Prism und die Auswirkungen auf unser Leben

Da sind keine pathologischen Verbrechertypen am Werk, sondern da hat sich ein System selbständig gemacht.
Es ist die dem System "Geheimdienst" innewohnende Eigenschaft, dass es sich grundsätzlich zu verselbstständigen und jeder Art Kontrolle zu entziehen sucht. Dem könnte und sollte eine parlamentarische Demokratie eigentlich entgegenwirken, beispielsweise mit einer Kontrollbehörde, wie sie die Bundeswehr mit dem Wehrdienstbeauftragten hat. Dazu gehören auch Rechte, den Geheimdienstmitarbeitern Fragen stellen zu können, die diese beantworten müssen.

Dazu fehlte bislang der politische Wille. Und das gilt für alle bürgerlichen Parteien, inklusive der Grünen. Sie alle haben sich begnügt mit dem zahnlosen Geheimdienstausschuß des Bundestages, dessen Zusammensetzung die Geheimdienste zustimmen müssen, und dem sie nach eigenem Ermessen Informationen zuteilen können. Von einer effizienten Kontrolle kann keine Rede sein.

Leider ist zu befürchten, dass sich die Parteien weiterhin um klare Aussagen dazu herumdrücken können. Der Wahlkampf begünstigt diese Strategie, und nach den Bundestagswahlen wird das Thema wahrscheinlich für die Öffentlichkeit gänzlich uninteressant geworden sein. Die Behauptung einer latenten Bedrohung (früher waren es Kommunisten, heute Islamisten) reicht als Begründung aus, den Geheimdiensten weiter freie Hand zu lassen.

Ich gehe davon aus, dass sich an den Zuständen, die wir jetzt haben, auch in den nächsten Jahren absolut nichts ändern wird.
 
Und was die Verknüpfung und Kombination von Metadaten und Inhalten angeht: sind die Nutzer von Suchmaschinen auch digitale Baströckchenträger oder fällt man erst ab Facebook in diese Kategorie?
Es kommt nicht darauf an, was man nutzt, sondern ob man sich als digitalen Eingeborenen versteht, der eben einfach alles toll findet, was digital, vernetzt und vor allem "sozial vernetzt" oder auch "geteilt" daherkommt.
 
spoege schrieb:
Ich gehe davon aus, dass sich an den Zuständen, die wir jetzt haben, auch in den nächsten Jahren absolut nichts ändern wird.
Eine Änderung haben wir! Was vorher nur ITlern klar war als technisch machbar hat nun jeder verstanden. Was früher nur als paranoid galt, ist heute als Realität anerkannt. Verschiebungen gibt es also schon. Allerdings, da gebe ich Dir recht, werden die Mühlen langsam mahlen und dies mit stetig abnehmendem Druck!
 
Es wird gar nichts mahlen, spätestens nach der Wahl gibt's wieder andere Prioritäten ...
 
Natürlich war das schon immer so. Die Masse der User ist aber wohl anderer Meinung. Ich habe als Bankkaufmann die Anfänge des public Internet-Banking mitbekommen und breche heute noch (oder gerade heute) in Tränen aus wenn ich sehe, wieviele Menschen selbst nach der ganzen PRISM-Chose allen Ernstes denken, das wäre eine sichere Art, sein Geld zu verwalten.

Wie meinst du das mit der Sicherheit? Diskretion vor Ausspähung oder das Risiko des Kaperns des Kontos (Pishing, TAN ergauneren etc.)?

Kein Onlinebanking mehr? Telefonbanking oder besser am Bankautomaten? Oder noch besser nur am Schalter? (wenn es noch genügend gibt)

Sind denn die bankinternen und die Transfers zwischen den Banken vor allgemeiner Ausspähung sicher?

Was früher nur als paranoid galt, ist heute als Realität anerkannt.
Aber nur wenn man nicht Schily heißt ...
 
Es wird gar nichts mahlen, spätestens nach der Wahl gibt's wieder andere Prioritäten ...
Doch - wird's.

Nicht nur, dass du diesbezüglich die Vergangenheit und die Gegenwart als gottgegeben bzw. fatalistisch einstuft - sondern auch die Zukunft. Das ist weder nur ein Wahlkampfthema weil gerade Wahlkampf ist noch ist es nur ein Sommerlochthema weil gerade Sommerferien sind.
 
Doch - wird's.

Nicht nur, dass du diesbezüglich die Vergangenheit und die Gegenwart als gottgegeben bzw. fatalistisch einstuft - sondern auch die Zukunft. Das ist weder nur ein Wahlkampfthema weil gerade Wahlkampf ist noch ist es nur ein Sommerlochthema weil gerade Sommerferien sind.

Schon jetzt spielt Prism faktisch kaum noch eine nennenswerte Rolle im Nachrichtenalltag - und schon gar nicht im "Problem-Ranking" des Durchschnittsdeutschen ...
 
Eine Änderung haben wir! Was vorher nur ITlern klar war als technisch machbar hat nun jeder verstanden. Was früher nur als paranoid galt, ist heute als Realität anerkannt.
Das ist richtig. Ich fürchte nur, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung im Interesse der eigenen Sicherheit bereit ist, diese Realität hinzunehmen. Deren Vertrauen in unseren Rechtsstaat und die politische Klasse ist ungebrochen – speziell zu Politikertypen wie Merkel, deren Sympathiewerte völlig unbeeindruckt von ihrem Lavieren in den Spionageaffären steigen und steigen.

Ich glaube, dass die meisten Menschen grade bei komplizierten Themen wie der Sicherheitspolitik oder auch der Europapolitik einfach auf ihre Führer/innen schauen und denken, die werden das schon richtig machen. Auch viele Kritiker/innen der staatlichen Überwachungspraxis fühlen sich damit überfordert, eine Abwägung zwischen notwendiger nachrichtendienstliche Arbeit und Wahrung der Bürgerrechte zu treffen. Den BND will ja auch hier niemand abschaffen – aber wie finden wir die Grenzen heraus, die er nicht überschreiten darf?
 
Du missverstehst Herrn Spitz. Ich finde, er trifft den Nagel auf den Kopf wenn er es eine bodenlose Unverschämtheit findet, dass die Totalüberwachung der Tele- und Internetkommunikation damit gerechtfertigt wird, dass Menschen die sich in Sozialen Netzwerken tummeln, es ja nicht besser verdient hätten.

Ja, er nimmt dabei Bezug auf Schily und zitiert ihn mit dem Satz: "Viele Bürger geben sorglos alle möglichen Informationen preis, an Unternehmen wie Google, Facebook und andere". Natürlich macht Schily es sich damit zu einfach, wenn er das als Rechtfertigung für die Daten-Schelppnetzfischerei durch Geheimdienste und den damit verbunden Bruch der Grundrechte nimmt. Und unverschämt ist es noch dazu. Die Tatsache, dass sich IT-Konzerne wie Facebook einen Scheißdreck um die Privatsphäre seiner Nutzer (und erst recht derjeniger, die unfreiwillig teilnehmen) schert, bedeutet wohl kaum, dass der Staat es ja dann genauso halten kann.

Andererseits mag ich Spitz auch nicht uneingeschränkt folgen. Denn es ist schon irgendwie schräg, wenn sich Facebook-Nutzer einerseits freiwillig rastern und auf ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit hin in Kategorien stecken lassen, andererseits aber heftig protestieren, wenn der Staat das tut (freilich mit anderer Zielsetzung, Kriminalitätsbekämpfung bzw. -prävention). Der Vorgang ist derselbe, die Mittel ebenfalls. Auch die Gefahren sind vergleichbar und die möglichen Auswirkungen auf das "real life" weitgehend auch. Das heißt nicht, dass Facebooknutzer es nicht anders verdient haben als vom Staat überwacht zu werden. Im Gegenteil, der Staat sollte aktiv daran mitwirken, dass das Recht auf Privatsphäre geschützt wird und der IT-Wirtschaft mal deutlich gemacht wird, wo die Grenzen sind. Doch letztendlich muss beim Thema Datenschutz der einzelne Bürger mitwirken, wenn das funktionieren soll. Das muss er auch in anderen Bereichen des Alltags, die Spitz als Vergleiche heranzieht (Straßenverkehr etc.), und da funktioniert das auch überwiegend gut. Damit der Bürger mitwirken kann, muss er die Gefahren einschätzen können. Davon ist er noch weit entfernt, und wenn man das Schily-Zitat so auffasst (es war natürlich nicht so gemeint, ich weiß), dann hat Schily sogar ein bisschen recht...
 
Wie meinst du das mit der Sicherheit? Diskretion vor Ausspähung oder das Risiko des Kaperns des Kontos (Pishing, TAN ergauneren etc.)?

Kein Onlinebanking mehr? Telefonbanking oder besser am Bankautomaten? Oder noch besser nur am Schalter? (wenn es noch genügend gibt)
Ich meine sowohl den Interbank-Datenverkehr (den man nicht verhindern kann), als auch das freiwillige Schaffen von Anfälligkeiten durch elektronischen Kontakt vom Privatkunden zur Bank via Internet. Das damalige Gewerkel meiner Kollegen in der Frankfurter Zentrale denke (ich hatte damals einen guten Freund, der dort gearbeitet hat) hat mir nach meinem eigenen Menschenverstand keine andere Entscheidung gelassen, als meine Bankgeschäfte „von Hand“ zu erledigen.

Ich gehe immer noch selbst zum Automaten (was natürlich immer noch den erwähnten Inter- und Intra-Bank-Verkehr verursacht), gebe ab und an auch Papierüberweisungen ab und wickle auch meine Aktiengeschäfte per schriftlicher Anweisung/Telefonat ab. (Mist, die werden ja auch abgehört…) Das ist kein Problem und ich sehe keine Argumente, warum das in Zukunft nicht mehr möglich sein sollte.
 
McOdysseus spricht da einen wichtigen Punkt an. Ich selbst habe die Verantwortung, welche Daten ich persönlich ins Netz stelle und wie leicht meine Kommunikation im Internet abgehört werden kann. Welche Daten ich in meinem Facebook-Konto veröffentliche, ob ich meine E-Mails verschlüssele, ob ich Tor oder ähnliche Dienste nutze, habe ich selbst in der Hand.
Das sind aber bei weitem noch nicht alle Daten, die über mich oder von mir im Netz zu finden sind. Denn wenn andere Menschen Daten über mich ins Netz stellen, habe ich keinen Einfluss darauf wie das geschieht. Wenn ich Bankgeschäfte tätige, habe ich spätestens wenn die Anweisung bei der Bank ist, keinerlei Einfluss mehr, was wie mit ihr geschieht. Bestelle ich etwas (online oder offline), landen meine Daten in irgendeinem Computer und werden intern verschickt oder vielleicht sogar an Dritte weitergegeben. Überall dort könnten meine Daten von Geheimdiensten abgegriffen werden ohne dass ich darauf irgendwie Einfluss nehmen könnte. Gut, ich könnte gar nicht mehr über das Internet mit anderen kommunizieren, nichts mehr bestellen, aber spätestens wenn ich meinem Arbeitgeber sage, ich hätte kein Bankkonto und er möge mir meinen Lohn doch Bar auszahlen, wird es schwierig. Von den diversen Behörden, die meine Daten haben wollen und bei Verweigerung mit Strafen drohen will ich gar nicht anfangen.
Es reicht folglich nicht, dass der Bürger alleine für die Sicherheit seiner Daten sorgt, denn spätestens wenn er sie aus der Hand gibt (geben muss), hat er darauf keinen Einfluss mehr. Alleine der Staat kann durch Gesetze einen Datenschutz vorschreiben.
 
Schon jetzt spielt Prism faktisch kaum noch eine nennenswerte Rolle im Nachrichtenalltag - und schon gar nicht im "Problem-Ranking" des Durchschnittsdeutschen ...
Da Obama nun ein Treffen mit Putin abgesagt hat wird das so schnell nicht von der Agenda verschwinden.
 
Gerade in unserer vergesslichen Welt hält sich das Thema schon erstaunlich lange und selbst bei den Leuten die es nicht betrifft oder die es nicht verstehen bleibt ein latent klammes Gefühl zurück. Unsere Regierung/ Unsere Politiker werden dadurch noch weniger ernst genommen. Unseren Politikern und den amerikanischen glaubt so schnell niemand mehr etwas. Hochkochen könnte das Thema, wenn die amerikanische Öffentlichkeit betroffen genug ist und sich beide Völker gegen ihre wahnhaften Administrationen wenden.
 
Hochkochen würde das Thema, wenn Snowden mehr aus dem Nähkästchen erzählt...tut er's, tut er's nicht?

Letztlich ist Prism doch ohnehin nur eine Facette. Schon mal darüber nachgedacht, warum es eigentlich whats app und skype gibt? Für lau?
 
@levi: Snowden darf nicht (Asylgrundlage) und wird daher wohl auch erstmal nichts mehr sagen ( die Sachen liegen ja aber wohl eh beim Guardian).

Das die ganzen Dienste wie Google/Skype/Whatsapp/Fratzenbuch alle Datenquellen sind steht doch außer Frage!
 
@wegus: Mir stellt sich eher die Frage, wozu brauche ich eine Regierung, die nicht das tut, wozu sie da sein sollte? Aber du hast Recht, irgendwie verleitet diese Sache dazu, bei irgendwelchen Geschichten rund um Politik und Politikern grundsätzlich den worst case anzunehmen und bei einem Politiker, der dir einen guten Morgen wünscht, erstmal zu schauen, ob es nicht regnet.

Hochkochen würde das Thema, wenn Snowden mehr aus dem Nähkästchen erzählt...tut er's, tut er's nicht?

Alles Wichtige hat er doch schon ausgeplaudert. Zu topen wäre das doch nur noch von der Nachricht, dass die NSA allen Menschen heimlich einen kill-switch implantiert hat und jeden auf Knopfdruck ermorden könnte... Naja, dank Handy-Ortung und Drohnen sind wir davon eigentlich auch nicht mehr wirklich weit entfernt.
 
Ich habe keinen Zweifel daran, dass der IT-Industrie narrensichere Quick&Easy-Lösungen einfallen würden, wenn eine entsprechende Nachfrage da wäre. Der Wandel zu sicherer IT könnte indirekt angestoßen werden, also so, dass die Nachfrage nach Digitalkram zunächst zurückgeht und die Konsumforscher ein deutlich gestiegenes Bewusstsein für den Datenschutz dahinter erkennen. Die Industrie würde sofort reagieren. Und sie hat in den vergangenen 20 Jahren bewiesen, dass sie immer Wege findet, Kompliziertes auch technisch Uninteressierten zugänglich zu machen. Zugegeben: Es wäre das erste Mal, dass im IT-Bereich die Nachfrage bestimmt, was auf dem Markt angeboten wird. Aber unschöne Zustände müssen ja nicht zwingend bis in alle Ewigkeit fortbestehen.

Das Problem ist derzeit eher, dass auch die NSA-Affäre das erforderliche Umdenken noch nicht bewirkt hat.

Die Nachfrage nach Verschlüsselung ist längst da: Gechäftlich.

Und nein, die lässt sich auch mit großem Aufwand bisher nicht so realisieren,
wie du dir das vorstellst.

Das Arbeiten wird dadurch stark eingebremst. Es macht keinen Spaß mehr.
Das macht man nur, wenn es vom Konzern so bestimmt wird, und die Mitarbeiter
ärgern sich weltweit täglich drüber. Und an der Entwicklung wird da nicht gespart.
 
Ein Abkommen, das auf einer Grundsatzentscheidung basiert und bis heute Grundlage ist?
Es sei es gelungen, einerseits die Sicherheit der Bürger in Deutschland zu gewährleisten und andererseits Freiheit und Bürgerrechte zu wahren?

Aha.
 
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