Psychologische Wirkung von Fonts?

H

Hackler

Aktives Mitglied
Thread Starter
Dabei seit
23.09.2005
Beiträge
297
Reaktionspunkte
89
Ich, relativ unbedarft was Typographie anbelangt, bin auf der Suche nach Informationen (möglichst Online) zur Wirkung von Fonts. Das ist mir deshalb so wichtig, da ich beim nächsten Projekt nichts falsch machen möchte aus persönlichen Esthetikempfinden.

Speziell stehe ich vor dem Problem, daß ich einen Font brauche der:

• urban, leich technoid
• menschlich und erreichbar
• jung, modern und ein bisserl rotzig
• jedoch gefestigt und Sicherheit geben
• vertrauenswürdig und präsent

wirken soll.

Das ganze natürlich als PS Schrift die auch am Bildschirm gut lesbar sein soll.
Und diese ganze Mischung als nicht Typograph … ;)

Wer sich jetzt gar nicht vorstellen kann wovon ich spreche: die Andale Mono oder Syntax Roman gehen in diese Richtung, hinken aber tw was meine Anforderungen anbelangt.

Also liebes Forum: irgendwelche Schriftideen, oder URLs zu Psychowirkungen von Schriften?
 
Moin moin,

und herzlich willkommen hier!

Also Schriftpsychologie ist eine heikle Sache, denn es gibt da fast so viele Meinungen wie Schriften ...
Deshalb ersteinmal die Grundregeln einhalten: Eine Schrift proDokunent, evtl. zur Hervorhebung, für den Titel eine andere. So wenig unterschiedliche Größen wie möglich.
Welche Schrift du dann letztlich benutzt, ist eine echt intuitive Sache, denn du mußt dich in der Gesamtschau damit wohlfühlen. Das bedeutet, dass du selbstverständlich berücksichtigst, was in deiner Zielgruppe usus ist. Aber dein eigenes Empfinden zählt dann ein bisserl mehr.
Was deine Kriterien angeht: Setze da einmal eine Rangfolge ein, setze Prioritäten. Das Kriterium, das dann an erster Stelle steht, ist zu vorderst bei der Schriftwahl zu beachten. Sonst findest du nie etwas. Wenn du deine Schrift hast, dann verfasse damit einen Text und lese ihn in etwas zeitlichem Abstand in gedruckter Form. Fühlt sich das dann immer noch richtig an? Notfalls kannst du dann den Text auch anderen Personen vorlegen, spiegeln sie deine Schriftintention?

Allerdings solltest du die ganze Sache nicht überbewerten, denn auch wenn die Schrift den Inhalt transportiert, der Inhalt zählt. Wir haben da an der Uni schon vor vielen Jahren rumexperimentiert, und es war schon erstaunlich, wie wenig die Schriftart bedeutsam ist. Sie ist ein (!) Teil eines Gesamtkomplexes, der von dem Eindruck der Gesamtgestaltung (z.B.: Anzahl/Anordnung von Schrift) eindeutig dominiert wird. Es scheint da wirklich nur drei Gruppen zu geben: Serifen, Sans-Serif und die anderen Schrifttypen. Letzte Typ-Klasse ist i.d.R. für seriöse, wirtschaftsrelevante und ähnliche Bereiche kaum akzeptiert! Innerhalb einer solchen Typklasse ist nur wenig Unterschied feststellbar. Also ist es vergleichsweise egal, ob Verdana, Arial oder Trebuchet gewählt wird.
Lesegewohnheiten sind konservativ und größeren Gruppen angehörig, Änderungen werden da nur träge akzeptiert. Wenn heute also Serifen ala Times in bestimmten Bereichen üblich sind, dann dauert es meist ein zwei Generationen, bis sich Sans-Serif dort etablieren können, jedenfalls in der Regel. Daraus folgt, dass du die Gewohnheiten berücksichtigen solltest und die darin enthaltenen Spielräume ausloten musst. Und nochmals: Grundregeln (s.o.) einhalten! Das wird leider viel zu oft versäumt.

Beste Grüße
Michael
 
Hallo!

wie mein Vorredner schon sagt - Grundregeln einhalten ist das A und O.
Versetz Dich in Deine Zielgruppe hinein und finde somit heraus, was am
besten funktioniert.

Nunja, über Typografie kann man endlose Diskussionen führen.
In der Tat wird es immer Leute geben, die davon nicht angesprochen
werden, selbst wenn Du alles "Zielgruppengerecht" gestaltet hast.

Wenn Du ganz ratlos bist hilft es gelegentlich auch weiter, das zu
analysieren, was andere schon gemacht haben, sprich Flyer, Prospekte
etc durchzusehen, welche genau die Zielgruppe auch angesprochen
haben.

Dann hast Du immerhin schonmal einen groben Anhaltspunkt.
Das ist jetzt aber keine Aufforderung, andere Ideen einfach abzukupfern!

Grüße
Flo
 
Zuletzt bearbeitet:
Nochmal...

Geh mal die Fontshop bzw. FontFont's durch. Da sollte eigentlich etwas
dabei sein, was für Dein Projekt funktionieren könnte.

Auch Emigre's wären eine Möglichkeit, allerdings sind die teilweise zu
verspielt.

Einfach mal bei den beiden Herstellern/Vertrieben schauen, ich denke,
da wirst Du fündig.

Bei Freefonts kann ich Dir leider überhaupt nicht helfen, da hab ich nix
von...

Grüße
Flo
 
@Michael: "Innerhalb einer solchen Typklasse ist nur wenig Unterschied feststellbar. Also ist es vergleichsweise egal, ob Verdana, Arial oder Trebuchet gewählt wird."
Kein spürbarer Unterschied z.Bsp. zwischen Univers und Rotis oder einer fetten Fraktur und einer Bembo? :D OK, das ist unfair, aber genauso aus dem Zusammenhang gerissen wie Dein Kommentar aus deiner Vorlesung, deren Titel wir nicht kennen. So eine Aussage kann man doch nicht als generelle Empfehlung und Expertenrat ausweisen, wenn jemand auf der Suche nach der richtigen Schrift ist und sich solche Gedanken macht: >>Entscheid´ Dich zwischen Serifenschrift und Serifenlose. Vergiss den Schnörkelkram. Welche Schrift Du letzendlich nimmst, ist total egal<<
:confused:

"Lesegewohnheiten sind konservativ und größeren Gruppen angehörig, Änderungen werden da nur träge akzeptiert. Wenn heute also Serifen ala Times in bestimmten Bereichen üblich sind, dann dauert es meist ein zwei Generationen, bis sich Sans-Serif dort etablieren können, jedenfalls in der Regel."
Das stammt wohl auch aus der Vorlesung und nun würde mich der Zusammenhang aber nun wirklich interessieren – bei welchem Medium bitteschön dauert es heutzutage in Zeiten von MTV und Internet 20 und mehr Jahre bis ein Schriftenwechsel aktzeptiert wird? Deine Feststellung passt überhaupt nicht zum Thema.

@Hackler
Der Tipp mit der Suche auf fontshop.de ist nicht schlecht – einfach mal sehen was so angesagt ist, die Qualität der Schriften dort ist unbestritten, modern sind sie allein schon aus Aktualitätsgründen, beides zusammen garantiert allein schon mal die Attribute Modernität (merken sowieso nur Eingeweihte – die Masse "spürt´s") und Qualität.
 
Ich bin Fan der Klassiker
Helveticca zB ist mit Sicherheit eine der schönsten Schriften

die Andale mag ich jedoch auch

ich glaub dass Du mit den Klassikern einfach dem Grundbedürfniss *g* des menschlichen Auge am nächsten kommst ;)

Wichtig empfinde ich, dass man immer in einer Schrift bleibt. Nicht mal die Überschrift sollte, so seh ich das, wechseln...
aber es kommt natürlich auch auf die Situation an...
 
bei linotype http://www.linotype.com/5-5-5/fontfinder.html findest du auch schriften nach "gefühl" bzw. themen oder gruppen. da werden ein paar klassiker mit schönen neuen fonts in zusammenhang gebracht, fand ich ganz praktisch
 
Im letzten icon wurde eine Schrift verwendet, die wie ich finde Deinen Anforderungen gerechtet wird. [del]Leider weiß ich noch nicht wie dieser Font heißt.[/DEL] (Durchgestrichene Passagen werden offenbar nicht unterstützt, oder ich bin zu blöd.) Reinschauen in das Heft lohnt jedenfalls allemal.

Edit: Habe ihn gefunden. Er heißt Ganymede

Webtipps:
http://www.myfonts.com/
http://www.identifont.com/
 
Zuletzt bearbeitet:
maxidiezl schrieb:
Helveticca zB ist mit Sicherheit eine der schönsten Schriften

die helvetica mag ein klassiker sein - schoen ist sie meiner
meinung nach nur bedingt.dann doch lieber univers, franklin gothic
oder akzidenz grotesk.

;)
 
Mein Favorit ist die Rotis von Otl Eicher, ein Klassiker aber immer wieder schön...
 
Hackler schrieb:
Speziell stehe ich vor dem Problem, daß ich einen Font brauche der:

• urban, leich technoid
• menschlich und erreichbar
• jung, modern und ein bisserl rotzig
• jedoch gefestigt und Sicherheit geben
• vertrauenswürdig und präsent

wirken soll.
Hi Hackler,
jesses, das alles in einem Font! :eek::p
Hier mal ein Uni-Beispiel-Thema: *klick_Postergestaltung*
Sind hilfreiche Ansätze bei.

Was dein genaues Vorhaben betrifft, ließe sich evtl. auch eine Menge mit der
generellen Gestaltung von der eigentlichen Typo lösen. (+ Grafik)
Wie oben schon erwähnt, helfen "Vergleichsdesigns, -gestaltungen oftmals.
Auch einfaches "durch die Gegend schauen" (Werbungen aller Art) und Plakate, Magazine, Anzeigen etc. mal "analysisch" betrachten kann helfen der Lösung näher zu kommen, eine Typo zu finden.

Gruß Difool
 
Hackler, hallo und willkommen. :)

Es ist sicher von vielen Faktoren abhängig, Farbe, Raum, Fond, Umfeld.
Auch vom Einsatzzweck (Schlagwort oder Textfluss)

Hackler schrieb:
• urban, leich technoid
• menschlich und erreichbar
• jung, modern und ein bisserl rotzig
• jedoch gefestigt und Sicherheit geben
• vertrauenswürdig und präsent
Da schau Dir mal die FF Signa Correspondence an, die hat von alledem etwas.

Eine perfekte Schrift im Sinne von „erreichbar“, modern/technoid in einzelnen Buchstaben (g z.B.) absolut gefestigt, vertauenswürdig und präsent.

Ist unsere Hausschrift. :D (hab ich ausgesucht)
 
avalon schrieb:
Mein Favorit ist die Rotis von Otl Eicher, ein Klassiker aber immer wieder schön...
clap
clap
clap
clap

Genau. Alle 4 (serif, semi serif, sans serif, semi sans) sind immer wieder eine Augenweide.
Gibt's von Lino übrigens auch mit € drin, dann aber dusselig sortiert:
A)gfa Rotis..
R)otis

die Schnitte sind etwas durcheinander..
 
sorry aber die rotis ist wirklich nur für prosabändchen
und leuchtenhersteller geeignet. sonst ist mir die rotis
einfach zu aufdringlich...


;)
 
el-miba schrieb:
Moin moin,
.... Wir haben da an der Uni schon vor vielen Jahren rumexperimentiert, und es war schon erstaunlich, wie wenig die Schriftart bedeutsam ist.....

Na pravo.
Sprache wird durch Schrift erst schön!
 
maxidiezl schrieb:
Ich bin Fan der Klassiker
Helveticca zB ist mit Sicherheit eine der schönsten Schriften

die Andale mag ich jedoch auch

ich glaub dass Du mit den Klassikern einfach dem Grundbedürfniss *g* des menschlichen Auge am nächsten kommst ;)

Wichtig empfinde ich, dass man immer in einer Schrift bleibt. Nicht mal die Überschrift sollte, so seh ich das, wechseln...
aber es kommt natürlich auch auf die Situation an...

Finde die Helv war schon miefig als sie in den miefigen 50ern das Licht der Welt erblickte, schmückt sie doch in all ihren Schnitten heute heden Busfahrplan. Sicher, gut lesbar ist sie – ist eine Frutiger aber auch...und eleganter.
Gruß
Lothian
 
Moin,
hach, die Rotis, da muss ich einfach auch mitlästern. Also Rotis heißt für mich Architekturbüro oder Apotheke, nix für ungut, kann ja die Schrift nischt für ;-)
LG Karsten
 
maxidiezl schrieb:
Ich bin Fan der Klassiker
Helveticca zB ist mit Sicherheit eine der schönsten Schriften

Helvetica ist toll, ich hab ganze Bücher darüber :)
 
@rotis-lästerer :D
Insbesondere die Buchstabenkombination "ch" hat was sehr Sakrales. Erinnert mich irgendwie an das Logo der Diakonie ... oder doch an was anderes?

Nicht nur die Lichtfabrik Erco, sondern auch eine Firma für Elektroinstallation und die Lüdenscheider Stadtwerke verwenden die Rotis als Hausschrift. Sieht alles schon sehr merkwürdig aus, in diesem gerasterten Einheitsbrei. Und die IHK gesellt sich bundesweit auch noch dazu.

Aicher hat die rotis ja als Gegenentwurf zum typografischen Chaos der modernen Computertechnik präsentiert ... anscheinend hat er schon geahnt, was uns eines Tages blüht. :D

»der typograph hat sich aus der technik zurückzuziehen und auf sich selbst zu beschränken, er muß definieren, wie er selbst liest und wie er selbst glaubt, einen lesestoff zur besten lesbarkeit zu optimieren.«
Wer noch mehr mag: http://www.biza-project.de/otl/typoset.htm

»wer es mit kommunikation zu tun hat muß auf kunst verzichten.«
Jaja, der gute alte Otl. War schon ein streitbares Kerlchen, aber sein Buch "typographie" hat trotzdem einen Ehrenplatz in meinem Bücherregal. Das soll's übrigens bald als Re-Print beim Verlag Hermann Schmidt Mainz geben ...

bunny
 

Anhänge

  • ch.gif
    ch.gif
    6,5 KB · Aufrufe: 97
Zuletzt bearbeitet:
nicht vergessen: das zielpublikum. je versnobter, desto schwieriger ;-)
 
Zurück
Oben Unten