Film Was ist der Horrorste film überhaupt

Also ich hielt den Film damals auch für ein Kunstwerk. Mir hatten andere Filme Pasolinis, Große Vögel, kleine Vögel zum Beispiel, gefallen. Die 120 Tage von Sodom versuchte ich mir in meiner Naivität als Anti-Faschismus-Film zu erklären, weil es eine Szene gibt, in der ein junger Mann, der verbotenerweise mit einer jungen Frau schläft, von den Faschisten erschossen wird und sich im Angesicht des Todes gerade aufstellt und die Faust hebt, womit er sich den perversen Mördern entgegenstellt und letztlich triumphiert. Naja. Das war meine naive Erklärung für dieses üble Machwerk, von dem ich dachte, ich müsse es "gut" finden, schließlich lief es in den Kunstkinos. Später erkannte ich, was für ein Mensch Pasolini war, der große italienische linke Intellektuelle, Regisseur und Dichter. Der Sadomasotyp, der auf einfache Jungs vom Land stand und sie konsumierte, bis er selbst ein schlimmes Ende fand als ihn ein Stricher hinter dem Hauptbahnhof Roms ermordete, indem er ihn totschlug und mehrmals mit einem Auto überfuhr. Für mich gehört Pasolini in die Reihe unangenehmer gewaltaffiner Stars der linken Szene, wie Georges Bataille, Jean Genet, Charles Bukowski, William S. Burroughs und so weiter. Mit der Zeit bildete ich mit meine eigene Meinung über all diese Ikonen und konnte vieles von dem, was ehemals als Kunst und provokative Werke gefeiert wurde, als das erkennen, was es wirklich ist: der letzte Dreck.
 
Die Ausführungen zu den 120 Tagen von Sodom kann ich alle so unterschreiben. Eine stumpfe Aneinanderreihung von Gewalttätigkeiten und Quälereien ohne erkennbaren Sinn und Verstand -- aber halt, irgendwo wird über fünf Ecken Bezug auf Faschismus, 2. Weltkrieg etc. genommen..... et voilà, schon sind sich alle einig: Oh, ein antifaschistischer Film, na ja dann, dann muss er ja große Kunst sein. Absurd und lächerlich.

Ansonsten mein (Geheim-) Tipp für alle, die auf klassischen Gänsehautgrusel stehen:

The Children (2008)

IMDB-Link zum Trailer, der einen guten Eindruck vom Film gibt:

http://www.imdb.com/video/screenplay/vi2453733913?ref_=ttvi_vi_imdb_1
 
.....und bevor jetzt jemand mich dahingehend missversteht, dass ich den Pasolini-Quark allein aus politischen Gründen ablehne:

Für mich ist der ultimative Film über die Wirkungsweise von faschistischen Regimen "A Serbian Film" (2010). Kein klassischer Horrorfilm, sondern eine filmische Parabel darüber, wie einfache Leute von solchen Regimes zu Monstern gemacht, instrumentalisiert und gebrochen werden; das Ganze vor dem thematischen Hintergrund des Milosevic-Regimes der 1990er, aber letzlich auf alle solche Regimes im realen Leben anwendbar. Inhaltlich (in Sachen Symbolik) zehnmal treffender und in sich schlüssiger, als es die 120 Tage jemals sein werden. Auch wenn die verwendeten Metaphern, Allegorien und Symbole in "A Serbian Film" mit ihrer sexualisierten Gewalt sicher oft die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten.
 
Ach Gott Barry Lyndon. Ich habe nur den Begriff ernsthaft, und nicht anspruchsvoll benutzt, und das ganz bewußt. Und das hat nichts mit gefallen oder gut zu tun. Sondern nur mit der Haltung und Perspektive, mit der man sich einem Thema widmet. Wahrscheinlich findest Du Filme, die man sich mit Bier und Chips anguckt, und ein paar Sprüche klopft, während Leute gequält werden, Körperteile abgehackt werden etc, ziemlich gut, cool, geil oder so ähnlich. Und Sheize, was ist das? Manierismus? Ich vermute mal, dass Du eine vernünftige Inhaltsangabe des Films nicht zustande bringst, von der literarischen Vorlage ganz zu schweigen.

Und das gilt anscheinend auch für Annie Hilator. Erst mal ein paar Behauptungen über den Film aufstellen, beziehungsweise, wie man angeblich über den Film gesprochen hat, und dann darauf seine Gewissheit aufbauen. Und dann Filme vorschlagen, die seit Jahrzehnten immer nach demselben Schema gemacht werden.
 
Hororrfilme der letzten Jahrzehnte sind zum grössten Teil sadistische Spielchen...

Eigentlich nicht. Es gibt unter der großen Überschrift "Horror" eben auch viele Subgenres. Und da eben auch wirklich sehr gelungene Werke, die dann eben mehr oder weniger meisstens schlechte Nachahmer finden. Beispielsweise der erste Saw-Streifen: Das war ein grundsolider Horrorfilm mit einem überraschenden Twist. Für Fans des Genres schön anzusehen (trotz des Gewaltanteils). Die Nachfolger hingegen? Au weia, größtenteils üble Machwerke. Filme wie "Paranormal Activity" (die Nachfolger? Reden wir nicht drüber)oder "Blair Witch-Project", die mit wirklich äußerst geringem Budget eine großartige Gruselatmosphäre schufen ohne große Schlachtplatten aufzufahren sind dann eben ein anderes Genre. Dazu die klassischen Monsterfilme. Ich finde beispielsweise die Dracula-Verfilmung von Coppola sehr schön anzusehen - Ausstattungstechnisch ein toller Film. Aber ist das noch Horror?. Der erste Scream hat das Slasher-Genre wiederbelebt...

Oder zur Zeit kann man bei amazon prime die "Ash vs Evil Dead" sehen. Ich bin ein großer Fan von Bruce Campbell und die Tanz der Teufel-Reihe (wozu man ja auch die Serie zählen muss), zeichnet sich seit jeher mit einem sehr hohen Splatter-Anteil aus. Eklig anzusehen aber bereits dermaßen überdreht, dass das in Verbindung mit den plakativen Sprüchen und den überzeichneten Figuren ein großer Spass ist.

In eine ähnliche Kerbe schlagen auch die Frühwerke Peter Jacksons. Bad Taste beispielsweise. Völlig überzeichnet, wild und Blut und Ekel in Massen. Muss man nicht mögen. Kann man aber.
 
Ich schrieb ja auch zum grössten Teil. Natürlich gibt's auch bessere bis gute Filme. Aber wenn man die die Gesamtproduktion betrachtet, Only Releases to DVD eingeschlossen, ist das in den letzen Dekaden, nur ein kleiner Teil. Generell würde ich in diesem Segment die ostasiatische Produktion für besser halten.

@ 246SSD. Pasolini als gewaltaffin zu bezeichnen, ist schon gewagt. Die 120 Tage von Sodom ist sein einziger Film, der so etwas wie gewalttätig ist. Eventuell wären noch zwei weitere gefolgt, es sollte ja nach den drei positiven Filmen über Erotik und Sexualität eine zweite Trilogie über Sexualität und Gewalt folgen. Er ist nicht hinter dem Bahnhof ermordet worden, sondern in einer Industriebrache am Rande von Rom. Und das er schwul war, war bekannt. Dass Stricher in der Mehrzahl jung sind (darum gibt es im Deutschen ja auch den Ausdruck Strichjunge) ist auch nichts Neues. Da scheint mir bei Dir und einigen anderen dumpfestes gesundes Volksempfinden durchzuschlagen, wie es Pasolini in dem Film auch beleuchtet hat.
 
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