
 
simon20 schrieb:
Die „Linotronic“ von „Linotype“ arbeitete (soweit ich weiß) nicht mit Schriftscheiben sondern mit Schrift-Filmbändern,
von denen auch mehrere gleichzeitig eingespannt werden
konnten.
Es konnten acht Fonts aus biegsamem Kunststoff auf einer Trommel befestigt werden (2x vier). Sie waren ungefähr 1 cm breit, 30 cm lang (ich meine damit wirklich „ungefähr“, habe die Fonts seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen).

simon20 schrieb:
@Jürgen:
Mehr noch als die typografische Kompetenz vermisse ich den Korrektor, den es in jeder Setzerei gab!
Ich vermisse beides!
 
Hi,
ich habe noch die Befehlssprachenunterlagen von befehlsgesteuertem Fotosatz von Linotype Cora6 und alfa ASAT.
Das ging nach folgendem Muster: <zb20><sh12><fz14><ft10> erzeugte in der Satzbreite 20Cicero eine Schriftgröße von 12 Punkt, Zeilenabstand von 14 Punkt, in der Schrift, die die Fontnummer 10 hat.
Gesehen hat man's erst, wenn's aus dem Belichter kam...
Grüße,
mg
 
Hallo Simon,

das Gerät hatte eine Hamburger Layoutsetzerei.
Typositor zähle ich zum amerikanischen Schrott.
Ich habe selbst daran gesetzt, die Schriften waren
auf Negativfilmband, natürgemäss ohne „ß” und
Umlaute. Schriftqualität: sobald höher als 10 cm
vergrössert wurde, war Feinarbeit angesagt.
Spezielle Chemie musste in den Staaten gekauft
werden. Zusätzlich ein Klotz von Umformer von
110 auf 220 Volt.

Werden wir nun nostalgisch?;)

Gruss Jürgen
 
Hallo Jürgen,

dann warst du also beim „Letternservice“ und kennst
von dort Herrn Gerats - oder, falls es noch früher war,
Manfred Onischke?

Na klar ist das nostalgisch. Ich habe die Zeit genossen.

Gruß simon20
 
Hallo Simon,

wenn man wie ich seit 1969 in der Hamburger Werbe-
branche tätig war, bleibt es nicht aus, dass man auch
rum kommt. Bönninghausen, Typeshop, Letternservice,
zwei Mal selbstständig.

mir kommen bald die Tränen bei den Erinnerungen!;)


Jürgen
 
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