Wie war euer Werdegang zum Freiberufler...?

Hattet Ihr vorher eine Eintönige und Nervtötenden Job?

Nach meinem Diplom (da war ich 22), Zivildienst und einer Versuchs- und Orientierungszeit stellte ich mich mit meiner Mappe vor und bekam dadurch feste Auftraggeber.
Fast 20 Jahre habe ich als fester Freier mit Verträgen gearbeitet (auf Kundenwunsch), das mache ich seit 3 Jahren nicht mehr. Jetzt arbeite ich für den gleichen festen Abnehmer, mit dem sich eine solide Vertrauensbasis entickelt hat, auf Grund einer mündlichen Abmachung. Ansonsten entscheide ich von Fall zu Fall neu, 90 % meiner Arbeitszeit ist aber für feste langjährige Partnerschaften reserviert.

Ich habe mir nie vorstellen können, in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten und kann es bis heute nicht. Die Vorstellung, weisungsbefugt zu arbeiten, ist mir ein Gräuel.
Der Preis für die Freiheit, nach den eigenen Vorstellungen zu arbeiten, ist eine permanente innere Unruhe, die sich erst nach der Erfahrung vieler Berufsjahre einigermassen gelegt hat – allerdings nicht völlig.
Die Fragen nach dem eigenen Marktwert und der Konkurrenz, nach neuen Entwicklungen und möglichen Projekten stellen sich ständig neu. Selbst auch in Zeiten, in denen Festangestellte abschalten können und sich regenerieren, nehme ich bei mir immer wieder das Abdriften in diese Gedanken wahr.
Dass die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verschwimmen, mag ich eigentlich, aber ich muss aufpassen, dass ich für meine Familie und mich selbst Räume völlig frei von beruflichen Dingen halte.

Für die Arbeit als Freiberufler benötigt man eine Menge Selbstvertrauen, Risikofreude und Eigeninitiative. Nicht jeder fühlt sich mit der ständigen Ungewissheit wohl, wie sich die allernächste Zukunft beruflich entwickelt.
Dafür kann man sich – glaube ich zumindest – wesentlich stärker auf seine ureigensten Fähigkeiten und Interessen konzentrieren und die ausbauen.

Ich kenne allerdings auch Menschen, die ihre KollegInnen und deren Feedback, also das soziale Umfeld einer Firma, höher schätzen als die Konzentration im eigenen Atelier.
Sie empfinden es reizvolle Herausforderung, wenn Aufgabenstellungen an sie herangetragen werden, und tun sich schwer damit, sich selbst immer wieder neu erfinden zu müssen.

Fazit nach fast 30 Berufsjahren als Freier:
Ich möchte auch die nächsten 15-20 oder mehr Jahre frei arbeiten, möglichst noch freier als jetzt.
 
Ja, das mit dem sozialen Umfeld und dem damit verbunden Austausch mit
Kollegen ist das so eine Sache - ich finde sie gut, aber das kann man ja auch
lösen, beispielsweise in Form einer Bürogemeinschaft.

A propos, da komme ich gleich zur nächsten Frage (passend zum Thema und
auch im Interesse des Threadstellers, hoffe ich):
Wie arbeitet Ihr - also wo? immer daheim, oder habt Ihr Euch ein separates
Büro genommen, oder arbeitet Ihr nur beim Kunden ...?

Ich denke, ein Mix wird´s wieder sein!?
Interessant finde ich die Sache mit dem externen Büro - eine Freundin lehnt
das bisher strickt ab, merkt aber, daß sie daheim mit ihrem Freund, der auch
ihr "Geschäftspartner" und so neben den knappen Kundenkontakten, der einzige
Mensch ist, den sie so den den lieben langen Tag zu sehen bekommt - zudem
können die Beiden schwer zwischen Arbeit und Freizeit unterscheiden, da sie
quasi IN der Arbeit wohnen und so auch nur nebenbei mal schlafen ...

Finde ich problematisch - besser ist in meinen Augen ein separates/exterenes
Büro, evtl. in Gemeinschaft mit anderen Grafikern/Kreativen ... (wie bei Al
finde ich´s nahezu perfekt - so kann man auch größere Sachen stemmen und
es fallen auch "Neben-Geschäfte" an/ab).
 
nicolas-eric schrieb:
...
wenn ihr allerdings ne ich-ag machen wollt und einen businessplan braucht dann kommt ihr um so einen lehrgang nicht drumherum.
ohne einen solchen plan gibts auch keinen kredit von der bank.

Falsch, den Businessplan brauch nur ein Steuerberater o.ä. Fachkraft absegnen und dann ist das amtlich.

nicolas-eric schrieb:
als letztes möchte ich noch allen raten in der gesetzlichn krankenkasse zu bleiben - auch wenn ne private billiger ist. wenn ihr mit eurem betrieb auf die scghnauze fallt und pleitzte geht kommt ihr sonst nicht mehr in die kasse zurück. ausser durch eine festanstellung. und ein leben ohne krankenversicherung ist echt schlimm.

Wenn Pleite, dann ja arbeitslos und dann pflichtversichert durchs Arbeitsamt, oder ?!
 
Falsch, den Businessplan brauch nur ein Steuerberater o.ä. Fachkraft absegnen und dann ist das amtlich.
Schon seit letztem Jahr reicht ein Steuerberater allein nicht mehr. Da müssen
schon "hohere" Instanzen her, wie IHK o.ä.
-

Wenn Pleite, dann ja arbeitslos und dann pflichtversichert durchs Arbeitsamt, oder ?!
Auch nicht wirklich - war man selbständig, bekommt man ja auch kein Geld vom
Arbeitsamt - wie das allerdings mit der Versicherung ist, weiß ich nicht genau.
Allerdings habe ich schon von Leuten gehört, die nach einer Pleite OHNE
Versicherung auf Wald und Flur standen!
 
kemor schrieb:
Ich aber frag noch einmal: Wie sehen Eure Kunden aus? Eher Kleinere,
Lokale ... Oder Agenturen, die auslagern? Oder private Kunden, die mal was
gestaltet haben wollen? ...

- kleinere lokale: Da läuft es eher auf Gefälligkeiten hinaus... ich sage immer mehr Anfragen ab aus Zeitgründen.

- größere Kunden: Ein paar laufende Homepages, die ich betreue, dazu
ein kompletter Fullservice für eine Firma, die z.Zt. den Großteil meiner
Arbeit ausmacht.

Aquise? Seit Jahren nicht mehr.
 
kemor schrieb:
(...)
Ich tue mich immer noch mit dem inneren Schweinehund schwer - als Angestellter ist man irgendwie beruhigt - Hat man als Freier/Selbständiger ... nicht immer die "Angst" demnächst nichts zu tun zu haben? Wie ist das mit der Akquise ...? Also, wie kommt Ihr zu den (neuen) Kunden?

Wenn du in einer Agentur sitzt: Hast du da keine Angst, irgendwann auf der Straße zu sitzen? Das kann dir auch bei bester Leistung passieren.

Bei festen Kunden wird es immer fast so, wie wenn man in der Firma arbeiten würde. "Unser Grafiker" kommt... man kennt und vertraut sich.

Leider ist eine größere Fertighaus-Firma mal aufgekauft worden. Meine Ansprechpartner wurden alle entlassen. (Die Grafik ging an eine Inhouse-Agentur über). Das war zwar ein schwerer Schlag, aber:

Als Selbständiger habe ich immer die Möglichkeit, mich auf die Hinterbeine zu schwingen und mit allen Mitteln zu aquirieren. Wobei das nicht so leicht ist. Ich bin schon viel "umsonst" in der Gegend rumgefahren. Hat selten was gebracht. Meine Aufträge ergeben sich jetzt alle über Empfehlungen.
 
wird überarbeitet,. war zu lang! ;-)


chris
 
@ MacEnroe:
Wenn du in einer Agentur sitzt: Hast du da keine Angst, irgendwann auf der Straße zu sitzen? Das kann dir auch bei bester Leistung passieren.
Genau das habe ich eben grad auch meiner Frau auf unserem Neujahrsspaziergang
gesagt - soviel, wie ich in den letzen Jahren die Agentur gewechselt habe,
wäre was Freies/Eigenes fast schon so etwas Ähnliches, wie "zur Ruhe kommen".
Hab in den letzten 3 Jahren auch 3 Agenturen "ausprobiert", was auch auf ca.
1 Jahr pro Agentur kommt. Und, ich weiß heute auch nicht, was im nächsten Jahr
ist - wo ich da bin, welche Kunden ich dann habe ...

Ich denke, da geht auch die allg. Entwicklung in unserem Geschäft hin!?

Bei festen Kunden wird es immer fast so, wie wenn man in der Firma arbeiten würde. "Unser Grafiker" kommt... man kennt und vertraut sich.
Das hört sich doch gut an - sowas würde mir gefallen ...
 
kemor schrieb:
@ MacEnroe:

Genau das habe ich eben grad auch meiner Frau auf unserem Neujahrsspaziergang
gesagt - soviel, wie ich in den letzen Jahren die Agentur gewechselt habe,
wäre was Freies/Eigenes fast schon so etwas Ähnliches, wie "zur Ruhe kommen".
Hab in den letzten 3 Jahren auch 3 Agenturen "ausprobiert", was auch auf ca.
1 Jahr pro Agentur kommt. Und, ich weiß heute auch nicht, was im nächsten Jahr
ist - wo ich da bin, welche Kunden ich dann habe ...

Ich denke, da geht auch die allg. Entwicklung in unserem Geschäft hin!?


Das hört sich doch gut an - sowas würde mir gefallen ...

Das ist auch super. Hab sowas jetzt wieder gefunden, auch wenn die Firma jetzt so weit weg ist, dass ich da nur selten vorbeischaue.

Man kann sich das aber kaum erarbeiten, da solche "Stellen" natürlich besetzt sind. Da kann nur Mrs. Fortuna helfen oder "Vitamin B".

Aber ist es mit Aufträgen anders? Die wenigsten laufen über Pitches und selbst da läuft oft was hintenrum.

Meinen ersten größerer Auftrag hatte ich übrigens durch einen öffentlichen Wettbewerb. Entschieden wurde schließlich in einer öffentlichen Stadtrats-Sitzung durch Abstimmung des Bürgermeisters und der Stadträte.
War ein guter Start, dass ich dabei sämtliche eingefleischten Agenturen im Umkreis ausstechen konnte. Obwohl ich nervös war wie die Sau. Schließlich hing meine Existenz an der Sache.
 
Krill schrieb:
Fazit nach fast 30 Berufsjahren als Freier: …
Wusste gar nicht, dass das ein fester Beruf ist. :D

@kemor
zur Bürowahl: ja nee, ist wohl falsch angekommen. ich arbeite im Home Office und beim Kunden in dessen Räumlichkeiten. Wenn ich mit anderen Grafikern zusammen an einem Job ziehe, mache ich das ebenfalls von zuhause aus.
Ein externes Büro hab ich nicht. Leider. Oder doch besser nicht? Ansichtssache. Mir fällt die Trennung zwischen Job und Privatleben auch manchmal schwer. Ab und zu vetrödle ich so auch mal ’nen Tag. Kann vorkommen. Aber das entspannt mächtig, hehe.
Eine Bürogemeinschaft mit im Optimalfall drei Berufsverwandten würde mir auch gefallen. Die sollte aber für mich gaaanz kurz erreichbar sein. Stelle ich mir jedenfalls so vor.
Aber auch wenn ich ein externes Büro hätte, um auch ab und zu eine zeit- und ortsmäßige Trennung zwischen Job und Privatleben hinzubekommen, würde ich doch auf einen Mac zuhause nicht verzichten wollen und können. Mal ein Angebot oder Rechnungen schreiben, Mails checken etc. Da würde ich mir dann doch sicherlich ein Powerbook zulegen (bin ich ein bissken skeptisch vor).

so far, besten Gruß, Al

___ach yoa: happy new year an euch alle :)
 
Al Terego schrieb:
(...) Da würde ich mir dann doch sicherlich ein Powerbook zulegen (bin ich ein bissken skeptisch vor).(...)

Noch ein Freelancer ohne Laptop... *handschüttel*

Ich bräuchte es ca. 5 mal im Jahr... bin gut ohne ausgekommen
 
Hab ich mir schon gedacht Al, daß Du eher von daheim arbeitest - dies Büro-
gemeinschaften sind nochnicht sooo die Regel ... Ich finde die Trennung schon
recht wichtig - bin ja sonst auch ca. 12 Stunden in der Agentur, aber daheim
kann ich halt "daheim" sein (auch wenn´s im Hirnskasten weitertickert).

Warum hast Du Skepsis vor einem Powerbook? Hab ich schon seit Ewigkeiten
(hab noch ein 400er - eines der ersten Titanium-Generation) - im Job habe
ich aber einen G5 mit 21" ... aber das ist mt einem Notebook auch machbar.
Kenne viele, die mit einem 17" PB arbeiten - zum Gestalten stöpseln sie dann
das Cinemadisplay an ...
Hab mein PB im Büro, daheim in meiner "Arbeitswohnung" und daheim,
bei meiner Frau ... - ist immer dabei.

Zum Anfangen:
dann werde ich mir jetzt mal eine Steuernummer holen und erste nebenberufliche
Sachen machen - so Kunden und Aufträge langsam nebenbei aufbauen ... Oder?

BTW.: Wünsche Euch im Übrigen ein frohes, neues Jahr ;)
 
Zum Thema Büro zuhause oder extern:
Ich arbeite zwar zuhause, mein Atelier liegt aber in einem Nebengebäude.
Die räumliche Trennung von der Wohnung ist gut für die Konzentration im Beruf und das Abschalten privat. Zwischen dem gemeinsamen Mittagessen, Kaffee und auch dringenderen Angelegenheiten liegt nur der Hof, das geht immer. Ansonsten bin ich ungestört, wenn ich es möchte.
Lebte ich in der Stadt, würde ich auch versuchen, das Atelier möglichst dicht dran zu haben – aber nicht drin.
Trotzdem habe ich noch ein Arbeitszimmer (mit G5) in der Familienwohnung, weil ich es auch, wie Al, ganz gerne mal zwischendurch nutze. Aber nur, wenn wirklich Zeit dafür ist und die Familie sowieso beschäftigt ist. Ich mag es, wenn jeder in irgendeiner Ecke der Wohnung an seinen Sachen rumbastelt, und die Kinder wissen ganz genau: Bin ich in der Wohnung vor dem Rechner, können sie jederzeit kommen.

Auch das ist ein schöner Aspekt am Freiberufler-Dasein: Die Kinder bekommen hautnah mit, was ihre Eltern tun.
 
Krill schrieb:
Auch das ist ein schöner Aspekt am Freiberufler-Dasein: Die Kinder bekommen hautnah mit, was ihre Eltern tun.

Stelle ich mir sehr schwierig/stressig vor. Ich zelebriere ebenfalls die Telearbeit und habe eine kleine Tochter. Sie versteht es noch nicht so wirklich, dass ich da stellenweise wirklich "arbeite" ;)

Also für mich ist Telearbeit mit viel Stress verbunden, auch weil viele Leute denken: der ist zu hause und hat doch immer Zeit...
Sprich: Ich hätte gerne eine Büro. Mir fehlt das "morgens aus dem Haus gehen" langsam... arbeite seit ca. 3Jahren von zu Hause seit knapp einem halben Jahr als Selbstständiger.

Gruß
Oliver
 
Was ist denn Telearbeit?
Telefon? Telekinese?
 
@ oha_md:
Genau das meine ich - dieses "er ist doch eh zuhause ...", dann kann man(n)
auch mal das Paket annehmen und eigentlich auch abwaschen, aufräumen und
das Bad wischen ... - Ist aber wohl auch nur eine "Erziehungssache", die man
der Familie bebringen muß (ist bei kleinen Kindern sicher erstmal etwas schwierig).

Was ich aber wirklich schwer finde, ist den eigenen Schweinehund zu überwinden
und wirklich konzentriert zu arbeiten - in einem Umfeld, das zu sehr an daheim
erinner (weil es eben daheim ist). Krills Lösung finde ich da schon gut und notwendig.
 
Es gibt halt Sachen, die man gerne machen möchte, die von vorneherein dann eine
selbstständige Tätigkeit voraussetzen. So ist es bei mir...
 
kemor schrieb:
@ oha_md:
Genau das meine ich - dieses "er ist doch eh zuhause ...", dann kann man(n)
auch mal das Paket annehmen und eigentlich auch abwaschen, aufräumen und
das Bad wischen ... - Ist aber wohl auch nur eine "Erziehungssache", die man
der Familie bebringen muß (ist bei kleinen Kindern sicher erstmal etwas schwierig).

Was ich aber wirklich schwer finde, ist den eigenen Schweinehund zu überwinden
und wirklich konzentriert zu arbeiten - in einem Umfeld, das zu sehr an daheim
erinner (weil es eben daheim ist). Krills Lösung finde ich da schon gut und notwendig.

Ja, diese Woche z.B. ist meine Tochter krank und da ich ja zu hause bin, pass ich auf sie auf - das ist auch normal als Vater :) Aber es bringt den Arbeitsrythmus durcheinander und produktiv sein kann man so nicht wirklich.


Gruß
Oliver
 
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