Orphan Works Act of 2008 (H.R.5889)

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pax85

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Orphan Works Act of 2008 (H.R.5889) - 100% Copyright bye bye?

http://www.thomas.gov/cgi-bin/query/z?c110:H.R.5889:

Nagelt mich nicht fest auf 100% Korrektheit. Habe es selbst erst gerade gelesen.

In diesem Gesetzevorschlag in den USA geht es darum, dass sämtliche Multimedialen Inhalte (Fotos, Videos, Zeichnungen, Sketches, usw. analog als auch digital) nach einer bestimmten Zeit verwaisen, wenn diese vorher nicht bei einer Registrierungsstelle registriert wurden.

Das bedeutet, das alle eure Fotos auf flickr, sofern diese nicht kostenpflichtig registriert wurden, nach einer bestimmten Zeit (ich glaube es ist zeitlich geregelt) legal von jedem kopiert werden können und verwendet werden dürfen. Das Gesetz ist glaube ich rückwirkend auf die letzten 34 Jahre.

Befürworter dieses Gesetze sind natürlich große Unternehmen, wie Stock Sites z.B. Corbis oder Getty Images. Bedeutet diese Unternehmen krallen sich einfach EURE Fotos und verkaufen diese ohne dass ihr etwas davon abbekommt. Corbis gehört übrigens Bill Gates.

Manche mögen vielleicht sagen, dass uns das in Europa sowieso nicht betrifft. Bedenkt aber, dass Entscheidungen der USA immer Auswirkungen auf die ganze Welt haben und angeblich ist so ein Gesetz in Europa bereits auch in Arbeit.

Es ist natürlich noch mehr Recherche notwendig, aber ich finde es ist wichtig, dass Menschen über solche Nachrichten informiert werden.


Korrigiert mich ruhig, falls ich irgendwelche Fehler gemacht habe. Ich habe mir das Gesetz nicht durchgelesen, sondern selbst nur darüber und über Reaktionen in amerikanischen Foren gelesen. Keinem Künstler gefällt dieses Gesetz!
 
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Der erste Fehler steckt in "verweisen" - wenn du es richtig, nämlich "verwaisen" schreibst, erschließt sich glaube ich vielen der Sinn schneller. :)

An sich find ich ist das eine riesige Sauerei - was aber auch dazu führen wird, dass erheblich weniger Bilder irgendwo veröffentlicht werden, da nicht jeder Lust und Zeit hat, seine Bilder (kostenpflichtig!) zu registrieren.
 
Dieses Gesetz wird wirklich eine interessante Angelegenheit.

Für US-Bürger sieht’s folgendermaßen aus:
Urheber, die davon leben, (bislang urheberrechtlich geschützte) Werke herzustellen, müssen, um ihr Urheberrecht an eigenen Werken zu belegen, die Werke bei nicht weniger als 5 (!) nicht-staatlich geführten (!!) Registern digital hinterlegen.

Und nicht nur einzelne Highlights, die man geschützt wissen will, sondern jede Skizze, jedes Foto, jedes Scribble (welches gegebenenfalls bei irgendeinem Artdirector einer Agentur in der Schublade schlummert) – sonst sieht man seine Sachen eben in irgendeiner Kampagne wieder.
Die Registrierung erfolgt natürlich nur gegen eine gewisse Gebühr.

Da dieses Gesetz "retroaktiv" wirkt, sind nicht nur die vom Zeitpunkt des Inkraft-Tretens des Gesetzes an geschaffenen Werke zu registrieren, sondern auch alle schon vorher geschaffenen Arbeiten (was für Urheber, die schon mehrere Jahre im Geschäft sind, vom logistischen und vom finanziellen Aufwand her so gut wie unmöglich sein dürfte).

So kann sich also ein älterer Fotograf oder Illustrator schon jetzt darauf freuen, seine alten Motive auf T-Shirts oder als Werbekampagnen-Motiv wiederzusehen – denn welcher Verwerter wird schon neues Material in Auftrag geben, wenn er bei Verwendung alter Motive lediglich belegen muss, dass er bei zweien der Register eine Suche in Auftrag gegeben hat (und notfalls den Namen des Urhebers dort nicht finden konnte)?

Und, selbst wenn sich herausstellte, dass ein Motiv dort registriert wäre, müsste er, für den Fall, dass ein Urheber hier seine Rechte gültig machte, diesem Urheber lediglich ein – vom VERWERTER als ANGEMESSEN angesehenes – Honorar für die Übertragung des Nutzungsrechts zahlen. Die für den Urheber anfallenden Kosten (Recherche, Rechtsmittel, etc.) sind von diesem selbst zu tragen.
Für den Fall, übrigens, dass dem Urheber die ihm vom Verwerter angebotene Summe als zu niedrig ansieht – "Well, we never pay more than 5o bucks for an illustration we use …" –, kann er ja vor Gericht ziehen …*(wer je mit einer Urheberrechts-Klage vor Gericht gezogen ist, weiß, dass diese Prozesse sich über mehrere Jahre hinziehen können).

Mit dem Gesetz wird – und das ist neu – die Beweislast auf den Urheber übertragen (dieser muss belegen, dass er der Urheber ist, und damit ein Honorar verlangen kann – anders als heute, wo ein Verwerter belegen muss, dass er die Nutzungsrechte erworben hat).

Von den Schwierigkeiten der Rechtfindung bei entfernten Urheberrechtsbezeichnungen, von den Unzulänglichkeiten der Suchmaschinen der privaten Registrierungsstellen einmal ganz zu schweigen.

Am schwerwiegendsten aber dürfte sein, das dieses Gesetz in seiner Wirkung dem völkerrechtlichen Vertrag der "Berner Übereinkunft" ("Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst") deutlich widerspricht; hier ist die Rede von der "Formfreiheit: Der Schutz darf nicht an die Erfüllung irgendwelcher Förmlichkeiten gebunden sein. (Art 5 Abs 2)" – also das, was in Europa (und in den USA seit 1976) gang und gäbe ist.

Tja, und damit zu den Auswirkungen auf den nicht-US-amerikanischen Urhebermarkt:
europäische Fotografen und Illustratoren wären ebenfalls gezwungen, ihre Werke ebenfalls bei mindestens 5 US-amerikanischen Registraturen (von denen es bald wohl einige Hunderte, wenn nicht Tausende geben wird) anzumelden, denn der Bildermarkt beschränkt sich in der digitalen Ära eben nicht mehr nur auf ein Land oder einen Kontinent.

Interessant wäre dann allerdings ein Rechtsstreit: das Urheberrecht, welches dann verhandelt werden muss, ist in den USA ein "federal law", es ist also ein bundesstaatlich zu verhandelndes Recht.

Und damit kann sich der kleine Hochzeitsfotograf in Löningen, der eines seiner Motive in einer internationalen Werbekampagne für Camel-Zigaretten wiederfindet, sich ja schon mal für einen Rechtsstreit wappnen, der in Chicago, Illinois vor Gericht geht, und bei dem er nicht mehr erwarten kann, als die "marktübliche" Nutzungsgebühr …

-M.
 
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