Warum entwickelt jedes Land seine eigenen Züge und warum fahren wir nicht in ganz Europa TGV?
Als ab 1952 die Bundesbahn für die fortschreitende Elektrifizierung Lastenhefte für Personenzug- (bis 100~120km/h), Güterzug (80 bis max. 100km/h) und Schnellzug-Elloks (140 bis max. 160 km/h) festlegte, lieferten die bekannten Hersteller wie Krupp, Krauss-Maffei et al. ihre Muster. Nach Testen und nachjustieren der Eigenschaften wurde sich für das jeweils eine oder andere Modell entschieden.
Sie wurden aber – schon wegen des Bedarfs – von allen Herstellern gefertigt. Auch die Verlierer ihrer Musterlokomotiven gingen also bei der eigentlichen Fabrikation nicht wirklich leer aus.
Heute hingegen stehen hinter TGV oder ICE Markennamen und Firmen, die ungern ihr Entwicklungsergebnis mit anderen Herstellern teilen woll(t)en. Verglichen mit Obigen müssten nach Einigung auf ein gemeinsames Gebrauchsmuster alle relevanten Hersteller bedacht werden, dasgleiche Modell auch bauen zu dürfen.
Nicht zu vergessen die in Frankreich althergebrachte staatliche Industrieförderung, die eher auf Protektionismus ausgerichtet ist.
(Etwa die frz. Reifenproduktion, ohne die der luft- äh, kohlenstoffidoxidbereifte Teil der Pariser Metro nicht denkbar wäre. Oder diese einschienenspurgeführten Obusse, die beïrrend als Tram bezeichnet, ein zur im Raum Paris auferstandenen Straßenbahn völlig inkompatibles System darstellen – mit eigenen Werkstätten und Wegeïnfrastruktur. Anstelle etwa im Raum St.Denis einfach nur die bereits vorhandene Straßenbahn netzartig zu erweitern. Geschweige denn der Unfug, nach 2,3m breiten Straßenbahnwagen der T1 (St. Denis), danach 2,4m breite auf der T2, dann aber 2,65m breite auf der T3 einzuführen. Noch dazu, dass die T2 eine alte Eisenbahnstrecke ist, auf der man gleich auch 2,65m breite Fahrzeuge (eigentlich ein Standard in neuen Stadtbahnnetzen) hätte beschaffen können; schon um einen einheitlichen und gemeinsam einsetzbaren Standard zu schaffen. Jetzt, wo die bisherigen Einzellinien aneinanderstoßen und wirklich ein Netz zu bilden beginnen, wirken Schnittstellenprobleme (etwa Bahnsteigkanten), die man von Beginn an hätte meiden können.)
Dann kommen – zumindest zu Beginn der Schnellverkehrsgeschichte – noch lokale Vorlieben und Abneigungen hinzu: der TGV ist von Anfang an ein Triebkopf-Gliederzug, die DB bevorzugte beim ICE (1
bis 3) Triebkopf-Waggonzüge. Klar, Gliederzüge sind leichter, wurden auf die Neubaustrecken abgestimmt; Waggonzüge können wiederum durch mehr Achsen auf kurvigen Altstrecken ruhiger laufen.
Frühere Konflikte durch abweichende Stromsysteme (im Wesentlichen 1500V= und 3000V=; 15kV, 16,7Hz~ und 25kV, 50Hz~; ganz zu schweigen von südbritischen 750V= (630V= im Mischbetrieb mit Underground) aus von oben bestrichener Stromschiene) sind bei aktuellen Zugtypen mit Drehstromasynchronmotoren eher zu vernachlässigen. Die Stromquelle muss eh gewandelt werden; packt man dann eben noch einen Trafo vor den Gleichrichter und den Wandler.
Bleiben die nur langsam zu vereinheitlichen Streckensicherungssysteme; ETCS braucht halt noch ein bisschen. Müssen bis dahin die Züge also grenzüberschreitend mit mehreren Systemen ausgerüstet werden.