Zuerst möchte ich vermitteln, dass es beim Zeichnen und Malen im Gegensatz zu manch anderen Disziplinen eine Grundregel gibt, die besagt, dass alles erlaubt ist, was nötig ist, um sich auszudrücken und dass man nichts falsch machen kann: Wenn ein Bild gefällt – prima. Wenn es nicht den eigenen Vorstellungen entspricht kann so oft geändert werden, bis es eben gefällt. Dieses freie Arbeiten ohne Wertung soll ja den Zugang zum Inneren fördern und das Erlebnis schaffen, dass ich mehr kann, als ich mir bisher zugetraut habe. Freilich gibt es auch Regeln, die es mir erlauben, ein Bild systematisch aufzubauen und mit gestalterischen Mitteln so anzupacken, dass meine Absicht rüberkommt. Dabei ist es nicht in meinem Sinne, das Gemalte bei einem Kind zu entschlüsseln und die Wesenheit zu analysieren. Ich möchte lediglich Hilfestellung geben und aufzeigen, dass sich mit einem Bild Dinge aussagen lassen, die mit Worten nur schwer auszudrücken sind.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie gut es tut, wenn ich Begebenheiten, die mich im Alltag belasten wollten in einem Bild so festhalte, als sei ich aus der Situation als Sieger hervorgegangen oder als würden sie mich gar nicht berühren. Auf diese bildliche Weise gelang es mir schon oft, den Frust von der Seele zu malen, ohne dass irgendjemand oder irgendetwas dabei zuschaden gekommen wäre.
Du schreibst zu viel über Dich – Kinder sind keine Teilhaber /
Reparateure an Experimenten zu Findung Deiner Selbst. Wes-
halb wohl malen Kinder gerne? Weil dies den fehlenden Wort-
schatz unterstützt / ergänzt!? Dein Frust ist ein gänzlich anderer
als der von Kindern. Daraus ziehst Du Rückschlüsse, wagst eine
Analyse, Dich als „erwachsene” Person mit einem „Frust”-Kind
gleichzustellen / zu vergleichen? Du denkst, ein Bild ohne Inter-
pretation oder zumindest Hinternachfragen reicht? Gerade
Kinder wollen Anerkennung und Interpretation „Ihrer” Gemälde
hören!
Gerade wenn ein Kind „gefrustet” malt, bedarf es des Hinter-
fragens und dann kommt eben die psychologisch/pädagogische
Ausbildung zum Tragen. Und hierbei können Fehler gemacht
werden, kann das Kind zu Schaden kommen! Dies auch durch
ausgebildete Fachleute. Du möchtest „nur” Hilfestellung ohne
Analyse geben? Wie machst Du dies?
Mich erinnert diese Offerte in einigen der Aussagen / Ansprüche
an die Siebziger des vergangenen Jahrhunderts. „Wertfreies, un-
reflektiertes Arbeiten” gibt es nicht, wie damals Summerhill und
andere glauben machen wollten.
Hast Du zumindest eigene Kinder? Gehen diese in den Kinder-
garten? Ich frage deshalb, weil dies ein guter „Einstieg” in die
„Materie” wäre, ab und an mal dort stundenweise „auszuhelfen”.
Es ist ein gewaltiger Unterschied, fremde Kinder in ihrem ur-
eigensten Terrain unter der „Fuchtel” zu halten, zu Hause oder
im Bekanntenkreise. Der Unterschied gilt für Beide!
Gruss Jürgen