Tristam Brandy
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Da bist Du falsch informiert. In der Branche sind vor allem freie Mitarbeiter gerade ohne Sicherheit, weil die Politik und die KEF aufgrund Populismus so einen Druck ausüben, dass am Personal gespart wird und Menschen zusätzlich Sozialleistungen des Staates annehmen müssen. Freischaffende beim Fernsehen wissen oft nicht, wie es nächstes Jahr weitergehen soll und können noch nicht mal ordnetlich Rücklagen bilden. Jeder dämliche BWLer in einer Unternehmensberatung verdient da besser.
Ganz schön desinformierend, dein Argument. Klar, die freien Mitarbeiter sind miserabel bezahlt. Genau das habe ich ja kritisiert. Aber was ist mit der Armee der Festangestellten, ihren automatischen Gehaltserhöhungen alle zwei Jahre und ihren üppigen Pensionsansprüchen?
Hier mal ein paar Auszüge aus einem gut recherchierten Zeit-Artikel, der die ganze Problematik ziemlich gut durchleuchtet.
Auskunft eines (schlecht bezahlten) freien Mitarbeiters:
Und weiter:"Wir bekommen immer weniger", klagt Eberlein, "auf der anderen Seite werden wir aber gebraucht. Wir sind das Deckmäntelchen, damit die Öffentlich-Rechtlichen von sich sagen können: Wir erfüllen den Programmauftrag!"
Es gibt Ausgabenposten, die sind in Beton gegossen. Etwa die Personalkosten. "Wenn jemand fünf Jahre im System ist, kann ihm nichts mehr passieren", beschreibt ein KEF-Kontrolleur die Ausgangslage, "die Personalräte sind zu stark." In den nächsten vier Jahren werden diese Mittel, so die Prognosen, gut 34 Prozent des ARD-Etats ausmachen. Zum Vergleich: Für das Programm sind kaum mehr, nämlich gut 38 Prozent veranschlagt.
Ein Grund: Zwischen 2013 und 2016 müssen ARD und ZDF ihren Pensionären insgesamt 1,8 Milliarden Euro bezahlen, so steht es im 18. Bericht der KEF. Das liegt vor allem an den alten Arbeitsverträgen. Früher, heißt es hinter vorgehaltener Hand, hätten manche Mitarbeiter deutlich mehr Rente gehabt, als sie zuvor brutto verdient hatten. "Das gehört zu den traurigen Wirklichkeiten früherer Pensionsregelungen", sagt ein ehemaliger Programmplaner des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Solche Verträge werden nicht mehr geschlossen, doch die Altlasten drücken weiter.
Noch viel dramatischer fallen die Rückstellungen für die Pensionen der Zukunft ins Gewicht. Sie sind durch besondere Versorgungsverordnungen und Tarifverträge geregelt. Zur Höhe dieser Rückstellungen liegen Daten für das Jahr 2011 vor, wie die ARD auf Anfrage mitteilt. Demnach belaufen sich "alle Pensionsverpflichtungen auf gut sechs Milliarden Euro". Eine kaum fassbare Größenordnung, die auch seitens der ARD für erklärungsbedürftig gehalten wird: "Entgegen der Vorgehensweise im öffentlichen Dienst werden für die heute entstehenden Pensionsverpflichtungen auch entsprechende Rücklagen gebildet, damit die zukünftigen Pensionszahlungen sichergestellt sind und zum Auszahlungszeitpunkt nicht den Betriebshaushalt belasten."
(...)
Höchste Zeit für Reformen? Zu den wenigen, die sich mit vollem Namen zur Sache äußern wollen, gehört Gerhard Schmidt, seit fast 50 Jahren Fernsehproduzent in Köln, vor allem für den WDR. Seine Firma Gemini sitzt zentral zwischen Sender und Dom. Schmidt, 71 Jahre alt, hat fast alle Filme mitGünter Wallraff gemacht, dazu Serien, Spielfilme, Dokus aller Art. Sein Urteil: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nicht reformierbar. In den Sechzigern wurde dieser föderale Bürokratiewahnsinn von der Politik verordnet, und er wächst sich weiter aus, mit immer neuen Tochtergesellschaften, die sich der öffentlichen Kontrolle entziehen."
Laut KEF-Bericht sind im Laufe der Jahre über 150 dieser Tochtergesellschaften – oft an den Gremien vorbei – rund um die Mütter ARD und ZDF entstanden. Das Schöne für die Sender: Was bei den Töchtern geschieht, entzieht sich de facto weitgehend der Kontrolle. Beobachter schätzen, dass diese Tochtergesellschaften bis zu 90 Prozent ihrer Aufträge von den Stammhäusern erhalten. Freie TV-Produzenten wie der Münchener Oliver Berben beklagen deshalb "eine massive Wettbewerbsverzerrung", schon allein wegen der Bürgschaften, die von den Freien bei Produktionsbeginn beizubringen seien.
(....)
Ohne tief greifende Reformen, davon ist Gerhard Schmidt überzeugt, bleibt alles beim Alten. Der Anteil der Ausgaben für das Programm nimmt weiter ab, während die Kosten für Personal und Technik stetig steigen. Schmidts Vision: besseres Fernsehen für weniger Gebühren.
Dafür müsste man zunächst nach dem Vorbild einer Bad Bank, in der Krisenbanken ihre Schrottpapiere ablegen, einen "Bad Broadcaster" gründen, so Schmidts Empfehlung. Dort könnten die reformunwilligen Mitarbeiter und die ineffizienten Bereiche der Verwaltung versammelt werden. Finanziert werden könnte dieser Ableger durch den immensen Immobilienbesitz und die Pensionsrücklagen der Sender. Dann sei die Chance da, so Schmidt, an die Gründung eines neuen Senders zu denken, auf Basis der Empfehlungen einer Expertenkommission. Fünfjahresverträge für die Mitarbeiter, ein öffentlich-rechtliches Haus, in dem unbedingte Transparenz herrscht. "Vielleicht gelingt es sogar", malt sich der Produzent aus, "nicht mehr nur die Quote zu messen, sondern, wie früher auch schon mal geschehen, die Qualität!"
Genau darum geht es! Um Qualität, Transparenz und Kostenkontrolle der ÖR. Es geht überhaupt nicht um die Alternative RTL oder ÖR, sondern um das Problem, dass die ÖR bei mangelhafter Qualität Unsummen kosten und sich gegen alle Strukturverbesserungen immun gemacht haben. Mit der jetzigen Zwangsabgabe ist der status quo sozusagen in Beton gegossen worden. Gut für den reformunwilligen Koloss, schlecht für Beitragszahler.