Letztens an so einem G3beige MT Dino gesessen und war über die Netzwerktechnologie erheblich angepisst
So einen Dino hatten wir schon vor Jahren bei ebay "verschenkt" und dafür eine Aufwandsentschädigung in Höhe von knapp 58,00 Euro erhalten. Gemessen an den O-Kosten im Jahr 1998 (knapp 9000 DM), musste den Dino noch jemand sehr lieb haben. Und diese Tage war ich wieder in den Gewölben unseres Studios unterwegs, um nach einem Apple Quadra 650 zu suchen, der laut überlieferter Sagen dort schon Jahre zuvor einen Platz gefunden hatte - 1994. Und tatsächlich! Sogar aufgerüstet mit 1 GB Festplatte statt 160 MB und mit Mac OS 8.6. Vollfunktionsfähig – sogar mit dem Urgroßvater Quark XPress 3.1.
Die Tränen kullerten, als ich eine Ecke weiter, unter alten Decken und ehemaligen Vorhängen für den Chromakey-Einsatz noch einen G3 MT (300 MHz) fand, den niemand mehr dort vermutete. Doch dieses Flagschiff von 1998 war bereits aufgerüstet mit 40 GB HD, OS 9.2 und einer Logic Audiowerk 8 Soundkarte. Das Zip-Laufwerk war nicht mehr drin, aber dafür gab es zum CD-ROM-Laufwerk ein DVD-Laufwerk. Und satte 768 MB RAM. Üppig gefüllt war auch der Programmbereich, wenn auch das letzte Update deutlich erkennen ließ, das dieser Rechner nichts mehr erlebt hatte, seit Adobe den Acrobat in der Version 4 veröffentlichte. Trotzdem habe ich mir die Mühe gemacht, Mac OS X (10.1) zu installieren, denn das System lag neben einem Haufen weiterer Packungen mit in den Regalen – neben DOS-Disketten, Windows 95 und zahlreichen anderen Dingen, die früher wichtig waren und heute bedeutungslos. Zu diesem Zweck habe ich die 40 GB HD gegen eine 80 GB HD ausgetauscht und Mac OS 10.1 frisch installiert. Ohne Murren steht nun ein kleiner MP3-Server an meiner Seite, der stabil und leise läuft und die Hits einer CD-Sammlung runterspielt. Fast hat man das Gefühl, der beige G3 Tower freut sich, wieder gebraucht zu werden. Den verkaufe ich nicht mehr über ebay, denn schon einmal habe ich den Fehler gemacht, seinen Bruder als Arbeitssklave in fremde Hände zu geben. Den Quadra 650 habe ich unter den Decken gelassen, denn seine Ruhe hat er verdient.
Ich habe im Gewölbe auch noch einen Tower (486er, 66 MHz, 8 MB RAM, 120 MB HD, MS-DOS 5.0) aus der "Wing Commander" Zeit gefunden, als im PC die Soundblaster-Ära begann sowie einen Pentium-Tower mit 90 MHz sowie 2 große Boxen voller Amiga-Disketten. Da werde ich mir sicher auch wieder einen Amiga 2000 über ebay kaufen. Kickstart 1.2 und die passende Workbench dazu sind ja vorhanden sowie das Studio-Genlock und Keygerät (Ausgabe in 1:1 direkt vom Amiga auf Video). Und wenn der Trash mit dem Pixel-Retro so weiter geht, dann sind Animationen aus Deluxe Paint in 32 Farben bald wieder angesagt. Es kommt alles wieder – früher oder später. Frisst doch kein Brot weg, das Zeug zu behalten. Je länger man wühlt, desto mehr kommt wieder zum Vorschein – aus der guten alten Zeit, wo springende Bälle aus POV-Ray in 3D noch Kunden begeisterten. Und wo ihnen der Speichel vor Begeisterung runter lief, als sie erstmals den Juggler und die Reflexion eines Schachbretts auf der springenden Kugel sahen. Damals waren die Kunden zwar genauso dumm und gierig wie heute, aber sie hatten Geld – viel Geld für den Unsinn, den wir machen durften und für den die anderen heute nicht mehr bezahlt werden sondern ausgelacht.
Übrigens: Mit einem beigen G3 (300 MHz) habe ich im Studium kommerziell gearbeitet und damit auch meine Diplomarbeit realisiert. Ein solides Arbeitspferd - unter Mac OS 9.x. Wenn ich heute sehe, was die Studenten mit ihrem Powerbook, Dual G5 oder Mac Pro ins Leben rufen, dann frage ich mich immer, ob sie ein Alibi haben? Wer damals schon nichts mit Freehand auf die Beine stellen konnte, dem hilft Illustrator CS2 auch nicht weiter. Trotzdem reden sich viele Studenten immer ein, ohne das neuste Zeug wären sie zu keiner kreativen Schöpfung zu bewegen. Ja, ja! Schuld ist immer der Gärtner und in diesem Fall – der Computer! Dabei brauchen Designer nur 3 Dinge: Ihren Kopf, einen Bleistift und einen Bogen Papier. Der Rest hat mit Ideen nichts mehr zu tun sondern nur mit Anwendung von Technik.
- Sterling