Aha, Spoege hat sich aus der Deckung getraut und dann doch mal seine Meinung geschrieben...
Wenn ich Kanzler wäre, würde Deutschland auf gar keinen Fall an einer militärischen Mission mit dem Ziel, den IS "wegzubomben", beteiligen. Ich halte das nicht nur militärisch für unmöglich, sondern auch für politisch völlig falsch.
In dieser Region gibt es derart viele politische Interessen von einem Dutzend politischer Parteien, dass es nicht möglich sein wird, machtvolle Mehrheitskoalitionen gegen den IS zu bilden.
Letztlich wird der Einsatz westlicher Militärmaschinerien dazu führen, dass in der Bevölkerung die Sympathien für den fundamentalen militanten Islam, sowohl sunnitischer wie auch schiitischer Prägung, noch wachsen.
Deutschland darf sich auf gar keinen Fall an solchen Rachefeldzügen beteiligen. Der erste und durchaus mögliche Schritt wäre mE., dass Deutschland aufhört, Saudi-Arabien politisch zu stützen und mit Waffen zu beliefern. (Saudi-Arabien ist ideologischer und logistischer Bündnispartner des IS.)
Zweitens darf Deutschland die Anti-Kurden-Politik Erdogans auf keinen Fall weiter hinnehmen, um von Erdogan Zugeständnisse bei der Kontrolle der Flüchtlingswege zu bekommen. Die Kurden sind der einzige dem IS militärisch gewachsene Gegner. Die mit deutschen Raketen zu beliefern und gleichzeitig mit deren erbittertem Feind Erdogan ein Bündnis einzugehen halte ich für absurd.
Weiter halte ich es für einen Fehler, sich auf ein Bündnis mit Assad und Russland einzulassen. Assad ist ein weit größerer Schlächter der Zivilbevölkerung als der IS, hat sich mit dem IS arrangiert und bekämpft hauptsächlich die gemäßigten Rebellenmilizen. Ihm geht es um Machterhalt. Russland unterstützt ihn zur Zeit noch dabei, unklar ist, für welchen Kurs sich die russische Regierung entscheiden wird, wenn der IS das nächste Mal russische Bürger angreift und vielleicht sogar zu einer Bedrohung für die Sicherheit in Russland selbst wird. Im Moment sieht es noch danach aus, dass Russland im Erhalt des Assad-Regime seine Interessen am ehesten aufgehoben sieht.
Das war nur eine winziger Überblick, wie sich die Situation in meinen Augen darstellt. Ich halte das Interessensgeflecht dort für so kompliziert, dass mir die Diskussionen um Luftangriffe
völlig absurd vorkommen. Und ich muss es so sagen, obwohl ich nie ein Freund Merkels war: Ich hoffe, dass sie vernünftig genug ist, diese Muskelspiele nicht mitzumachen.
Den Kampf gegen den Terrorismus müssen wir in erster Linie zuhause führen. Und ich kann da nur wiederholen: Da geht es um Integration, soziale Teilhabe, Bildung. Also um eine sozial intelligente Innenpolitik. Und auch wenn die noch so ambitioniert ist, wird es immer wieder Menschen geben, für die Gewalt ein Weg ist, sich selbst zu befreien und glücklich zu machen. Das wird sich nie ändern.
Grundsätzlich vielleicht nicht verkehrt, aber im Detail doch irgendwie nicht richtig schlüssig. Wenn ich Kanzler wäre:
1. der einzige wirklich gangbare Weg für Deutschland ist die Neutralität. Da werden alle selbsternannten Freiheitskämpfer, die schon immer gegen den Kommunismus waren, aufschreien. Ist aber so. Diese ganze Kungelei mit den "Nato-Partnern" bringt uns nur in die gleiche Schusslinie und in die gleichen Probleme wie eben unsere "Partner". Man muss nun endlich mal erkennen, dass wir hier in Europa, wenn nicht sogar Eurasien uns einen Kontinent teilen. Dass es eben nicht möglich ist, einen Spagat zwischen den transatlantischen Interessen anderer Staaten und unseren eigenen hinzubekommen. Jeder Staat hat seine eigenen Interessen = die seiner Bevölkerung durchzusetzen. Dazu gehört bei uns das strikte Heraushalten aus allen Konflikten. Punkt. Auch wenn irgendjemand sagt, dass Deutschland eine zu große Rolle in der Welt spielen würde... das stimmt nicht.
2. Assad, Russland: Assad hat vor einiger Zeit klargemacht, dass er nicht an der Macht klebt. Es ist also nicht wahr, dass es ihm um Machterhalt geht. Er will nur das Land in einen einigermaßen friedlichen Zustand versetzen, damit es geordnete Neuwahlen geben kann. Das gleiche Ziel verfolgen die Russen. Die Russen verfolgen darüber hinaus das Ziel, Ordnung in ihrem Hinterhof zu schaffen und sich ihre Flottenbasis im Mittelmeer zu erhalten. Das sind natürlich alles sehr "böse Ziele", weil sie nicht von unseren amerikanischen Freunden verfolgt werden, sondern von den "bösen, aggressiven Russen, mit ihrer extremen Expansionspolitik" (die haben in ihrer jüngeren Geschichte niemals ein Land überfallen, sondern wurden immer nur überfallen... aber naja, das ist ja gerade das perfide daran, #Schenkelklopf#).
Hier muss Europa und Deutschland einfach erkennen, dass es keinen Sinn ergibt, den USA hinterher zu rennen, wie ein sinnloser Pudel. Man muss erkennen, dass es ohne Russland nicht geht, denn die scheinen momentan die einzigen zu sein, die wirkliches Interesse daran haben, dort unten Ruhe zu schaffen. Und zwar, weil sie ihren Hinterhof sauber halten wollen, was ja legitim ist.
Syrien unter Assad war bis zum Aufstieg des IS ein zivilisierter Staat mit einer sozialistisch ausgerichteten Gesellschaft. Wenn Assad ein solcher Schlächter wäre, wäre Syrien schon seit Jahrzehnten ein Unruheherd gewesen. War es aber nicht. Und nicht deshalb, weil Assad alles unterdrückt hat, denn das wäre über längere Zeit sowieso nicht möglich gewesen, bei den Konflikten, die da unten im Irak usw. ausgtragen wurden. Da hätte es schon in den frühen 2000er Jahren einen Ausbruch geben müssen. Gab es aber nicht.
3. Integration:
Integration geht nur mit dem Willen der Leute, die sich integrieren sollen. Wollen sie das nicht, werden sie es auch nicht tun. Die deutsche Gesellschaft ist schon sehr speziell und ich kann mir vorstellen, dass es vielen schwerfällt, sich hier zu integrieren. Trotzdem muss Integration sein und sie kann auch nur freiwillig geschehen. Entweder man lernt die Sprache und passt sich im groben den hier üblichen Gepflogenheiten an ohne seine Identität aufzugeben, oder man lässt es. Wenn man es lässt, dann ist dieses Land aber kein guter Platz zum leben und deshalb muss es wieder verlassen werden. Hier muss der Staat einfach durchgreifen und durchsetzen, dass dies auch getan wird.
Integration bedeutet logischerweise Bildung und Teilhabe. Das wiederum kann nur mit dem Willen der Leute und den entsprechenden Angeboten erfolgen. Hier muss man aber ganz klar auch auf die Eigeninitiative der Menschen setzen. Wenn keine Eigeninitiative gebracht wird, fehlt einfach der Wille.