Trisomie 21?

„Man ist behindert, weil man behindert wird“ trifft es doch in deinem Beispiel genau.
Ich weiß. Mir ging es um diese Spielerei mit den Worten, die auf dieser Seite in verschiedenen Formen zu lesen war. Letztlich ist es doch völlig egal, in welche Reihenfolge man es setzt, das Ergebnis ist immer das gleiche. Nicht wir Behinderten machen uns zu dem, was wir sind, sondern die Gesellschaft. In unterschiedlichen Ausprägungen. Ich habe mich lange gegen den Ausweis gestemmt, weil ich darin keinen Sinn sehe, er eher wie ein Stempel auf der Stirn wirkt. Ein Behindertenbeauftragter meiner damaligen Schule schubste das ganze an. Ich zücke den äußerst selten, verschaffe mir auch keine Vorteile in Kino, Schimmbad, etc. Es ist ein Stück Papier, mehr nicht. Trotzdem bekommt man durchaus mit, wie Menschen darauf reagieren, die dich vorher völlig normal behandelten. Absurder geht es meist kaum.
 
Ich muss aber noch erwähnen, dass ich einen Schwerbehindertenausweis besitze.
"Tut mir leid, ich kann Sie doch nicht einstellen, habe es mir eben anders überlegt."
Passiert und mehr als einmal.

Das sind die zwei Seiten der Medaille. Auf der einen Seite soll der Gestzgeber Menschen mit ...tja, wie sollen wir es denn nun nennen :kopfkratz:... erschwerten Bedingungen besondere Rechte einräumen (mehr Urlaubstage, anderes Kündigungsrecht ...), aber so kann es auf der anderen Seite passieren, daß Arbeitgeber dieses Extra scheuen, zumal wenn sie jemanden noch gar nicht kennen.

Als Du den Schwerbehindertenausweis beantragt hast, machte es für Dich Sinn bzw. Du hast Dir Vorteile davon versprochen. Auch hier darf jeder abwägen, wiegen die Vorteile die Nachteile auf. Niemand wird zu einem Schwerbehindertenausweis gezwungen.
 
Nein, wie ich schon schrieb, ich habe mir keinerlei Vorteile versprochen, noch wollte ich den überhaupt haben. Letztlich war es Druck von anderen Menschen in meinem Umfeld, die mich dazu drängten. Ich zücke den nur, wenn ich es muß, aber nie für irgendwelche wirtschaftlichen Vorteile, weil ich eben die Erfahrung gemacht habe, dass es das Umfeld nachhaltig prägt im Verhalten mir gegenüber.
 
Sobald man Einschränkungen hat, wird man in seinem eigenen Weg behindert.

Ich sehe das anders. Die "Einschränkung" gehört ja zu einem, ist Teil von einem und deswegen kann sie einen nicht vom ureigenen Weg abbringen. Die Frage ist nur, gehe ich meinen ureigenen Weg oder versuche ich einen Weg zu gehen, der der Gesellschaft sinnvoll und zweckmäßig erscheint? Wenn ich mich permanent mit anderen messe, werde ich immer nur verlieren.
Warum nicht die Aufmerksamkeit auf das Wunderbare und Besondere richten, das jeder Mensch auf seine Art in sich trägt, Talente und Fähigkeiten, die er hat zum Ausdruck bringen, statt den vermeintlichen Mangel zu stärken?
 
Letztlich war es Druck von anderen Menschen in meinem Umfeld, die mich dazu drängten.

Vermutlich sind das die Lernaufgaben, die wir alle auf irgendeine Art zu bewältigen haben. Kein Mensch geht von Kindesbeinen an klar seinen eigenen Weg. Das ist das Schöne am Älterwerden, daß man irgendwann erkennt, was einem gut tut und was nicht und, daß man anfängt seine eigenen Entscheidungen zu fällen. Und: wir können uns jeden Tag neu entscheiden...wer will uns daran hindern :zwinker:.
 
Ich zücke den nur, wenn ich es muß, aber nie für irgendwelche wirtschaftlichen Vorteile, weil ich eben die Erfahrung gemacht habe, dass es das Umfeld nachhaltig prägt im Verhalten mir gegenüber.
Sehe ich ähnlich. Die meisten Leute in meinem Umfeld wissen gar nicht, dass ich schwerbehindert bin. Aber die Steuervorteile für die 70 Umdrehungen nehme ich gerne mit.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: einbisschenanders
Ich sehe das anders. Die "Einschränkung" gehört ja zu einem, ist Teil von einem und deswegen kann sie einen nicht vom ureigenen Weg abbringen.
Sehe ich völlig anders. Wenn meine schulische Ausbildung mir einige Optionen ermöglicht, die Neurotypischen ebenfalls offenstehen, wieso werde ich dann benachteiligt, nur weil ich einen Ausweis und eine Diagnose habe, aber die gleiche Arbeit ausführen könnte, wenn man mich nur ließe? Wenn mein Weg möglich gewesen wäre, weil alle Voraussetzungen vorhanden sind, es aber daran scheitert, dass die Gesellschaft dies nicht möchte, dann stimmt etwas im System nicht.
Ich bin vor kurzem 53 geworden und weiß im Grunde schon seit meiner Kindheit, was mir gut tut und was nicht, das ist kein Prozess, dessen Ergebnis erst jetzt feststeht. Trotzdem wurde ich an meinem Weg gehindert. Ist halt nun mal meine Lebenserfahrung, die ich nicht wegwischen kann.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: WollMac
Wenn mein Weg möglich gewesen wäre, weil alle Voraussetzungen vorhanden sind, es aber daran scheitert, dass die Gesellschaft dies nicht möchte

Bitte denkt nicht, daß ich Deine Sichtweise nicht nachvollziehen kann. Ich versuche, das Gesamtbild zu verstehen. Die Arbeitgeber, die Dich dann doch nicht wollten, sind nicht die Gesellschaft. Es sind durchaus auch Menschen, die in ihrem "Soll" gefangen sind, für die ein Schwerbehindertenausweis erstmal eine erschwerende Zugabe ist und die vermutlich einfach nicht abschätzen können, inwieweit sich Autismus im täglichen Arbeitsablauf förderlich oder hemmend erweisen kann. Dann gehen sie auf ihre Nummer sicher und wagen den Schritt mit Dir nicht. Damit verwehren sie sich natürlich auch die Erfahrung, einen genialen Kopf im Team zu haben.
 
Liebe mamo68, das ist nur eine Erfahrung von vielen, die ich geschildert habe. Da könnte ich munter ausholen und weiter berichten. Möchte ich aber jetzt und hier nicht.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: mamo68
Beispiel; Man sitzt einem Personaler gegenüber, hat 1a Schulzeugnisse und wäre mehr als qualifiziert. Der Vertrag wandert zu einem, der Kugelschreiber liegt parat. Ich muss aber noch erwähnen, dass ich einen Schwerbehindertenausweis besitze.
Bewirb dich im öffentlichen Dienst.
Wenn du den Schwerbehindertenausweis schon bei der Bewerbung erwähnst, ist die Wahrscheinlichkeit zum Gespräch eingeladen zu werden fast 100%. Selbst wenn du andere Formalien nicht ganz erfüllst.
Bei uns z. B. ist dann auch im Gespräch jemand vom Personalrat, und wenn du das vorher angegeben hast, die Schwerbehindertenvertretung dabei. Eventuell noch die Gleichstellungsbeauftragte.
So ein Ding wie du es erlebt hast würde sich bei uns niemand trauen. Wir haben schon einer Taubstummen ein Praktikum ermöglicht weil die Kauffrau für Bürokommunikation lernen wollte.
 
Ich bin seit 30 Jahren Freiberufler, auf die Idee, mich irgendwo zu bewerben, komme ich heute sicher nicht mehr ;)
Ganz freiwillig war der Schritt damals nicht, aber ich habe ihn bis heute nicht bereut.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: mamo68
(...)
Ich bin vor kurzem 53 geworden und weiß im Grunde schon seit meiner Kindheit, was mir gut tut und was nicht, das ist kein Prozess, dessen Ergebnis erst jetzt feststeht. Trotzdem wurde ich an meinem Weg gehindert.(...)

Du hast ja geschrieben, dass du von deinem Umfeld überredet wurdest, und selbst den Ausweis gar nicht willst.
(Dennoch war es deine Entscheidung). Aber du nutzt die Vorteile nicht und hast nur Nachteile.

Gibt es keine Möglichkeit, den wieder loszuwerden?
 
Zurück
Oben Unten